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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wissen? Sie verzeihen, daß ich mich infolge meiner Instruction auch zu dieser Frage gezwungen sehe.«
    »Monsieur de Latour und Graf de la Messangerie, zwei Franzosen, wie Sie aus den Namen ersehen.«
    »Bestätigen Sie das, meine Herren?«
    Er trat dabei an Wolf heran und blickte ihm in das Gesicht. Der Alte trug, ebenso wie sein Sohn, einen falschen Vollbart und brummte verdrießlich vor sich hin:»
Nous comprenons
nix deutsch!«
    Das waren die Worte, welche ihnen der Baron eingelernt hatte. Zum Glück war der Gensd’arm der französischen Sprache nicht im Mindesten mächtig. Er begnügte sich mit dieser Antwort.
    »Schön, meine Herren! Fahren Sie weiter!«
    Der Baron hob die Zügel, und die Pferde setzten sich schnell wieder in Trab. Als sie eine genügende Strecke zurückgelegt hatten, um nicht gehört zu werden, sagte er, aber doch noch leise: »Welch ein Glück, daß dieser Mensch nicht Französisch verstand! Hätte er Euch in dieser Sprache gefragt, so wären wir wohl nicht so ungerupft davongekommen. Wir scheinen Glück zu haben.«
    Nach einiger Zeit lichtete sich der Wald immer mehr, und dann führte die Straße durch offene Felder. Der Schnee lag wie ein weißes, endloses Tuch auf denselben, und man konnte einen jeden Gegenstand auf ziemliche Entfernung hin deutlich erkennen.
    »Jetzt können wir nicht belauscht und überrascht werden,« meinte der Baron. »Wir wollen also endlich reden.«
    Er gab die Zügel locker und setzte sich so, daß er den beiden hinter ihm Sitzenden nicht mehr den Rücken zukehrte.
    »Vorhin hatten wir keine Zeit,« fuhr er fort. »Jetzt können wir das Versäumte nachholen. Also, wie ist das eigentlich gekommen, daß Ihr gefangen genommen wurdet?«
    »Hm!« antwortete der Alte. »Das ist eine verdammte Geschichte! Wir haben heute die Heimath verloren; wir dürfen uns da niemals wieder erblicken lassen.«
    »Was? Ist es wirklich so schlimm?«
    »Ja. Erwischt man uns, so sind auch Sie verloren.«
    »Wieso?«
    »Weil man weiß, daß wir Zeugen sind, daß damals der Hauptmann nicht von dem Brandt erschossen wurde. Ergreift man uns, so sind wir gezwungen, Alles zu sagen.«
    Der Baron schüttelte den Kopf. Es war ihm nicht ganz wohl zu Muthe, aber er ließ es sich nicht merken, sondern sagte: »Pah! Ihr habt Euch in’s Bockshorn jagen lassen!«
    »Nein, nein! Wir sind unserer Sache gewiß!«
    »Unsinn! Ihr Beide waret die einzigen Zeugen!«
    »Das haben wir bisher auch geglaubt; aber der Fürst des Elendes weiß Alles.«
    »Er schlägt nur auf den Strauch! Wenn Ihr nichts gesteht, so hat es keine Noth.«
    »Oh, er weiß es dennoch, da er auch das Andere weiß!«
    »Was?«
    »Von dem Kinde.«
    »Ich verstehe nicht. Von welchem Kinde?«
    »Von dem Kinde der Botenfrau, welches gerade an jenem Tage begraben wurde, als Schloß Hirschenau wegbrannte.«
    »Ich verstehe noch immer nicht. Was hat das Kind dieses alten Weibes mit dem Schloßbrand zu thun?«
    Der Alte zögerte mit der Antwort und sagte dann stockend:
    »Was es damit zu thun hat? Oh, viel, sehr viel!«
    Er getraute sich natürlich sehr schwer mit der Wahrheit heraus.
    »Na, was denn?«
    »Hm! Wenn das Schloß nicht weggebrannt wäre, so läge das Kind noch im Grabe.«
    »Unsinn! Sprecht doch deutlicher! Liegt das Kind denn nicht in dem Grabe, in welches es gelegt wurde?«
    »Leider nein!«
    »Warum denn nicht?«
    »Das ist eben die Geschichte! Und gerade heute kommen sie und öffnen das Grab! Nun ist die ganze Geschichte verrathen. Der Fürst des Elendes wußte ganz genau, daß wir Beide das Schloß angezündet haben.«
    »Ich sage Euch ja, daß er nur auf den Strauch schlägt.«
    »Nein, sonst hätte man das Grab nicht geöffnet.«
    »Aber, bei allen Teufeln, was ist es denn eigentlich mit diesem alten Loche? Ihr redet in lauter Räthseln!«
    Da gab der Sohn dem Vater einen Rippenstoß und sagte:
    »Hast Du denn wirklich gar so große Angst? Sage es doch gerade heraus! Fressen kann er uns nicht!«
    Das war keine große Höflichkeit. Es lag vielmehr in diesen Worten eine Mißachtung, welche den Baron zu der raschen und scharfen Frage veranlaßte: »Wer kann Euch nicht fressen?«
    »Sie!« antwortete Wolf Junior furchtlos.
    »Ich? Ah! Das klingt ja ganz so, als ob es Etwas gebe, worüber ich ungehalten sein oder gar in Zorn gerathen könnte.«
    »Das ist’s auch.«
    »Nun, fressen werde ich Euch allerdings nicht; dazu seid Ihr alle Beide zu unappetitlich; aber ob ich es Euch hingehen lasse, wenn es sich um einen groben Fehler

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