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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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war freundlich gewesen, hatte, als er den Namen hörte, keinerlei Bemerkung gemacht, nicht einmal die Miene verzogen. Das war ein sicheres Zeichen, daß nichts zu befürchten war. Er trat aus seiner Ecke vor und half das Bett aufstellen. Das ging so rasch von statten, daß die Drei fertig waren, als der Verletzte gebracht wurde. Als der Zug von weitem zu sehen war, sagte der Obergensdarm zu dem Köhler: »Haben Sie eine Ahnung, wen wir bringen?«
    »Nein.«
    »Aber Sie wissen, wen wir suchen?«
    »Auch nicht.«
    Der Gensdarm machte ein ungläubiges Gesicht, aber der Oberförster nickte mit dem Kopfe und sagte:
    »Ja, grade so ist der alte Hendschel! Er arbeitet still und fleißig; er thut seine Pflicht und bekümmert sich um weiter gar nichts in der Welt. Hören Sie, Alter, haben Sie denn gar nichts vom Waldkönig gehört?«
    »Von dem? O ja, ein paar Male.«
    »Und vom Hauptmanne?«
    »Ja. Auf dem Jahrmarkte sagten sie, das soll ein-und derselbe sein, Herr Oberförster.«
    »So ist es auch. Vorhin haben wir ihn gefangen.«
    »Was Sie sagen!«
    »Ja. Er ist von der Felsenplatte gestürzt und wird es wohl nicht überleben. Er kann nicht reden, er sieht ganz schrecklich aus. Da, seht!«
    Eben wurde die Stubenthür geöffnet, und der Verunglückte wurde hereingebracht und unter Anleitung des Arztes ausgezogen und in’s Bett gelegt.
    Die Bewohner der Hütte zogen sich in die äußerste Ecke zurück; der Oberförster verabschiedete sich, die Offiziere arrangirten draußen ein Bivouac und am Bette nahmen nur der Arzt und der Obergensdarm Platz, um den Patienten nicht aus den Augen zu lassen.
    »Schrecklich, schrecklich!« flüsterte der Köhler seiner Frau zu. »Hast Du sein Gesicht gesehen?«
    »Ja, Vater.«
    »Er ist gar nicht zu erkennen.«
    »Ganz unmöglich!«
    »Ich glaube nicht, daß er es überleben wird.«
    »Er muß ja bereits eine Leiche sein! Horch!«
    Der Arzt und der Obergensdarm sprachen halblaut mit einander. Der Letztere fragte den Ersteren:
    »Nun, können Sie jetzt etwas Bestimmtes sagen?«
    »Vielleicht, wenn ich auch nicht behaupten will, daß es gar nicht anders sein könne. In solchen Fällen läßt sich kein absolutes Urtheil aussprechen.«
    »Nun?«
    »Ich hoffe, daß wir ihn erhalten.«
    »Ah! Das wäre höchst erwünscht.«
    »Ja. Das Herz ist in Thätigkeit, die Lunge auch. Lägen da Verletzungen vor, so hätte längst eine innerliche Verblutung stattgefunden.«
    »Meinen Sie?«
    »Ein Gliederbruch liegt auch nicht vor. Nur das Gehirn scheint bedenklich erschüttert zu sein, sonst wäre er während des Transportes erwacht. Er ist die Felsen hinaufgeschafft worden und wieder hinab, das hätte Einem, der nicht in dieser Weise betäubt ist, die entsetzlichsten Schmerzen verursacht. Die Zunge werde ich sogleich in Behandlung nehmen. Sie wird umso eher heilen, je länger er in Unbeweglichkeit und Betäubung verbleibt.«
    »Wann kann er erwachen?«
    »Heute oder auch erst nach Wochen.«
    »O weh! Im letzteren Falle müssen wir ihn von hier fortschaffen.«
    »Das kann ich nicht gestatten.«
    »Ah! Warum?«
    »Es muß uns daran liegen, sein Leben zu erhalten. Leider ist das Leben eines solchen Verbrechers – möchte man sagen – viel mehr werth, als dasjenige jedes ehrlichen Menschen. Wenigstens muß der Criminalist so denken.«
    »Natürlich denke ich ebenso.«
    »Jede Ortsveränderung aber kann tödtlich sein.«
    »Aber wie ist es möglich, ihn hier zu lassen?«
    »Für’s Erste wird er nicht entfliehen. Darauf können Sie tausend Eide schwören.«
    »Und dennoch muß er in strengste und unausgesetzte Bewachung genommen werden!«
    »Dagegen habe ich nicht nur nichts einzuwenden, sondern ich empfehle es sogar angelegentlichst an.«
    »Wie aber ihn hier bewachen?«
    »Das ist Ihre Sache, oder vielmehr diejenige des betreffenden Staatsanwaltes.«
    »Sollen wir ihn mit Ketten schließen?«
    »In diesem Zustande? Unmöglich!«
    »Einen Gefängnißwärter an sein Bett setzen?«
    »Meinetwegen!«
    »Oder Militärposten um das Haus legen?«
    »Das wäre das Beste. Jedenfalls ist ärztliche Behandlung jetzt das Allernothwendigste. Meine anderweiten Pflichten erlauben mir nicht, hier auszuharren; aber ich bin der Ansicht, daß ein tüchtiger Arzt nur allein für ihn beschafft werden muß. Derselbe hat hier zu bleiben und hier zu wachen, bis das Leben des Kranken außer aller Gefahr ist. Ich aber muß heute noch fort.«
    »So wird es gerathen sein, zu telegraphiren.«
    »Ja. Telegraphiren Sie nach der

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