Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Heimlichthuer! Also darum gab es so plötzlichen Sonnenschein in Deinem Gesichte! Warum verschwiegst Du es?«
    »Ich wollte Thatsachen sprechen lassen.«
    »Wenn mir nun aber diese Thatsachen nicht gefallen!«
    »Vater! Du kennst mich. Ich habe noch nie etwas gethan, was ich zu bereuen gehabt hätte.«
    »Glücklicher Weise weiß ich das.«
    »So wirst Du mir wohl zutrauen, daß ich auch hier nicht ohne Ueberlegung handle.«
    »Pah! Hat die Liebe etwa Ueberlegung?«
    »Warst Du unüberlegt und unvorsichtig, als Du die Mutter kennen lerntest?«
    »Hm! Du bist der reine Advocat.«
    »Lassen wir uns nicht um unser kaltes Blut bringen, Herr Baron,« sagte Petermann. »Ich gebe Ihnen die heilige Versicherung, daß es nicht meine Absicht ist, eine Einwilligung zu geben, welche Sie zu geben versagen müßten.«
    Der Freiherr antwortete nicht gleich: Sein Auge ruhte auf der ehrwürdigen Gestalt des einstigen Sträflings, und glitt dann hin auf die schönen Züge von dessen Tochter. Er sah den bittenden Blick seiner Frau auf sich gerichtet. Es wurde ihm eigenthümlich warm und weich zu Muthe. Sein Herz gewann die Oberhand. Er wußte selbst nicht, wie es so schnell geschah, aber er machte gegen Petermann eine fast strenge, abwehrende Handbewegung und sagte: »Wissen Sie so genau, daß ich meine Einwilligung versage?«
    »Ihr Stand, Ihre Familientraditionen, Alles, Alles zwingt Sie ja dazu.«
    »Und wenn ich mich nicht zwingen lasse?«
    »Vater, lieber Vater,« rief der Lieutenant erfreut.
    »Nur sachte, sachte! So sanguinisch wie Du bist, darf ich als Vater nun freilich nicht sein.«
    »Mutter hat bereits eingewilligt!«
    »Das ist mir eben unbegreiflich.«
    Bei diesen Worten wendete er sich an seine Frau. Diese meinte:
    »Ich habe sie geprüft.«
    »So schnell?«
    »Ja. Sie wollte entsagen; sie wollte sterben, damit er seine Pflicht thun könne. Sie bat ihn, dem Rufe seines Standes zu gehorchen. Sie meinte, er werde an der Seite eines anderen Weibes wenn auch kein unendliches Glück, aber doch ein friedliches Dasein finden, und seine Eltern würden dann Diejenige segnen, deren Entsagung er diesen Herzensfrieden zu verdanken habe.«
    »Ah! Das hat sie gesagt? Wirklich?« fragte der Freiherr gerührt.
    »Ja, ich hörte es.«
    »Und da warst Du mit Deiner Prüfung zu Ende. O, ich kenne Dich. Habe ich recht?«
    »Gerade durch diese Entsagung hat sie unsere Einwilligung verdient. Müssen wir es nicht anerkennen, daß auch Herr Petermann so entschlossen ist, unseren Verhältnissen Rechnung zu tragen?«
    »Ja, gewiß. Es ist ehren-und dankenswerth von ihm. Ich gebe ihm recht. Es giebt in dem nüchternen Leben Factoren zu berücksichtigen, welche man nicht ignoriren darf, wenn man es später nicht bereuen will.«
    »Darum bitte ich, das gegenwärtige Gespräch fallen zu lassen,« sagte Petermann. »Ich kann nicht erklären, wie peinlich mir eine Situation sein muß, welche mein Herz mit meinem Ehrgefühl in dieser Weise in Conflict bringt.«
    Da klopfte ihm der Freiherr auf die Achsel und sagte:
    »Sie sind ein Ehrenmann, und diese Erkenntniß bestimmt mich, in diesem Augenblicke anders zu sprechen, als ich es sonst thun würde. Ja, lassen wir für jetzt diese Unterhaltung fallen. Wir werden zu geeigneter Zeit auf dieselbe zurückkommen. Ich werde die Verhältnisse prüfen, nicht blos mit dem Verstande, sondern auch mit dem Herzen; das verspreche ich Dir, lieber Edmund. Du hast uns heute ein großes Opfer gebracht, indem Du Deiner Carrière entsagen willst. Wir sind Dir Dank schuldig, und Du sollst meine Entscheidung also nicht hart und unbillig finden.«
    »Lieber Vater! Habe Dank!« sagte der Lieutenant, ihm die beiden Hände entgegenstreckend.
    »Schon gut, schon gut!«
    Er schüttelte ihm die Hände und wollte sich dann abwenden, fühlte aber da seine Hand auch von Valeska ergriffen. Sie drückte ihre Lippen auf dieselbe und sagte weinend: »Herr Baron, verzeihen Sie mir! Gott ist mein Zeuge, daß ich Ihnen Ihren Sohn nicht rauben will.«
    Das war für ihn ein Angriff, dem er nicht zu widerstehen vermochte. Er zog sie leise an sich und antwortete: »Ihn mir rauben? Gott bewahre! Er soll mir ja nicht geraubt werden; ich soll ihn ja gar nicht verlieren, sondern im Gegentheile eine liebe Tochter gewinnen.«
    Die Baronin kannte ihren Mann. Sie ersah den Vortheil und schob ihm auch Edmund in die Arme, so daß er die beiden Liebenden umschlungen hielt, er wußte nicht wie.
    »Da hast Du auch diesen!« sagte sie. »Wirst Du hart

Weitere Kostenlose Bücher