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Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Kunstwerkes verbargen, besonders in der überladenen Figur des Gottes Thunupa. Jede noch so kleine Kleinigkeit schien uns voller Bedeutung. Doch irgendwie war ich mit dem Kopf ganz woanders, und es fiel mir schwer, mich auf die Suche zu konzentrieren. Meine Gedanken schweiften ab, gefangen von den runden Augen des Gottes, die in mein Inneres hinabzutauchen schienen und dort das vertraute Echo einer fernen, unbekannten Vergangenheit hervorriefen. Ich wußte, daß hier eine Wahrheit verborgen lag, aber mir fehlte das richtige Werkzeug, um sie deuten zu können. Meine Unwissenheit machte mich hilflos. Ich wollte verstehen, warum ganz normale Durchschnittsmenschen wie Marc, Lola und ich vor Tausenden von Jahren dieses beinlose Wesen verehrt hatten. Und warum das, was heute nur noch eine Touristenattraktion war, einst ein mächtiger - vielleicht gefürchteter, vielleicht geliebter - Gott gewesen war. Ich fragte mich, warum er zwei auf dem Kopf stehende Stäbe in den Händen hielt, die niemand einzuordnen wußte. Und warum die Wissenschaft so sehr um ihren Ruf als unfehlbare Instanz bangte. Warum sie derart Angst davor hatte, Wahrheiten zu akzeptieren, die sich ihrem Verständnis entzogen, oder sich Fragen zu stellen, die zu unbequemen Antworten führen konnten.
    Da ich mich ausgelaugt fühlte und die sauerstoffarme Luft mir das Atmen erschwerte, ließ ich mich auf den nackten Boden sinken, setzte mich dem Drahtzaun gegenüber hin und schlug die Beine übereinander wie ein Indio, ohne mich um die Riesenameisen zu scheren, die mir die Beine hochkrabbelten. Ich hatte es satt, nicht weiterzukommen, und es war mir egal, ob die verehrte Doctora oder irgend jemand sonst vorbeikam und mich hier wie einen ungehobelten Touristen auf der Erde sitzen sah. Jabba und Proxi hatten sich ein paar Schritte entfernt, um das Tor aus einer gewissen Distanz ins Visier zu nehmen. Ich selbst aber saß fast genau unter dem Tor und hatte nicht vor, mich von der Stelle zu rühren. Mit dem Gefühl der Resignation, den weiten Weg hierher gemacht zu haben, um am Ende doch kläglich zu scheitern, blickte ich hoch zu Thunupa, so als könne der Gott mich aus dem Dilemma befreien.
    Und er tat es. Plötzlich war mir, als hätte es gefunkt, als ginge mir schlagartig ein strahlendhelles Licht auf. Dort, wo ich saß, befand ich mich genau zu Thunupas Füßen. Als ich nach oben geschaut hatte, war mein Blick auf das Tor plötzlich ein ganz anderer gewesen. Und diese neue Ansicht des Gottes hatte mir ganz unverhofft die Erleuchtung gebracht! Wieso hatten wir nicht früher daran gedacht? Man mußte ihn anflehen!
    »Man muß ihn anflehen!« schrie ich aufgeregt. »Kommt, kommt! Hier liegt die Lösung. Man muß die Hilfe des Gottes erflehen!«
    Jabba und Proxi, die beide angerannt kamen, begriffen augenblicklich, was ich meinte. Sie knieten sich neben mich und schauten hoch zu Thunupa, dem Gott der Sintflut, den man um Hilfe bitten mußte, wenn sich eine ähnliche Katastrophe zu wiederholen drohte.
    »Seht ihr es?« brüllte ich. »Seht ihr es? Guckt euch die Stäbe an!«
    Aus unserer Position sah man, daß die Enden der Stäbe mit den Kondorschnäbeln in den runden, tiefen Löchern steckten, die den Augen des Gottes glichen. Sie ähnelten jenen, die in den als Schachtabdeckung dienenden Helmen, Raumschiffen oder außerirdischen Tieren saßen. Von hier aus war ganz deutlich zu erkennen, daß der Gott die beiden Stäbe in die runden Löcher schob.
    »Das war es!« rief Proxi fasziniert. »Und es war so einfach!«
    »Ja, man muß ihn anflehen! Nur wenn man vor dem Gott auf Knien liegt, kann man seine Botschaft erkennen.«
    »Was ja auch Sinn macht«, meinte Jabba. »Wie du schon gesagt hast, Proxi, haben die Yatiri vor ihrem Verschwinden die Erklärung, wie man in die Kammer gelangt, zwar versteckt, aber doch so, daß man sie im Notfall finden können sollte. Und man fleht ja auch erst, wenn man etwas dringend braucht. Guck dir außerdem mal die Haltung dieser Hampelmänner auf den seitlichen Streifen an: Es sieht aus, als würden sie inständig um etwas bitten. Das hätte uns eigentlich früher auffallen müssen!«
    »Du hast recht.« Ich musterte die geflügelten Pseudo-Cherubime. »Sie sagen einem, was man tun muß. Wieso haben wir das bloß vorhin nicht gesehen?«
    »Weil wir sie nicht weiter beachtet haben. Obwohl die Yatiri alles deutlich sichtbar hinterlassen haben.«
    »Nein, nein ... Hier stimmt was nicht. Dieses Tor ist viel älter«, widersprach Proxi

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