Der verlorene Troll
sich neben dem Flussweg hinter einem Haufen toter Äste und entwurzelter Bäume. Made und Pisqueto zogen mit der Hauptstreitmacht flussaufwärts. Sie umrundeten eine Siedlung oder ein Dorf, dessen Dächer sich deutlich vor dem Himmel abzeichneten. »Wann fangen wir an, nach Löwenspuren zu suchen?«, fragte Made, der bezweifelte, dass ein Großzahnlöwe so dicht an einer menschlichen Siedlung auf die Jagd gehen würde. Sinnglas bedeutete ihm mit einer ärgerlichen Geste zu schweigen, während einige Männer ihm böse Blicke zuwarfen. Pisqueto kam zu Made und flüsterte: »Wir sind gerade an einem seiner Dunghaufen vorbeigekommen.«
Made hatte keinen Löwenkot gesehen und suchte nun beim Gehen sorgfältig den Boden danach ab.
Während die Vögel zwitschernd den Morgen begrüßten, teilten sich die Männer in zwei Gruppen auf. Squandral und Custalo führten den Haupttrupp mit mehr als vierzig Kriegern zurück zu den umzäunten Bauernhäusern.
Sinnglas nahm seine elf Männer und marschierte weiter zu einem kleinen Fluss, um sich von dort aus seitlich an die Gehöfte heranzupirschen. Sie liefen schweigend durch den Schatten unter den Bäumen, und ihre dunklen Gestalten erinnerten Made an Trolle die nach einer Nacht der Völlerei bei Sonnenaufgang zurück zu ihren Höhlen eilten.
Da krachten vor ihnen drei große Vögel laut gackernd durch das Unterholz. Ein Pfeil kam aus der Dunkelheit geflogen, durchbohrte den langsamsten Vogel und nagelte ihn am Boden fest. Unter schrillem Geschrei flatterte er wild im Kreis, während zwei Männer aus dem Wald stürzten und zu ihm rannten. Sie waren wie die Löwenjäger in Felle gekleidet, ihre Kleider leuchtende Farbkleckse im grauen Dämmerlicht. Sinnglas johlte auf, wie er es beim Tanz gemacht hatte, während Keekyu den Bogen spannte und schoss. Sein Pfeil segelte ins Leere; die Männer hatten bereits kehrtgemacht und nahmen Reißaus.
»Aber… «, rief Made.
Ein halbes Dutzend Pfeile schwirrte um ihn herum, während Sinnglas seinen Männer zurief: »Fangt sie! Schnell! Schnell!«
Keekyu rannte voraus und sah sich immer wieder um, dicht gefolgt von Pisqueto und Made. Pisquetos Augen waren weit aufgerissen vor Aufregung. Sinnglas und die anderen Männer verteilten sich im Wald. Made lauschte den lauten Schritten der Männer vor ihm, bis der Lärm auf einmal verstummte. Ehe ihm klar wurde, was das bedeutete, sirrte eine Bogensehne. Made warf sich hinter einen Baum. Vor ihm schoss ein silberner Blitz durch die Luft, und Keekyu brach mit einem Schrei zusammen. Unter seiner gespaltenen Kopfhaut leuchtete der weiße Knochen seines Schädels, Blut bedeckte sein bleiches ruhiges Gesicht.
Pisqueto erstarrte. Er warf einen Blick auf seinen Bruder und schluckte. Dann wirbelte er herum und rannte davon.
Ehe Made ihm folgen konnte, schrie Sinnglas: »Ergreift sie! Tötet sie! Sie dürfen die Häuser nicht erreichen!«
Made gehorchte. Zweige peitschten ihm gegen Gesicht und Arme, als er den Männern zwischen den Bäumen nachjagte. Die Fremden blieben einen Moment lang stehen, spannten ihre Bögen und schossen, ehe sie weiterrannten. Die Pfeile flogen wild durch die Luft, segelten über Mades Kopf hinweg und landeten krachend im Gestrüpp.
Nacheinander stürmten die beiden Männer aus dem Wald ins Freie. Made kam gleich hinter ihnen zwischen den Bäumen hervor. Während sie über die Wiesen am Fluss zur Siedlung rannten, warf die Morgendämmerung ihren fahlen Schein auf das saftiggrüne Gras. Kinnicut, der Schmied aus Damaquas Dorf, rannte an Made vorbei und schleuderte sein Kriegsbeil. Die Waffe wirbelte durch die Luft und riss den hinteren der Fliehenden zu Boden. Kinnicut sprang mit einem triumphierenden Trillern in die Höhe, während der niedergeworfene Mann wie ein Tier auf allen Vieren davonkrabbelte. Sinnglas eilte herbei und ließ sein Kriegsbeil einmal, zweimal auf den Kopf des Fremden donnern. Beim zweiten Schlag platzte der Schädel auf wie eine Frucht.
Made blieb stehen.
»Tötet ihn!«, brüllte Sinnglas und deutete auf den zweiten Mann. Mehrere Männer spannten ihre Bögen, konnten aber nicht schießen, weil ihre Kameraden, die die Jagd nach ihm fortsetzten, im Weg waren.
Sinnglas stürmte hinter dem Fremden her, dicht gefolgt von Made.
Der Fremde erreichte einen zweiten, schmäleren Waldstreifen. Jemand schoss einen Pfeil auf ihn ab, aber der Mann wich zwischen den Bäumen aus und der Pfeil blieb federnd in einem Stamm stecken. Made erkannte, dass der Mann immer noch
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