Der Vermesser (German Edition)
scheint, der Gestank in diesen Kloaken ist so übel, dass er das Hirn eines Mannes zu Scheiße macht.«
Der Quadratschädel lachte laut auf, und der Captain grinste affektiert. Er lehnte sich zurück und wollte noch etwas sagen, als plötzlich eine schrille Glocke erklang. Schon im nächsten Moment drängten die Zuschauer schneller aus der Kampfarena, als Wasser durch eine Röhre fließt, und Spanks’ Gehilfe sprang in den Ring, um die noch lebenden Ratten so rasch wie möglich in den Käfig zurückzuscheuchen. Spanks kam auf den Captain zugeeilt.
»Die Polypen sind im Anmarsch, meine Herren«, flüsterte er und deutete dabei mit dem Kopf zur Zimmerdecke. »Tut mir leid. Jemand muss ihnen einen Wink gegeben haben. Wenn Sie mir folgen wollen …«
Der Captain griff mit der einen Hand nach der Brandyflasche, mit der anderen nach Ladys Leine. »Und was wird aus dem Kampf?«, fauchte er Spanks an, der ihn und die verbliebenen Zuschauer zu einer zweiten Falltür an der feuchten Mauer hinter einem Eisengitter dirigierte. Tom senkte den Kopf und schlug den Kragen hoch. Lady, nur zwei, drei Meter vor ihm, hob die Schnauze und schnüffelte, ihr rosa Gesicht verwirrt und wachsam. »Es ist mir egal, wenn die Wetteinsätze nicht so hoch sind, wie Sie es mir versprochen haben. Wenn Sie es riskieren würden, nur einen Augenblick …«
»Nächste Woche, mein lieber Freund«, erwiderte Spanks mit sanfter Stimme und drängte die letzten Männer zur Eile. Der Captain bemerkte nicht, wie Tom lautlos an ihm vorbeischlich, aber Ladys Nase zuckte für einen kurzen Augenblick. Als Spanks den Schlüssel umdrehte und ihn unter seinen Rockschößen verschwinden ließ, zerrte sie an der Leine. »Nächste Woche. Die Wetten stehen.«
»Sorgen Sie gefälligst dafür, dass sich das Warten auch lohnt«, fauchte der Captain durch das Gitter, und erneut tönte von der Treppe der Klang von Metall auf Metall wie bei einem Schmied. »Ich will doppelt so hohe Wetten, verstanden? Doppelt so hohe!«
Blitzschnell wandte sich Tom um und zwinkerte Lady zu, einen Finger an den Lippen. Mit verhaltenem Winseln wedelte sie wild mit dem Stummelschwanz und wollte sich auf ihn stürzen, doch der Captain riss sie an der Leine zurück.
»Nun machen Sie doch endlich!«, rief der Quadratschädel nervös aus der Gasse herüber.
Tom huschte unter einen Torbogen, als Lady die Stufen heraufstürmte, den Captain im Schlepptau hinter sich herziehend. In der Gasse blieb sie stehen und schnüffelte, den Schwanz mit einem Mal ruhig.
»Komm schon, du blödes Vieh!«
Der Captain zerrte an ihrer Leine. Lady versuchte sich dagegenzustemmen, aber auf dem gefrorenen Boden fanden ihre Krallen keinen festen Halt. Noch während er sie durch die Gasse schleifte und sich ihre weißen Umrisse in der Dunkelheit allmählich verloren, reckte sie die Schnauze in die Luft, aber ihre Schultern wirkten seltsam schlaff. Tom konnte es kaum ertragen, sie gehen zu lassen. Es war für ihn ein langer Nachhauseweg. Als er die Tür zu seiner Unterkunft aufschloss, wusste er, was er wollte. Er musste sie wiederhaben. Mit dem Geld würde es nichts werden; selbst wenn der Captain so viel dabeihatte, würde es ihm nicht gelingen, es an sich zu bringen. Aber er würde alles tun, um die Hündin wiederzubekommen. Und er würde diesen wortbrüchigen Dreckskerl von Captain an seine Abmachung erinnern, er würde ihn sich schnappen, und wenn es das Letzte wäre, was er im Leben zustande brachte. Tom war vielleicht nicht gebildet, aber er war ein ausgekochter Spieler und wusste, dass man sich nicht nur auf sein Glück verlassen durfte, wenn man das Blatt zu seinen Gunsten wenden wollte. Der Captain würde schon noch merken, dass er nicht der Einzige war, der wusste, wie man falsch spielt.
XX
S pratt leistete ganze Arbeit. Auf einem Blatt Papier mit dem Briefkopf der Baubehörde nahm er sowohl dem Vorarbeiter als auch dem Ausspüler eine namentlich unterzeichnete Erklärung ab. Der Vermesser habe sich ungebührlich verhalten, versicherten sie, und er habe unterirdische Bauwerke beschädigt. Ein derartiges Verhalten im Tunnel, fügten sie noch hinzu, könne zu einer tödlichen Gefahr werden. Auf Drängen des Schreibers sahen sich die beiden Männer außerdem genötigt zu sagen, der Vermesser habe gewissermaßen den Eindruck erweckt, er sei nicht ganz bei Sinnen. Keiner der beiden erhob Einwände dagegen, dies als »nervöse Hysterie« zu bezeichnen. Um dieses Bild abzurunden, fügte Spratt eine lebhafte
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