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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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neue Kraft und neuen Muth zu bekommen!«
    »Ich möchte wissen, wozu. Er mag kräftig essen und ordentlich leben, dazu täglich sechs Liter bayerisches Bier; dann bekommt er Kraft und auch Muth, ohne Dich nur anzugucken. Bei Dir fände er nichts Nahrhaftes. Denn das, was Du ihm vorhin gabst, als wir eben eintraten, das hat noch keinen Menschen jemals satt gemacht; im Gegentheile, man pflegt immer noch mehr zu verlangen. Aber bitte, Durchlaucht, was sagen Sie zu diesem Handel?«
    Der Fürst hatte geschwiegen und seine stille Freude über die Selbstvertheidigung Fanny’s und die fast burschikose Auffassung des alten Obersten gehabt. Jetzt aber machte er, mit dem Schalk im Nacken, ein sehr ernsthaftes Gesicht, schüttelte den Kopf und sagte in bedenklichem Tone: »Ich rede diesem Bertram keineswegs das Wort.«
    Fanny wollte beinahe erschrecken. Ihr Vater fragte:
    »Wie? Höre ich recht?«
    »Ich meinte, daß ich keineswegs für Bertram sei.«
    »Das habe ich nicht erwartet!«
    »Warum nicht?«
    »Er ist doch Ihr Schützling! Vielleicht sogar Ihr Liebling.«
    »O nein. Mein Liebling ist Fräulein Fanny!«
    »Herzlichen Dank!« sagte diese, sich aber fast ironisch verneigend, da er gegen den Geliebten sprach.
    »Bertram ist zwar mein Schützling,« fuhr der Fürst fort, »das aber kann für mich kein Grund sein, gegen das Glück Ihrer Familie zu handeln.«
    »Wäre es gegen das Glück?«
    »Ganz gewiß.«
    »Wieso?«
    »Da bedarf es eines ganz kleinen Exempels. Bertram ist gegen zweiundzwanzig Jahre alt. Er wird vier Jahre lang die Universität besuchen und dann sechsundwanzig zählen. Sechs Jahre werden dann vergehen, bis er Assessor wird. Selbst wenn Fräulein Fanny einen Assessor heirathen wollte – sie zählt jetzt achtzehn Jahre – so würde sie dann achtundzwanzig Jahre zählen.«
    »Verteufelt!« sagte der Oberst. »Das ist richtig! Was sagst Du dazu, Fanny?«
    »Ich warte noch länger, wenn es sein muß!«
    »Achtundzwanzig! Mädchen bedenke!«
    »Ich warte bis achtundfünzig!«
    »Da hat man es! Aber Frau Assessorin blos!«
    »Ein Assessor kann Minister werden!«
    »Ehe er es wird, bist Du hundertachtundneunzig. Das will mir allerdings nicht gefallen!«
    »Und noch eins,« meinte der Fürst. »Sie meinen zwar, daß Ihr Namen aussterben werde. Das ist aber gar kein Grund, von den Traditionen Ihres Hauses abzugehen.«
    »Ein Grund ist es allerdings nicht. Er würde es nur erleichtern.«
    »Sie müßten sich vielmehr bemühen, diesen berühmten Namen mit Glanz zu Grabe zu tragen.«
    »Sie meinen eine Standesheirath?«
    »Ja.«
    »Hm! Hörst Du es, Fanny?«
    »Durchlaucht sind heute garstig!«
    »O nein, mein liebes Kind; ich bin im Gegentheile ganz und gar nur auf Ihr Wohl bedacht. Ich habe sogar bereits mich mit gewissen Gedanken beschäftigt – – –«
    »Was?« fragte Hellenbach schnell. »Soll das etwas heißen, daß Sie einen Mann für Fanny gesucht haben?«
    »Ja.«
    »Ah! Ueberraschend!«
    »Ich sagte, daß Fräulein Fanny mein Liebling sei. Ich will meinen Liebling glücklich sehen.«
    »Sie machen mich außerordentlich neugierig, Durchlaucht. Haben Sie etwas gefunden?«
    »Ja.«
    »Ah! Sapperlot! Wen?«
    »Das ist eigentlich noch Geheimniß.«
    »Auch für uns?«
    »Hm! Unter acht Augen könnten wir schon davon sprechen.«
    Da stand Fanny auf und sagte:
    »Es wird besser sein, unter sechs Augen davon zu sprechen. Ich fühle mich doch ein Wenig angegriffen!«
    Aber der Fürst nahm sie bei der Hand, führte sie zu ihrem Sitz zurück und bemerkte:
    »O, bitte, es handelt sich nur um eine kurze Mittheilung, und ich bitte dringend, sie mit anzuhören!«
    »Ja,« meinte der Oberst, »wenn Durchlaucht uns sagen will, welchen Gemahl er Dir in Gedanken bestimmt hat, so ist das wohl so interessant, daß Du bleiben kannst. Also, bitte, Durchlaucht!«
    »Ich dachte da an Ihren seligen Bruder, welcher einst eine Braut hatte, aber leider – – – Sie entschuldigen, daß ich Sie an jenen traurigen Fall erinnere!«
    »O, bitte! Ja, er sollte Alma von Helfenstein heimführen, wurde aber ermordet.«
    »Da damals die Verbindung der Familien Hellenbach und Helfenstein unmöglich wurde, so dachte ich mir, wie schön und versöhnend es sei, wenn eine solche Allianz nun jetzt zu Stande gebracht würde.«
    »Das ist unmöglich«
    »So? Warum?«
    »Es lebt ja kein Hellenbach, welcher jetzt noch die Baronesse Alma heirathen könnte.«
    »Nein. Aber es lebt eine Hellenbach, welche ihre Hand einem Helfenstein geben

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