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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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habe mich stets im Walde gehalten.«
    »Das ist sehr gut. Man braucht Sie natürlich nicht zu sehen.«
    »Wie steht es mit dem Gelde? Haben Sie es erhalten?«
    »Noch nicht; aber der Bankier telegraphirte mir, daß ich es morgen am Vormittage bekommen werde. Sie brauchen keine Sorge zu haben. Sie bleiben ja bei mir und werden es also sofort erhalten.«
    »Das hoffe ich. Gehen wir jetzt?«
    Sie entfernten sich. Die beiden Lauscher krochen aus dem Baume und folgten ihnen.
    »Das war verteufelt wenig, was sie sprachen,« meinte Holm leise. »Ich hatte geglaubt, Wichtigeres zu hören.«
    »Ich auch; aber vielleicht sind wir so glücklich, noch mehr zu erfahren.«
    »Wohl kaum. Sie begeben sich in das Schloß. Da können wir nicht horchen. Jedenfalls aber wissen wir das Eine, daß dieser Freiherr einen polizeilich verfolgten Verbrecher bei sich aufnimmt. Das ist genug, ihn zur Anzeige zu bringen. Lassen wir sie nicht aus den Augen.«
    Es war zwar dunkel, aber doch nicht so sehr, daß man die beiden Voranschreitenden nicht hätte bemerken können. Sie gingen nicht auf der harten Straße, sondern auf einem weichen Wiesengrunde dem Schlosse zu. Das dämpfte die Schritte, und so war es Holm und Robert möglich, nahe hinter ihnen zu bleiben.
    Der Freiherr ging mit seinem heimlichen Gaste am Haupteingange des Schlosses vorüber, bis an den dahinter liegenden Ausläufer des Waldes, so daß sie sich dem Gebäude von der Giebelseite desselben näherten.
    Zwischen Schloß und Wald standen hier eine Anzahl alter Obstbäume, unter deren dichten Kronen es vollständig dunkel war. Das machte es den Verfolgenden möglich, sich ganz hart hinter den Beiden zu halten. Diese Letzteren blieben für einen Augenblick stehen und der Freiherr sagte: »Es schläft Alles und nur meine Tochter wacht.«
    »Wohl da droben hinter dem einzigen erleuchteten Fenster?«
    »Ja. Das ist die Stube, welche für Sie bestimmt ist. Da werden Sie wohnen, bis sie die Gegend in Sicherheit mit den Ihrigen verlassen können. Kommen Sie!«
    Er führte ihn nach einem der hinteren Eingänge, den sie hinter sich verschlossen. Holm und Bertram waren ihnen bis hierher gefolgt.
    »Da stehen wir nun,« sagte der Erstere. »Es ist unmöglich, etwas Weiteres zu hören.«
    »Hm! Vielleicht doch! An einem der Obstbäume lehnte eine Leiter. Könnten wir diese nicht benutzen? Sie werden sich jedenfalls nach dem Zimmer begeben, von welchem sie sprachen. Dort ist auch die Tochter des Freiherrn. Wir legen die Leiter an das Fenster und werden vielleicht hören, was sie sprechen.«
    »Wollen es wenigstens versuchen.«
    Sie kehrten nach dem Obstplatze zurück und trugen die Leiter an die Giebelmauer, wo sie sie leise anlegten. Holm stieg voran, kam aber sogleich wieder zurück. Er sagte: »Ich bemerke da etwas für uns sehr Vortheilhaftes. Nur müßten wir ein wenig verwegen dabei sein. Haben Sie Muth?«
    »Ich denke! Aber wozu?«
    »Neben dem erleuchteten Zimmer befindet sich ein zweites, finsteres, dessen Fenster geöffnet ist. Wenn wir da hineinstiegen, könnten wir wohl Alles hören.«
    »Das wäre prächtig; aber wenn man uns ertappt?«
    »Die Hauptsache ist, geräuschlos und unbemerkt hineinzukommen. Vielleicht können wir den Riegel vorschieben, so daß man uns nicht zu überraschen vermag.«
    »Gut! Versuchen wir es.«
    »Uebrigens haben wir diese beiden Männer und dieses Mädchen selbst dann, wenn sie uns erwischen, nicht zu fürchten. Wir wissen bereits so viel von ihnen, daß sie sich wohl vor uns in Acht zu nehmen haben, nicht aber wir vor ihnen. Steigen wir hinauf, aber leise!«
    Sie legten die Leiter an das offene, dunkle Fenster. Eben als Holm dasselbe erreichte, ertönten im Nebenzimmer laute Stimmen und Stühle wurden gerückt. Das gab so viel Geräusch, daß die Beiden ungehört zum Fenster hineinsteigen konnten.
    Die Stube, in welcher sie sich befanden, war klein. Es standen nur wenige Möbel da. Es gab nur eine einzige Thür und diese führte nach dem Zimmer, in welchem gesprochen wurde. Holm untersuchte tastend diese Thür.
    »Giebt es einen Riegel?« fragte Bertram flüsternd.
    »Ja, Schlüssel und Riegel. Ich habe den Letzteren vorgeschoben. Nun können sie uns nicht ertappen.«
    »Aber Sie können Verdacht schöpfen, wenn sie merken, daß man zugeriegelt hat.«
    »Ist mir dann egal. Horchen wir! Da steht ein Stuhl und hier noch einer. Setzen wir uns ganz nahe an die Thür, so werden wir jedes Wort verstehen.«
    Sie nahmen in aller Gemüthlichkeit Platz und

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