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Der verlorene Troll

Der verlorene Troll

Titel: Der verlorene Troll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Coleman Finlay
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deuteten mit dem Kinn auf Mades langes Haar und lächelten, aber die meisten beachteten ihn nicht. Sie zogen Röcke an, die bis zu ihren Knien hingen, wunderschöne Gewänder mit Fransen so fein wie Haare und mit winzigen Perlenmustern bestickt. Einige waren aus Hirschleder gefertigt, andere aus einem weichen, edlen Stoff, mit Farben geschmückt, wie Made es bei den Löwenjägern gesehen hatte. Sie befestigten kunstvolle Gürtel um ihre Hüften und zogen sich weiche Stiefel über die Füße. Andere banden sich hellrote Beinschoner um die Knie. Immer wieder hielten sie inne und bewunderten sich gegenseitig.
    Made wanderte in der Hütte umher und schaute den anderen zu, wie sie sich anzogen. Als er von draußen Stimmen hörte, ging er zum Eingang und schob das Fell beiseite.
    Die Dorfbewohner hatten sich in einem großen Kreis vor der Ratshütte versammelt, fast alles Frauen und Kinder. Von den älteren Männern, die zum Rat gehörten, sah er keinen. Der Zauberer schritt vor der Menge auf und ab und sprach von den heiligen alten Wegen ihres Volkes.
    Die Menge murmelte und teilte sich. Damaqua ging zwischen den Leuten hindurch und betrat mit geducktem Haupt die Ratshütte.
    Hinter Made rief ein junger Mann: »Ai-ji-ji-ji-ji-ji-ji!«
    Einige Kinder rannten zur Hütte und spähten hinein. Bei Mades Anblick blieben sie mit weit aufgerissenen Augen stehen. Er ließ das Fell wieder fallen und kauerte sich ein Stück abseits an die Wand.
    Alle Männer trugen das Haar kurzgeschoren, nur Sinnglas und seine Brüder hatten ihres seit dem Frühjahr nicht mehr geschnitten. Sinnglas hatte ihm erklärt, die Eindringlinge würden den Männern verbieten, Kriegerzöpfe zu tragen. Wenn sie kamen, um zu handeln oder ihre Abgabe einzutreiben, scherten sie den Männer, die das Haar zu lang trugen, die Köpfe oder töteten sie gar. Die Männer in der Hütte setzten sich nun Kappen auf das Haupt, einige rot, einige weiß. Ein Mann trug eine gelbe Kopfbedeckung wie eine Butterblume.
    Sinnglas’ Kappe hatte ein Silberband um die Krempe, wie einige der anderen auch. Alle waren mit Büscheln weißer Federn geschmückt, aus denen eine große Adlerfeder hervorragte. Viele hatten sich einen kurzen Zopf aus schwarzem Haar am Hinterkopf befestigt. Immer öfter stießen die Männer ein gellendes Trillern aus, während sie sich gegenseitig die Gesichter mit Streifen und Punkten bemalten.
    Made, der von der Stimmung der Vorbereitungen mitgerissen wurde, ahmte ihren Ruf nach: »Ai-ji-ji-ji-ji-ji-ji!«
    Die Männer verstummten und schauten erst ihn an, dann Sinnglas. Vielleicht war sein Schrei nicht richtig gewesen. Seine Stimme, durch das Leben unter Trollen auf tiefe Tonlagen getrimmt, traf nicht immer die höchsten Töne.
    Dann lachte Pisqueto und antwortete mit einem Schrei. Mehrere Männer taten es ihm nach, und alle konzentrierten sich wieder darauf, sich gegenseitig herauszuputzen. Als Sinnglas Keekyus Gesicht bemalt hatte, kam er zu Made.
    »Steh auf«, sagte er, und Made gehorchte. »Dreh dich um.«
    Made drehte sich und spürte, wie Sinnglas’ Hände sein Haar in drei lange Strähnen teilten.
    »Du wirst nicht mit uns tanzen«, sagte Sinnglas, während er einen Strang um den anderen schlang. »Du gehörst nicht zu unserem Dorf und bist ohne Kriegsbeil zu uns gekommen. Aber das hier wird meinem Bruder Damaqua und seinen Anhängern etwas zum Nachdenken geben. Vielleicht begreift Squandral dann, dass wir Krieg führen müssen, auch ohne die Unterstützung meines Bruders.«
    »Wäre das denn gut?«, fragte Made.
    »Es ist die einzige Hoffnung für unser Volk. Unsere Feuer werden kalt. Einst standen unsere Dörfer überall in diesem Gebirge, vom großen Meer im Norden bis zu den Ebenen im Süden. Heute gibt es nur noch wenige: drei in dieser Gegend, unser Dorf, Squandrals und Custalos, und noch ein paar weitere weiter im Süden. Das Wild in unseren Jagdgründen wird immer weniger, und die Erde auf unseren Feldern wird dünn, weil die Eindringlinge das Land besetzen, auf dem wir einst neues Getreide anpflanzten.«
    Made musste schlucken, als Sinnglas sprach. Das Gleiche hatte er bei den Trollen auch erlebt.
    Sinnglas vollendete Mades Zopf und befestigte ihn mit einem Band. »Nun siehst du wie ein Krieger aus, so wie wir in den Tagen der Ehre, ehe die Eindringlinge kamen.«
    Made zog an seinem Zopf. Das Flechtwerk spannte die Haut an seinem Schädel schmerzhaft stramm. Der Zopf sah aus wie derjenige, den der bärtige Mann getragen hatte, das Oberhaupt

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