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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Fanny. Es ist so voller Glück, daß ich nicht weiß, wohin. O, wenn so ein Mädchen wüßte, welche Seligkeiten ihre Liebe über unser Leben ergießt!«
    »Ist das wirklich so, Robert?«
    »Gewiß, gewiß!«
    »Und ich dachte, Du seiest recht betrübt.«
    »Weshalb sollte ich es sein?«
    »Wegen Papa.«
    »O, der macht mir keine Sorge. Ich werde darnach streben Deiner werth zu sein. Dein Papa ist vorurtheilslos und wird Dich nicht unglücklich machen. Aber hat Dein Kommen nur diesen einen Grund, nämlich zu erfahren, ob ich betrübt bin oder nicht.«
    »Nein. Es giebt noch einen viel gewichtigeren. Bist Du drüben beim Fürsten gut bekannt?«
    »Ja.«
    »Kennst Du Alle, die sich bei ihm befinden?«
    »Alle, vom Ersten bis zum Letzten.«
    »Aber es könnte doch Jemand heimlich bei ihm wohnen!«
    »Nein. Ich wüßte es sicher. Ich habe es auch gewußt, als die Baronin Ella von Helfenstein bei ihm wohnte.«
    »So sage mir, ob nicht vielleicht ein junger Mann sich bei ihm befindet, der seinen Eltern verloren gegangen ist?«
    »Nein.«
    »Der in irgend einer Erziehungsanstalt gewesen ist?«
    »Nein. So Einer wohnt nicht drüben.«
    »Auch nicht hüben?«
    »Nein.«
    »Gewiß nicht? Bitte, denke genau nach!«
    »Ich kenne jeden Winkel des Palastes drüben und auch unseres Hauses hüben. Den Eltern verloren gegangen, in einer Erziehungsanstalt gewesen? Da giebt es wirklich Keinen, außer ich müßte gemeint sein. Das Findelhaus ist ja auch Erziehungsanstalt.«
    Er fühlte, daß sie seinen Arm an sich drückte.
    »Du kennst Deine Eltern also nicht?« fragte sie.
    »Nein. Ich weiß nicht, wer sie sind.«
    »Du hast auch keine Ahnung?«
    »Nein. Freilich, wenn ich sanguinisch sein wollte, könnte ich mir einbilden, von Adel zu sein.«
    »Ach! Warum?«
    »Es wurde eine Kette bei mir gefunden mit einem Medaillon. Auf diesem befand sich eine Freiherrnkrone – –« – –«
    »Mein Gott! Ist’s wahr?« fragte sie hastig.
    »Ja.«
    »Weiter nichts? Kein Name?«
    »Nur die Anfangsbuchstaben
R.v.H.
«
    Da blieb sie stehen und drückte ihm ihre Fingerchen vor freudigem Schreck so in den Arm, daß es ihm wehe that.
    »Ist das wirklich wahr? Irrst Du Dich nicht?«
    »Nein. Es ist kein Irrthum möglich.«
    »Du hast die Kette noch?«
    »Ja. Der Fürst hat sie in Verwahrung.«
    »Also, so, also so!« nickte sie vor sich hin.
    »Weißt Du, das ist die Kette, von welcher ich Dir erzählte, daß ich sie bei dem Juden Salomon Levi versetzt gehabt habe. Als ich sie einlöste, war aus dem
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geworden. Der Fürst wollte untersuchen, was da wohl zu Grunde liege, hat mir aber noch nichts mitgetheilt. Er wird es nicht haben entdecken können.«
    »O doch! Er hat Alles entdeckt; er weiß Alles, Alles. Er kennt Deine Eltern, Deine Geschwister, Deine ganzen Verhältnisse.«
    »Ah! Warum sagt er es nicht?«
    »Er wird seine guten Gründe gehabt haben, bis jetzt darüber zu schweigen. Morgen aber will er es Dir sagen.«
    »Morgen! Herr mein Gott! Ist das wahr? Ich soll meine Eltern kennenlernen, meine Abstammung?«
    Er blieb stehen und faltete die Hände ineinander.
    »Ja, das wirst Du erfahren.«
    »Was werde ich hören müssen. Jetzt habe ich mich an die Vorstellung gewöhnt, ein Findelkind zu sein. Was aber wird nun kommen!«
    »Ich weiß es, lieber Robert.«
    »Du? Du solltest es wissen?«
    »Ja, der Fürst hat sich verrathen.«
    »Ah! Ist es schlimm? Ist es bös?«
    »O nein, nein, sondern sehr gut.«
    »Gott sei Dank!« sagte er, tief aufathmend. »Meinst Du, daß ich bis morgen warten soll, oder willst Du es mir jetzt schon sagen?«
    »Natürlich jetzt gleich! Ich habe mich ja deshalb von daheim fortgeschlichen. Es war so wichtig, daß alle Bedenken schwanden. Ich konnte Dir diese Nachricht nicht zeitig genug bringen. Also höre: Dein Vater –«
    »O bitte, bitte!« fiel er ihr in die Rede. »Warte noch einen Augenblick.«
    Er lehnte sich an das eiserne Zaungitter, an welchem sie standen, als ob er der Stütze bedürfe. Sie sah nicht, was er that, aber ihr Herz sagte ihr, daß er bete. So verging eine Weile; dann fragte er stockend: »Jetzt erst das Eine: Sind meine Eltern ehrliche Leute?«
    »Ja, o gewiß, gewiß!«
    »Gott sei Lob und Dank! Nun mag der Vater sein, was er sei; mag er der niedrigste Handwerker oder Taglöhner sein; ich werde ihn lieb haben, wie lieb!«
    »O, er ist – oder vielmehr er war –«
    »Er ist todt?«
    »Ja.«
    »Und die Mutter?«
    »Ist auch todt.«
    »Habe ich Verwandte?«
    »Ja. Zunächst eine

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