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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Schlüssel ja der Amtmann bei sich hatte.
    Dort angekommen, fanden sei eine Polizeimacht ihrer wartend, welche zugelangt hätte, ein gutes Dutzend von Räubern und Mördern festzunehmen. Zum Glücke fügte sich der Amtmann in Arndt’s Anordnungen. In Folge dessen wurden die Leute so postirt, daß sie von den Schmieden nicht bemerkt werden konnten. Dann wartete man.
    Es dauerte lange, sehr lange, ehe die Beiden kamen. Endlich hörte man drüben von der Stelle, an welcher Arndt heute gelegen hatte, ein Geräusch, und gleich darauf huschten zwei dunkle Gestalten über die schneeweiße Fläche. An dem Grabe angekommen, legte der Eine ein Paket nieder und sagte leise:»Du, hier wird es uns leicht gemacht. Die Erde ist ganz locker, und der Spaten nebst Hacke und Schaufel liegen dabei.«
    »So laß uns rasch machen. Ich habe keine Ruhe, bis wir hier wieder fort sind. Mir ist fast angst geworden.«
    »Warum denn? Es geht ja Alles gut?«
    Sie begannen zu arbeiten, und zwar mit solchem Eifer, daß sie auf weiter nichts als auf das Loch achteten, welches schnell immer tiefer wurde. Das Geräusch, welches sie verursachten, war schuld, daß sie ein anderes, welches sich ihnen näherte, nicht hörten.
    »Da, hier ist der Sarg!« sagte der Sohn. »Mir scheint, der Deckel ist morsch.«
    »Geben wir uns keine unnöthige Mühe. Auf damit und das Kind hinein.«
    »Du, ah, da kommt mir ein prachtvoller Gedanke!«
    »Versäume nur keine Zeit dabei!«
    »Ich glaube nämlich, die haben heute gar nicht den ganzen Sarg herausgenommen!«
    »Warum sollten sie? Sie haben den Deckel geöffnet und constatirt, daß der Sarg leer war.«
    »Schön! Wenn dann ein Gerippe im Sarge liegt, ist es erwiesen, daß es später hineingebracht wurde. Wie aber nun, wenn es unter dem Sarge sich befindet?«
    »Donnerwetter!«
    »Verstehst Du? Dann kommt die Schuld auf den früheren Todtengräber, der mit der kleinen Leiche nicht gehörig umgegangen ist. Er hat sie verschüttet.«
    »Gar nicht übel! Also heraus mit dem Sarge! Wir legen das Gerippchen darunter.«
    Da erscholl es laut hinter ihnen:
    »Jetzt aber noch nicht!«
    Sie fuhren herum und standen, wie vom Schlage getroffen, ein Weilchen völlig bewegungslos da. Der Schreck hatte sie förmlich gelähmt. Vor und um sie standen Polizisten, und im Nu waren sie mit Stricken gebunden.
    »Alle Teufel!« stieß endlich der Alte hervor.
    »Verflucht!« fügte der Junge hinzu.
    »Im Namen des Gesetzes, Ihr seid arretirt!« antwortete der Amtmann.
    Der Alte zerrte an seinen Stricken und stöhnte ingrimmig vor sich hin:
    »Verdammtes Pech! Wem hat man es zu danken?«
    »Mir!«
    Der Mann, der dieses Wort aussprach, stellte sich vor ihm hin, so daß er demselben in das Gesicht sehen konnte.
    »Hölle und Teufel! Der Fürst des Elendes!«
    »Ja, mein Lieber! Sie sehen nun ein, daß ich es gut mit Ihnen gemeint hatte. Ich habe Sie gewarnt; nun tragen Sie ganz allein die Schuld. Jetzt, Herr Amtmann, werde ich mich Ihnen empfehlen!«
    »Schon?«
    »Ja. Wir müssen fort. Den einen Waldkönig haben wir hier, und den anderen werden wir noch heute im Haingrunde fangen. Unser Schlitten wartet. Gute Nacht!«
    Er reichte dem Beamten die Hand und suchte die Stelle der Straße auf, an welcher der Förster mit dem Schlitten hielt. Die beiden Gefangenen waren wie betäubt; sie konnten sich noch nicht in ihre Lage finden, so schnell und unerwartet war dieselbe über sie gekommen. Der Alte faßte sich zuerst und sagte: »Aber, was soll denn das sein. Warum nimmt man uns gefangen?«
    »Leichenräuber!« antwortete der Amtmann kurz.
    »Wir?«
    »Wer sonst?«
    »Herr Amtmann, das ist ein Irrthum, wie er größer gar nicht gedacht werden kann!«
    »Wirklich? In wiefern denn?«
    »Vorhin waren zwei Fremde bei mir in der Gaststube, die heimlich flüsterten und mir sehr verdächtig vorkamen. Als sie gingen, folgten wir ihnen heimlich. Dort an der Mauer verloren wir sie. Nach einiger Zeit aber stiegen wir über und wurden von Ihnen gerade in dem Augenblicke überrascht, als wir uns wunderten, hier ein offenes Grab und dieses Paket zu finden.«
    »Ach, Sie wußten also gar nicht, daß das Grab geöffnet worden ist?«
    »Nein, kein Wort davon!«
    »Wer hat denn, während wir hier beschäftigt waren, da drüben hinter dem Hollunder gestanden?«
    Der Schmied fand vor Schreck keine Antwort.
    »Wer hat denn davon gesprochen, heute abend auf dem alten Gottesacker eine Leiche zu holen und hier einzugraben?«
    Noch immer keine Antwort.
    »Wer hat da

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