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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wählte ich diese Unterschrift!«
    »Ausrede! Man wird diese Sache genau untersuchen. Sie unterzeichnen sich als ›Waldkönig‹ sie fliehen vor den Grenzbeamten; man findet Spitzen bei Ihnen, welche zu verzollen sind – – Sie sind mein Gefangener!«
    »Herr Staatsanwalt, ich muß mich fügen, aber Sie werden bald erkennen, daß ich unschuldig bin!«
    »Die Wahrheit werde ich erkennen; darauf können Sie sich verlassen. Zunächst gehen Sie mit uns. Wir werden einmal so frei sein, Ihre Wohnung genau zu untersuchen.«
    Das erschreckte Eduard.
    »Ist das nothwendig, wirklich nothwendig, Herr Staatsanwalt?« fragte er.
    »Ja. Erschrecken Sie etwa?«
    »Gewiß. Ich erschrecke!«
    »So fühlen Sie sich schuldig!«
    »Nein; aber ich erschrecke um meiner Eltern willen. Sie sind alt und können den Tod davon tragen, wenn sie mich als Gefangenen sehen.«
    »Haben Sie keine Sorge. Ich bin kein Unmensch. Ich werde Ihre Eltern vorbereiten, ehe Sie bei Ihnen eintreten.«
    Der Zug setzte sich in Bewegung, Eduard in der Mitte.
    Dieser schritt zwischen seinen Wächtern hin, ganz unbeschreibliche Gefühle im Herzen. Woher kamen die Spitzen? So fragte er sich. Er konnte sich keine Antwort geben. Er sann und sann, jedoch vergebens.
    So gingen sie durch den Wald, erreichten das freie Feld und dann das Städtchen. Der Anwalt erkundigte sich nach Hausers Wohnung und ging voraus. Als er in den engen Flur trat, hatte man drinnen in der Stube das Abendessen beendet, und der Alte betete:
    »An dem was wahrhaft glücklich macht,
    Läßt Gott es Keinem fehlen.
    Gesundheit, Ehre, Glück und Pracht
    Sind nicht das Glück der Seelen.

Wer Gottes Rath
    Vor Augen hat,

Dem wird ein gut Gewissen
    Die Trübsal auch versüßen.«
     
    Der Beamte hörte diese Worte. Die Stimme des Alten klang tief aus einem gläubigen Herzen. Es wurde dem Anwalte eigenthümlich zu Muthe. Sollte der Waldkönig wirklich der Sohn einer Familie sein, in welcher man so innig betete? So fragte er sich. Da hörte er weiter:
    »Was ist des Lebens Herrlichkeit?
    Wie bald ist sie verschwunden.
    Was ist das Leiden dieser Zeit?
    Wie bald ist’s überwunden.
    Hofft auf den Herrn!
    Er hilft uns gern.
    Seid fröhlich, Ihr Gerechten;
    Der Herr hilft seinen Knechten!«
     
    Der Anwalt schüttelte mit Gewalt die Rührung ab, welche er empfand, und klopfte an.
    »Herein!« antwortete man von innen.
    Er trat ein. Sein Blick fiel auf die alten, ehrwürdigen Leute und eine ganze Schaar von Kindern. Er bot einen guten Abend und näherte sich dem Tische, an welchem Vater und Mutter Hauser saßen. Diese Beiden erhoben sich, da sie sahen, daß sie es mit einem vornehmen Manne zu thun hatten.
    »Kennen Sie mich vielleicht?« fragte er freundlich.
    »Nein, lieber Herr,« antwortete Hauser. »Wir werden aber wohl erfahren, wer Sie sind.«
    »Das werden Sie allerdings. Wissen Sie, was man unter einem Staatsanwalt zu verstehen hat?«
    »Ja. Ein Staatsanwalt ist derjenige Herr, der bei einer Bestrafung die Anklage zu vertreten hat.«
    »Richtig. Ein Staatsanwalt ist also der Beamte, welchen Verbrecher am Meisten zu fürchten haben.«
    »Sie sind wohl ein Staatsanwalt?«
    »Ja.«
    Dabei sah der Gefragte die Alten scharf an, um zu beobachten, welchen Eindruck dieses Wort auf sie machen werde. Sie wurden keineswegs verlegen, Hauser frug vielmehr.
    »Kommen Sie vielleicht von Amtswegen zu uns?«
    »Ja, leider!«
    »Wir haben nichts zu befürchten. Wir sind ehrliche Leute, Herr Anwalt.«
    »Das möchte ich gern glauben. Aber man hat mir gesagt, daß Sie es in einem Punkte mit der Ehrlichkeit denn doch nicht so genau nehmen.«
    »Wollen Sie uns sagen, in welchem Punkte wir nicht ehrlich gewesen sind?«
    Der Anwalt blickte ihn scharf an und sagte geradezu:
    »Sie paschen!«
    Frau Hauser schlug vor Schreck die Hände zusammen. Der Alte aber schüttelte lächelnd den Kopf und antwortete: »Erschrick nicht, Mutter! Wer weiß, welcher unbeholfene Mensch sich einen solchen Spaß erlaubt hat!«
    »O, es ist keineswegs ein Spaß,« sagte der Anwalt. »Ich will einmal von Ihnen nicht sprechen; aber Ihr Sohn – man zählt ihn zu den Schmugglern.«
    »Meinen Eduard? Für den garantire ich wie für mich selbst!«
    »Sagen Sie nicht zuviel! Wo ist er jetzt?«
    »Nach Langenberg.«
    »Was will er dort?«
    »Er wird irgend Etwas zu besorgen haben.«
    »Das heißt, er wird irgend etwas hinüber zu paschen haben!«
    »O nein! Gewiß nicht!«
    »Ganz gewiß! Man hat ihn unterwegs getroffen.«
    »Aber nicht als

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