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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gar, Du willst es ausplaudern!« zürnte er. »Warte erst, ob wir bezahlt werden!«
    Aber der Baron beachtete diese Worte gar nicht. Er klatschte einige Male mit der Peitsche, als wolle er einem freudigen Gedanken Luft machen; dann sagte er, indem er die abgebrochenen Worte des Alten wiederholte: »Es war in der – – nun, wo denn? Jedenfalls in der Residenz. Anders kann das Wort nicht sein, welches auf diese vier Worte folgen muß. Nicht?«
    Die Beiden blieben stumm. Darum fuhr er fort:
    »Ihr seid auch heute noch so dumm wie damals! Mir könnt Ihr nichts verschweigen. Also in das Findelhaus der Hauptstadt habt Ihr ihn gebracht? Ein Musikant, der ein Schneider war, hat ihn angenommen? Vor zwanzig Jahren? Ah, das stimmt doch zu prächtig! Ihr habt gar nicht geahnt, daß ich diesen Schneidermusikanten kannte. Er wohnte in einem mir gehörigen Hause in der Wasserstraße und hieß Bertram. Habt Ihr Euch vielleicht das geistreiche Vergnügen gemacht, im Findelhause wissen zu lassen, wie der Knabe heißt?«
    »Wir haben auf einem Zettel angegeben, daß er getauft ist und Robert heißt,« sagte der Alte.
    »Schön! Robert Bertram! Da haben wir ihn!«
    »Verdammt!« stieß der junge Schmied hervor.
    »Nicht wahr? Nun ärgert Ihr Euch, mir so wohlfeil auf die Sprünge geholfen zu haben? Ich weiß nun das, was ich Euch hätte theuer bezahlen müssen.«
    Er sah aber sofort ein, daß es besser sei, sie nicht unwillig zu machen; darum fügte er begütigend hinzu: »Na, Euer Schaden soll es trotzdem nicht sein! Ich werde dafür sorgen, daß Ihr mit mir zufrieden seid. Aber es ist sehr gut, daß ich nun klar sehe. Euer Fehler läßt sich wieder gut machen. Wißt Ihr vielleicht, was jüngst mit dem Jungen geschehen ist?«
    »Nein.«
    »Auch nicht, daß er eingesteckt worden ist?«
    »Nein. Eingesteckt? Weshalb?«
    »Weil er ein Einbrecher war. Er ist da mit der Polizei und den Gerichten in Berührung gekommen. Man hat nach seinem Herkommen geforscht, er hat die Kette vorgezeigt, und man hat weiter geforscht. Ah, darum also die Behandlung, die ihm geworden ist, und darum diese Protection und seine Freisprechung! Aber ich weiß nun, was zu thun ist. Lebt der alte Todtengräber noch?«
    »Ja, bei seinem Sohne, der Gefängnißwachtmeister in der Residenz ist.«
    »Wachtmeister Uhlig! Ah, auch das stimmt. Mir wird Alles klar. Man ist auf den Gedanken gekommen, daß Robert von Helfenstein gar nicht verbrannt ist. Und weil man damals doch verkohlte Kinderknochen gefunden hat, so müssen die von einer anderen Leiche gewesen sein. An demselben Tage wurde das Kind der Botenfrau begraben, und Ihr Beide habt dem alten Uhlig geholfen, das Grab zuzuschütten – – da habt Ihr die ganze Combination!«
    »Alle Wetter!« sagte Wolf. »Also wirklich nur auf den Busch geschlagen!«
    »Natürlich! Ihr habt doch nichts eingestanden?«
    »Kein Wort.«
    »Das ist gut, sehr gut!«
    »Aber der Fürst des Elendes hat uns belauscht.«
    »Wo denn?«
    »An der Kirchhofsmauer. Er hat da ein jedes Wort gehört, welches wir gesprochen haben.«
    »Ihr Esels! Wie kamt Ihr denn an die Mauer?«
    Sie erzählten es. Als sie den Bericht beendet hatten, zankte er sie tüchtig aus und fügte hinzu:
    »Ihr seht nun ein, wie dumm Ihr gehandelt habt! Jetzt tritt der Fürst als Zeuge gegen Euch auf. Aber ich werde ihm den Mund stopfen. Sagtet Ihr nicht, daß er dann bei Euch gewesen sei?«
    »Ja. Er gab sich für einen Spiritisten aus.«
    »Um Euch zu überrumpeln.«
    »O, er hat nichts erfahren, gar nichts!«
    »Schön! Ich werde Euch jetzt sagen, was Ihr zu thun habt. Ihr habt gar nichts zu befürchten.«
    Der Alte holte tief Athem und meinte:
    »Gott sei Dank! Wenn das wahr wäre!«
    »Es ist wahr!«
    »Bei meinem Alter flüchtig werden und von Haus und Hof fort müssen, das ist traurig!«
    »Ihr werdet wieder zurückkehren können, ohne daß man Euch etwas thut. Die Kette werde ich bekommen und vernichten. Der Fürst des Elendes wird verschwinden. Was kann Euch dann geschehen, he?«
    »Dann allerdings nichts, gar nichts! Mit der Kette werden Sie freilich fertig werden, ob aber auch mit dem Fürsten –?«
    »Sicher! Ganz gewiß!«
    »Schön! Aber bis dahin?«
    »Bis dahin verbergt Ihr Euch.«
    »Wo denn?«
    »Drüben über der Grenze. Ich werde Winkler beauftragen, Euch ein Asyl zu geben. Das nöthige Geld sollt Ihr von mir bekommen!«
    »Das läßt sich hören! Aber wann erhalten wir das Geld?«
    »Noch heute, nachher. Ich habe zwar nicht soviel mitgenommen, aber ich

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