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Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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klein auf beigebracht hatte, daß die Pflege von Kranken und Sterbenden nichts für Männer sei - aßen schweigend und fügten sich gottergeben in die Unannehmlichkeiten, die ein Krankheitsfall in der Familie mit sich brachte.
    Im hinteren Teil des Raums wischte eine Angestellte in einer albernen blauweißgestreiften Uniform mit feuchtem Lappen über einen Resopaltisch, den eine der vielen alten Frauen gerade verlassen hatte. Jabba bahnte uns einen Weg zu dem Tisch, das Tablett mit unseren Getränken balancierend, und wir setzten uns unter dem mürrischen Blick der Angestellten.
    »Also, schießt los! Was habt ihr Schlimmes herausgefunden?«
    »Nichts Schlimmes, nein«, erklärte Proxi. »Eher etwas Bemerkenswertes.«
    Jabba öffnete die Mappe, nahm einen Stapel Papier heraus und legte ihn in die Mitte des Tischs.
    »Hier«, sagte er. »Wirf mal einen Blick darauf.«
    »Oh, komm, bitte!« Ich schob ihm den Stapel zurück. »Das ist doch kein Arbeitstreffen. Erzähl einfach.«
    Er schien nicht zu wissen, wo er anfangen sollte, strich sich die roten Strähnen aus der Stirn und blickte Proxi hilfesuchend an.
    »Erst haben wir nichts Auffälliges gefunden«, ergriff diese entschlossen das Wort. »Als Jabba mir gesagt hat, was du wissen willst, dachte ich, jetzt hast du endgültig den Verstand verloren. Aber das denke ich immer, wenn du eine von deinen Ideen hast, also hab ich nicht weiter gemault . Trotzdem, du hättest ganz schön mit den Ohren geschlackert.«
    Jabba nickte.
    »Jedenfalls«, fuhr sie fort, »sind wir runter in den >100< und haben uns an die Arbeit gemacht. Erst war das ein einziger Wust, doch als wir die Frage in ihre Einzelaspekte zerlegen konnten wie bei jedem normalen Programmierungsproblem, wurde es übersichtlicher. Wir hatten ja ein paar Stichwörter für die Suche: Aymara, Inka, Sprache, Sprechen ... Dazu gibt es im Netz jede Menge. Jedenfalls, das Aymara wird immer noch in einem großen Gebiet im Süden Perus und in Bolivien gesprochen, und zwar von den Aymara, was man manchmal auch mit >i< schreibt. Das sind etwas mehr als anderthalb Millionen Menschen, ein friedfertiges Andenvolk, das früher zum Inkareich gehörte. Obwohl die Sprache der Aymara über Jahrhunderte neben dem Quechua bestanden hat, sind die beiden Sprachen offenbar nicht eng miteinander verwandt, gehören also nicht zur selben Sprachfamilie.«
    »Eigentlich gehört das Aymara ...«, setzte Jabba an, aber Proxi fiel ihm ins Wort. »Mach langsam, sonst raucht ihm der Kopf!«
    »Okay.«
    »Hörst du zu, Root?«
    »Ich bin ganz Ohr.«
    »Das Aymara . Also, hast du schon mal was darüber gehört, wie die Sprachen entstanden sind?«
    »Meinst du Babel oder was?«
    Die beiden sahen mich merkwürdig an.
    »Etwas in der Art. Einige Sprachwissenschaftler vertreten die Ansicht, die fünftausend Sprachen, die heute auf der Erde gesprochen werden, könnten einen gemeinsamen Ursprung haben. Eine Art Protosprache also, die vor allen anderen existierte und von der sich alle anderen Sprachen herleiten, auch diejenigen, die für immer untergegangen sind. Diese Protospra-che wäre sozusagen der Stamm, an dem viele Äste entspringen, die sich ihrerseits weiter verzweigen, bis man zu den heute fünftausend Sprachen kommt, die sich wieder zu größeren Gruppen zusammenfassen lassen ... Verstehst du?«
    »Vollkommen. Jetzt könntest du langsam zum Aymara kommen, wenn’s recht ist.«
    »Laß den Quatsch, und hör ihr zu!« beschwerte sich Jabba.
    »Für diese Protosprache .«
    »Die Adam und Eva gesprochen haben?«
    Proxi ging darüber hinweg: »... findet man manchmal die Bezeichnung Nostratisch. Es gibt Schätzungen, daß sie vor ungefähr dreizehntausend Jahren gesprochen wurde. Seit einem halben Jahrhundert lassen schlaue Köpfe an den besten Unis der Welt ihre Neuronen heißlaufen bei dem Versuch, diese Sprache zu rekonstruieren.«
    »Sehr interessant.«
    »Du wirst gleich sehen, wie interessant, du Ignorant«, fuhr Jabba mich an. »In der Sprachwissenschaft geht eine Reihe von Leuten davon aus, daß das Aymara diese erste Sprache sein könnte. Der Stamm ... Klingelt’s jetzt?«
    Er hatte mich eiskalt erwischt, und das war mir wohl anzumerken, denn seine schlechte Laune verpuffte sofort.
    »Tatsächlich«, nahm Proxi den Faden wieder auf, und ihre Augen blitzten vor Aufregung, »ist das Aymara alles andere als eine gewöhnliche Sprache. Wir reden hier von der perfekten Sprache. Einer Sprache, deren logische Struktur so einzigartig ist, daß man

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