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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wirklich« fragte Bauer, indem seine Mienen einen offenbaren Zweifel ausdrückten.
    »Ja, gewiß!«
    »Das möchte ich denn doch bezweifeln.«
    »Warum?«
    »Ich kenne Sie genau. Sie zahlen nicht schlecht; aber zweimal bezahlen Sie doch nicht gerne.«
    »Zweimal? Thue ich das hier?«
    »Ja. Sie bezahlen doch den Diener und auch mich.«
    Dabei machte er ein so pfiffiges Gesicht, daß der Hauptmann lachen mußte. Dieser Letztere meinte:
    »Ich sehe, daß Sie mich doch ein Wenig studirt haben.«
    »Nicht wahr? Ja, ich kenne meine Pappenheimer!«
    »Und Sie vermuthen, daß ich auch hier nicht gegen meine Gewohnheit handeln werde?«
    »Ich vermuthe es nicht nur, sondern ich bin wirklich überzeugt davon: Sie werden nur einmal bezahlen.«
    »Aber Sie sind es nicht, welcher schlecht dabei fahren wird.«
    »Das erwarte ich allerdings!«
    »Na, ja! Sie werden Das erhalten, was ich diesem Diener hätte zahlen müssen.«
    »Das vermuthe ich. Er wird sich ärgern!«
    »Das geht mich nichts an. Wenn er die Schmiede befreit, ist er vor dem Gesetze straffällig; er kann nichts machen, wenn ich ihm nichts gebe.«
    »Und selbst wenn er seine Forderung gesetzlich geltend machen könnte; er kennt Sie ja gar nicht.«
    »Richtig! Also, machen Sie mit?«
    »Hm! Zahlen Sie einen Theil an?«
    »Meinetwegen.«
    »Gut, so will ich es riskiren. Wann soll es geschehen?«
    »Möglichst bald. Am liebsten wäre es mir heute.«
    »Aber ob es dem Diener paßt?«
    »Wollen sehen. Er kommt jedenfalls noch während des Vormittags. Ich werden dem Wirthe einige Zeilen für ihn geben; da werden wir ja gleich sehen, ob er es möglich machen kann.«
    »Und wie arrangiren wir uns?«
    »Sehr einfach. Sie fahren mit ihm nach der Kreisstadt; er holt die Schmiede heraus. Sie verkleiden diese – – –«
    »Womit?«
    »Ich sorge für Anzüge, Bärte und Perrücken. Ich schicke oder bringe selbst diese Sachen in einem kleinen Koffer hierher. Dann fahren Sie per Bahn zurück.«
    »Ist das nicht gefährlich?«
    »Nein. Sie brauchen ja nicht an Ort und Stelle einzusteigen. Sie gehen bis zur ersten oder zweiten Station.«
    »Und wo bringe ich die Schmiede hin, nachdem ich mit ihnen hier angekommen bin?«
    »Sie lassen sie einfach an der letzten Station aussteigen. Die beiden Wolfs wissen mich zu finden.«
    »Ah!« meinte der Agent erstaunt. »Also diese zwei Männer wissen genau, wer Sie sind?«
    »Ja.«
    »Und hier weiß es Niemand!«
    »Kein Mensch.«
    »Selbst ich nicht!«
    Seine Stimme klang vorwurfsvoll und beleidigt. Darum beeilte sich der Hauptmann mit der Erklärung:
    »Sie wissen, wie vorsichtig ich hier sein muß!«
    »Aber gegen die Schmiede sind Sie es nicht!«
    »Die haben mich bereits gekannt, ehe ich hier unsere geheime Gesellschaft gründete. Ein Mißtrauen, besonders gegen Sie, ist also keinesfalls vorhanden.«
    »Das hätte mir auch leid getan.«
    »Ich will also hoffen, daß Sie die Schmiede nicht nach mir ausfragen; sie würden Ihnen nicht antworten.«
    »Fällt mir gar nicht ein! Aber, zum Teufel, da denke ich erst jetzt daran, daß ich die Reise doch nicht unternehmen kann!«
    »Warum denn nicht?«
    »Dieser Diener Leonhardt kennt mich ja!«
    »Das ist kein Hinderniß.«
    »O doch! Er darf auf keinen Fall erfahren, daß ich zu der Gesellschaft des Hauptmannes gehöre.«
    »Das soll er auch nicht. Sie verkleiden sich. Unser Friseur wird Ihnen einen famosen Bart und eine Glatze machen, die ihres Gleichen sucht. Sie steigen mit ihm in ein Coupé, um ihn beobachten zu können. Wir geben ihm ein Zeichen, an welchem er seinen Helfershelfer erst beim Aussteigen erkennt.«
    »Er wird denken, Sie sind es.«
    »Das soll er auch. Sie müssen also ganz so thun, als ob Sie der Hauptmann wären. Haben Sie noch eine Frage?«
    »Nein, aber einen Wunsch.«
    »Welchen?«
    »Das Draufgeld!«
    »Sie haben es verteufelt eilig.«
    »Die Reise kostet eben Geld.«
    »Nun, hier haben Sie!«
    Er öffnete die Börse und gab ihm einen Betrag, mit welchem der Agent sichtlich zufrieden war. Dann zog er ein Blatt Papier und ein Couvert hervor und schrieb auf das Erstere:
    »Mir ist daran gelegen, die Reise so bald wie möglich zu machen. Paßt es Ihnen nicht bereits heute? Wenn dies der Fall ist, so kommen Sie drei Uhr nach dem Bahnhofe und lösen Sie sich ein Billett dritter Klasse. Beim Aussteigen an dem betreffenden Orte werde ich Sie mit den Worten empfangen: ›Willkommen zur That!‹ Das ist das Erkennungszeichen. Also, wenn es Ihnen paßt, so geben Sie dem Wirthe hier

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