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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Sprechen zu zwingen?«
    »Trotzdem werden Sie von mir Nichts erfahren.«
    »Aber das Paket, welches Ihnen hier entfallen ist, wird sprechen. Oeffnen wir es einmal.«
    Er trat an eine der Laternen und machte das Päckchen auf.
    »Hm!« sagte er. »Briefe oder Documente, wie es scheint. Das ist kein Schmuggelgut. Wegen dessen brauchte er nicht zu fliehen. Man wird sehen, was die Papiere enthalten.«
    Und sich wieder zu Eduard wendend, fragte er:
    »Sie werden also nicht sagen, wer Sie schickt?«
    »Nein. Ich habe mein Wort gegeben, zu schweigen.«
    »Sie werden doch noch sprechen. Haben Sie nur diese Schreibereien bei sich?«
    »Weiter nichts.«
    »Kein zollpflichtiges Gut?«
    »Nein.«
    »Das ist nicht gefährlich. Warum haben Sie da die Flucht ergriffen, als wir Sie anriefen?«
    »Darauf kann ich allerdings Antwort geben, Herr Staatsanwalt. Die Schriften, welche Sie in der Hand halten, sind privater Natur. Niemand sollte sie lesen, auch kein Beamter sollte sie kennen lernen. Darum mußte ich versprechen, falls ich Grenzbeamten begegnen sollte, lieber zu fliehen als das Päckchen öffnen zu lassen.«
    »Das klingt zwar ungewöhnlich, aber doch immerhin plausibel. Wir werden Sie frei lassen müssen, wenn Sie die Wahrheit gesagt haben. Also, Sie haben wirklich nichts Versteuerbares bei sich?«
    »Nein.«
    »In keiner Tasche?«
    »Nein. Bitte, suchen Sie mich aus!«
    Der Beamte gab einen Wink, und zwei Grenzer traten herbei, um seine Taschen zu durchsuchen.
    »Er hat wirklich nichts,« lautete der Bescheid.
    Da ertönte es von seitwärts her:
    »Oeffnen Sie ihm nur das Rockfutter! Da wird sich schon etwas finden. Ich habe es gestern deutlich genug gehört!«
    Eduard kannte diese Stimme. Er wendete sich nach dieser Seite hin und sagte:
    »Ah! Fritz Seidelmann!«
    Der Genannte trat aus dem Dunkel hervor und sagte:
    »Ja, ich bin es! Endlich haben wir Dich, Bursche!«
    »Das konnte ich mir denken! So oft mir etwas Schlimmes widerfährt, haben die Seidelmanns ihre Hand im Spiele. Dieses Mal aber werden sie sich wohl verrechnet haben!«
    »Werden sehen!« sagte der Staatsanwalt. »Halten Sie jetzt einmal still!«
    Er trat nahe an Eduard heran und betastete seine Rockschöße.
    »Hm!« meinte er dann. »Wollen doch einmal öffnen!«
    Er zog ein Federmesser hervor und begann, eine Naht aufzutrennen. Dann langte er mit der Hand in die auf diese Weise entstandene Oeffnung.
    »Sie behaupten noch immer, nichts Zollbares bei sich zu haben!« fragte er noch einmal.
    »Ich beschwöre es sogar!«
    »Und was ist das hier?«
    Dabei zog er einen langen Gegenstand, wie ein breites Band aus dem Rocke, welches er aufwickelte.
    Eduard war mehr als erstaunt – er erschrak.
    »Was ist das?« fragte er. »Ich weiß es nicht!«
    »Hm! Das ist doch Ihr Rock? Nicht?«
    »Ja.«
    »Wie lange Zeit tragen Sie ihn?«
    »Wohl drei Jahre.«
    »Sie selbst haben ihn sich anmessen und anfertigen lassen?«
    »Ja.«
    »Haben Sie sich ihn mit Spitzen füttern lassen?«
    »Nein. Sind das denn Spitzen?«
    »Und was für welche! Höchst kostbare. Sehen Sie her!«
    Er hielt ihm die Spitzen und die Laterne entgegen.
    »Herrgott. Davon weiß ich nichts!« betheuerte Eduard.
    »Das ist eine sehr kindische Ausrede!«
    »Herr Staatsanwalt, ich kann tausend Eide ablegen, daß ich von diesen Spitzen keine Ahnung habe!«
    »So, so! Sie haben nicht paschen wollen?«
    »Nein!«
    »Sie sind überhaupt kein Pascher?«
    »Nein!«
    »So haben Sie auch mit dem Pascherkönige nichts zu thun?«
    »Nicht das Geringste!«
    »Hm! Sie sind doch auch nicht der Pascherkönig selbst?«
    »Das fällt mir gar nicht ein!«
    »Und doch haben Sie gesagt, daß Sie der Waldkönig sind!«
    »Ich?« fragte Eduard, mehr erstaunt als erschrocken.

    »Ja, Sie!«
    »Das ist mir niemals eingefallen!«
    »Ich kann es Ihnen beweisen!«
    »Das ist unmöglich!«
    »O, das ist im Gegentheile sehr leicht. Wollen Sie sich nicht einmal dieses Schreiben ansehen!«
    Er erhob die Laterne und hielt dem Gefangenen den Brief, welchen Strauch erhalten hatte, vor das Gesicht. Trotz des unzureichenden Lichtes war zu sehen, daß Eduard erbleichte.
    »Nun?« fragte der Anwalt. »Kennen Sie diesen Brief?«
    »Ja,« stieß der Gefragte hervor.
    »Wer hat ihn geschrieben?«
    »Ich.«
    »Und Sie haben sich als Waldkönig unterzeichnet!«
    »Aber ich bin er nicht!«
    »Das soll man Ihnen glauben? Machen Sie sich doch nicht lächerlich! Mit solchen Gefahren spielt man nicht!«
    »Ich wollte Herrn Strauch erschrecken, daher

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