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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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starke Holz dieser Thür hindurchblicken?«
    »Das ist nicht nothwendig. Diese eine Stimme muß ich schon gehört haben. Ich denke –«
    Er hielt nachdenklich inne. Tannenstein aber bemerkte:
    »Ich bin hier in der Residenz fremd. Muthen Sie mir etwa zu, die Stimmen aller Bewohner zu kennen?«
    »Das nicht. Aber der Inhalt des Gespräches muß es Ihnen doch sagen, mit wem wir es zu thun haben.«
    »Ich habe keine Ahnung. Der Eine erzählte, daß er uns gestern gesehen habe, als wir hier herausgekommen seien. Dann ist er uns gefolgt.«
    »So wissen Sie ja, wer er ist!«
    »Eben nicht!«
    »Nun, natürlich kein Anderer, als Derjenige, den ich dann niedergeschlagen habe.«
    »Alle Teufel! Der!«
    »Ja, freilich!«
    »Der Paukenschläger also, der Musikus!«
    »War er Musikus?«
    »Ja. Es stand doch in den Blättern.«
    »In den heutigen Nummern, meinen Sie. Die habe ich nicht gelesen. In meinem Versteck ist mir nur eine sehr alte Zeitung in die Hand gekommen. Was hat denn in den Blättern gestanden?«
    »Daß dieser Musikus Hauck im Zustande der Besinnungslosigkeit aufgefunden worden sei, daß er noch nicht zu sich gekommen sei, daß man aber vermuthe, er habe den Schlag mit einem sogenannten Todtschläger erhalten.«
    »Da hat man freilich sehr richtig vermuthet.«
    »Man hoffte, daß sich bei seinem Erwachen Alles aufklären werde.«
    »Also war die Verletzung nicht gefährlich?«
    »Man glaubte nicht, für sein Leben besorgen zu müssen.«
    »Schön! So bin ich also kein Mörder. Und wie wir gehört haben, ist er wirklich wieder zu sich gekommen. Nur die Erinnerung scheint mangelhaft zu sein. Er war also kein Spion, kein Polizist. Er folgte uns nur aus dummer, privater Neugierde!«
    »Das hatte er nicht nöthig!«
    »Freilich! Er hätte sich den Jagdhieb sparen können. Heute aber scheint es anders zu sein. Heute will er Entdeckungen machen, und der Andere – ah, Sapperment!«
    »Was giebt’s?«
    »Jetzt, jetzt besinne ich mich. Ich kenne den Anderen.«
    »Wer ist es?«
    »Ich habe ihn an der Stimme erkannt. Er ist ein ganz und gar gefährlicher Kerl – ein Geheimpolizist, der im Dienste des Fürsten von Befour steht. Er und ein College, diese Beiden sind es, denen der Fürst seine eclatanten criminalen Entdeckungen verdankt.«
    »Verflucht!«
    »Was fluchten Sie?«
    »Das können Sie noch fragen?«
    »Nun ja. Die Beiden sind jetzt fort; was brauchen Sie sich um sie zu scheeren?«
    »Viel, sehr viel, ja außerordentlich viel. So ein Geheimpolizist hört, daß wir hier aus der Thür getreten sind. Sie haben doch vernommen, daß dieser Musikus unsere Namen nannte?«
    »Leider. Er hat sie gehört, er hat sie verstanden. Gestern war dieser Mehnert so dumm, unsere Namen zu nennen.«
    »So müssen Sie also einsehen, welche Gefahr uns droht. Der Polizist sagte jetzt da draußen, daß er sich erkundigen werde, ob ein Freiherr von Tannenstein sich gestern in der Residenz befunden habe.«
    »Das wird er freilich erfahren.«
    »Wieso denn? Woher?«
    »Nun, Sie sind doch polizeilich angemeldet. Ihr Name steht ja im Fremdenbuche.«
    »Meinen Sie? O, so dumm bin ich nicht gewesen.«
    »Sie haben also einen falschen Namen angegeben?«
    »Ja.«
    »Das ist gut, sehr gut. Wie aber arrangiren Sie den Kleiderwechsel des gnädigen Fräuleins?«
    »Das ist sehr leicht gegangen. Meine Tochter hat über diesen Herrenanzug einen Frauenrock und einen Damenmantel getragen. Beides ist in einer Minute abgelegt.«
    »Unterwegs natürlich.«
    »Freilich. Von unserem Hotel nach dem Altmarkte kommen wir an einem langen, tiefen Garten vorüber, der an der Hinterseite einer Straße liegt. Dort scheint wenig Passage zu sein. Meine Tochter legte Rock, Mantel und Hut ab. Es war mir ein Leichtes, über das niedrige, eiserne Stacket zu steigen und die genannten Gegenstände unter eine Sträuchergruppe zu verstecken. Dort hole ich sie wieder hervor. Sie werden angelegt; wir steigen in ein Droschke und kehren zurück, wie wir uns entfernt haben. Kein Mensch im Hotel ahnt, daß meine Tochter inzwischen Männerkleidung getragen hat.«
    »Schlau angefangen. Aber man darf dem Teufel niemals trauen. Dieser Polizist ist uns auf der Spur. Ich mache, daß ich die Residenz hinter mich bekomme.«
    »Nun, das können wir auch thun. Unser Zweck ist erreicht, und so haben wir hier nichts mehr zu suchen. Sind Sie sicher, daß die Beiden, welche da draußen standen, nun fort sind?«
    »Ich hörte sie gehen; aber Vorsicht ist immer gut. Wir wollen zunächst einmal

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