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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ihn gleich jetzt festhalten.«
    »O nein. Wir müssen wissen, was der Freiherr mit ihm beabsichtigt. Jetzt geht er weiter. Kommen Sie, immer hinter mir. Nur nicht sehen lassen!«
    Sie folgten ihm unter den Bäumen, die den Rand des Waldes bildeten. Er schien nach etwas zu suchen.
    »Was mag er wollen?« meinte Robert.
    »Einen Ort, der sich gut eignet, etwas zu vergraben. Er muß sicher, aber doch auch leicht wiederzufinden sein.«
    »Halt! Dort bleibt er stehen!«
    »Ja, er scheint einen Entschluß gefaßt zu haben.«
    »Wie vorsichtig und mißtrauisch er sich umsieht! Ah, er durchsucht die ganze Umgebung, ob Jemand da ist. Gehen wir noch ein wenig zurück.«
    »Nicht nöthig. Jetzt kniet er nieder, dort bei jener Birke. Er nimmt das Messer heraus. Wahrhaftig, er sticht den Rasen aus und beginnt zu graben.«
    Die Beiden hatten sich niedergekauert, um ihn besser beobachten zu können. Er arbeitete wohl eine volle Viertelstunde lang; die Einzelnheiten konnten sie nicht sehen. Dann erhob er sich. Er nahm zwei schwache, eng neben einander stehende Äste der Birke und flocht sie zusammen.
    »Da macht er sich ein Zeichen, um den Ort leicht wieder zu finden,« sagte Robert Bertram. »Ich brenne förmlich vor Begierde, zu wissen, was er da versteckt hat.«
    »Das werden wir sehr bald erfahren. Lassen wir uns nur ja nicht sehen. Treten wir lieber weiter in die Büsche hinein, wo wir schwerer zu bemerken sind!«
    »Ja, schnell, da kommt er zurück.«
    Sie versteckten sich. Er kam langsam vorüber und blieb dann für einige Secunden stehen, um sich den Ort einzuprägen, an welchem er seinen Schatz vergraben hatte. Dann schritt er weiter.
    Die Beiden warteten eine ganze Weile, dann meinte Robert Bertram: »Jetzt wird er wohl fort sein!«
    »Hoffentlich. Sehen wir einmal nach. Warten Sie hier!«
    Er schlich sich in der Richtung fort, in welcher Simeon verschwunden war, und kehrte erst nach längerer Zeit zurück, sich entschuldigend: »Ich wollte ganz sicher gehen. Er konnte ja sehr leicht auf den Gedanken kommen, wieder umzukehren. Ich sah ihn über die Felder gehen, jenseits des Dorfes hinauf. Wir sind jetzt ungestört.«
    Sie begaben sich nach der Birke. Es war nicht die mindeste Spur zu bemerken, daß Jemand hier gegraben habe. Er hatte seine Sache sehr gut gemacht. Da sie ihn aber so genau beobachtet hatten, war die Stelle sehr bald gefunden.
    Es gab unter der Birke einen dünn bewachsenen Waldrasen, aus welchem Simeon ein viereckiges Stückchen ausgeschnitten hatte. Sie hoben dasselbe empor und kamen auf lockere Erde, welche sie vorsichtig entfernten, indem sie sie in ihre Taschentücher sammelten. Dann – stieß Holm einen Ruf der Freude aus.
    »Hier!« sagte er. »Sehen Sie! Eine Brieftasche.«
    »Ja. Ah! Was ist drin?«
    Holm öffnete.
    »Donner und Doria!« meinte er. »Banknoten! Und zwar zu tausend Gulden das Stück.«
    »Echte?«
    »Ich denke es.«
    Er hob eine der Noten prüfend gegen das Licht und sagte dann:
    »Ich möchte mit wetten, daß diese Noten echt sind. Wollen zählen – ah, Sapperment! Fünfundzwanzig Stück, also fünfundzwanzigtausend Gulden. Das ist ja ein ganzes Vermögen!«
    »Und auch gerade die Summe, welche wir erlauscht haben. Heute will er sich abermals so viel holen.«
    »Für was aber? Wofür?«
    »Für die Kette natürlich und so weiter.«
    »Wahrscheinlich. Sollte sich im Portefeuille hier nicht ein Fingerzeig finden?«
    Holm suchte nach. Er fand mehrere Papiere; sie waren aber werthlos. Endlich, als er bereits die Geduld zu verlieren begann, fand er in einem ziemlich gut verborgenen Fache einen zusammengefalteten Bogen, welcher augenscheinlich neu war.
    »Das ist vielleicht das Richtige!« meinte er.
    »Bitte, öffnen!«
    »Gleich! Das ist gutes, starkes Actenpapier. Wie kommt der Mann dazu? Sehen Sie, da ist auch der Wasserstempel, mit welchem das in den Gerichtsämtern gebrauchte Papier gezeichnet ist.«
    »Aber der Inhalt! Bitte, bitte!« drängte Robert.
    »Gleich, gleich! Hier sind die Zeilen und darunter befindet sich das Siegel des Freiherrn, ja, bei Gott, Freiherrn. Man sieht, daß er hier den Siegelring in Gebrauch genommen hat.«
    »Lesen, lesen!«
    »Gleich, gleich! Hören Sie!«
     
    »Ich Endesunterzeichneter bekenne hiermit, daß ich Herrn Goldarbeiter Jacob Simeon 25.000 Fl., sage fünfundzwanzigtausend Gulden schulde. Ich mache mich nach Wechselrecht verbindlich, diese Summe bis spätestens übermorgen, den zwölften Juni
a.c.
, Nachmittag sechs Uhr, an ihn zu entrichten

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