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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Achsel und sagte:
    »Ihre Reden kommen mir nicht anders vor, als wie die Phantasien eines Irrenhäuslers. Sie nennen sich den Fürsten des Elendes. Diesen Mann muß man sich anders vorstellen als Sie. Sie haben einfach gelogen!«
    Der Fürst lächelte leise vor sich hin. Er antwortete:
    »Ich will Sie nicht mit gleicher Münze bezahlen. Meinen Sie wirklich, daß ich lüge oder irre spreche? Ich rede jedenfalls correcter als Sie sprechen und handeln. Eine kluge Diebin wird, wenn sie sich entdeckt sieht, gern und sofort ein Mittel ergreifen, welches man ihr darbietet, um Nachsicht mit ihr hegen zu dürfen.«
    »Diebin?« stieß sie hervor, indem ihre Augen einen gläsernen Glanz bekamen.
    »Diebin!« brüllte der Baron. »Mensch, Schurke, ich zermalme Dich! Wie kannst Du –«
    »Halt! Schweigen Sie!« rief ihm der Fürst entgegen. »Die Baronin von Helfenstein ist eine Diebin! Sie hat die Steine gestohlen, von denen ich erzählte!«
    Der Baron zitterte vor Aufregung am ganzen Leibe.
    »Ella,« sagte er, »strafe ihn Lügen, und dann werde ich ihn vernichten, sofort, auf der Stelle!«
    Sie war kaum noch ihrer Sinne mächtig. Sie mußte alle ihre Kraft zusammennehmen, um sagen zu können:
    »Es ist eine Lüge! Strafe ihn!«
    »Sie leugnen noch?« fiel der Fürst ein. »Wer ging denn noch gestern Abend in männlicher Kleidung und mit falschem Bart und Haar aus, um einen dieser Steine zu verkaufen? Leider bot der Jude Salomon Levi zu wenig, und so kehrten Sie resultatlos nach Hause zurück!«
    »Ist das wahr?« rief der Baron.
    »Nein! Nein!« antwortete sie.
    »So zwingen Sie mich, Ihnen zu beweisen, daß es wahr ist. Herr von Helfenstein, ich werde jetzt bei Ihrer Frau nach den gestohlenen Steinen suchen!«
    »Wage es, Hallunke!«
    »Gut! Ich stelle Ihnen die Alternative: Entweder lassen Sie mich nach dem Gestohlenen suchen, und dann kann die Angelegenheit vielleicht noch beigelegt werden, oder ich sende sofort, jetzt gleich, einen meiner Collegen nach polizeilicher Hilfe. Dann wird öffentlich, in Gegenwart Ihrer Dienerschaft, ausgesucht, und die Angelegenheit kann nicht mehr zurückgenommen werden.«
    »Ella, soll ich es darauf ankommen lassen? Bist Du schuldig oder unschuldig?« fragte der Baron.
    Da raffte sie sich zusammen, stand auf, trat auf den Fürsten zu und sagte in hoheitsvoller Haltung:
    »Mensch, Sie sind wirklich ein Verrückter! Verlassen Sie augenblicklich dieses Haus, sonst lasse ich Sie arretiren!«
    Da that auch der Fürst einen Schritt auf sie zu. Sein Auge flammend auf das ihrige gerichtet, sagte er:
    »Es ist mir wirklich unbegreiflich, wie ich zu der riesigen Nachsicht Ihnen gegenüber komme! Sie leugnen, leugnen immer noch? Als gestern der Fürst von Befour zu seinem Hausmeister gerufen wurde, ist die That geschehen; der Diener war in den Stall gesendet worden.«
    »Lüge! Lüge!« erklärte sie.
    »Weib!« donnerte ihr da der Fürst entgegen. »Nun habe ich es satt! Genug der Frechheit bis jetzt! Soll ich Dir sagen, wohin Du den Raub gesteckt hast?«
    Sie schwieg. Ihre Kräfte wollten nicht länger ausreichen. Sie war einer Ohnmacht nahe. Ihr Mann trat herbei. Es war fürchterlich. Er, der Baron von Helfenstein, mußte sich eine solche Scene gefallen lassen! Er sagte:»Ja, sagen Sie es! Ich verlange es! Aber wenn es nicht stimmt, wenn es nicht wahr ist, so zertrete ich Sie unter meinen Füßen, wie man den elendesten der Würmer zertritt!«
    »Pah! Spielen Sie sich nicht größer auf, als Sie sind! Ich brauche nur die Hand auszustrecken, um Sie zu zermalmen! Anton, führe den Baron hinüber! Zeige ihm das Versteck! Adolf mag mitgehen. Wir haben Zeugen nöthig.«
    Der Baron schritt voran, und die beiden Polizisten folgten ihm. Der Fürst blieb mit Ella allein. Sie blickte ihn nicht an. Woher wußte er Alles? Aber noch hatte sie die Hoffnung nicht verloren. Es war ja fast unmöglich, ihr Versteck zu wissen. Vielleicht fanden sie es nicht. Sie hatte auch den Stein, welchen sie mit zu dem Juden genommen hatte, nach ihrer Rückkehr wieder zu den anderen gethan.
    Es vergingen einige lange, lange Minuten. Da endlich nahten sich Schritte, eilig, wie im Sturmeslauf. Die Thür wurde aufgerissen, und Helfenstein stürzte herein.
    »Weib!« brüllte er. »Du hast gestohlen!«
    Er hatte die Fäuste geballt; sein Athem ging kurz, er befand sich im Zustande der äußersten Wuth. Da stand sie langsam auf, stellte sich ihm Auge in Auge und sagte:»Und Du? Was hast Du gethan?«
    Das Auge des Fürsten war mit

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