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Der Vermesser (German Edition)

Der Vermesser (German Edition)

Titel: Der Vermesser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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Mantelhaare sich sträubten wie das Fell eines gereizten Katers, während sie überschwänglich die glorreichen Kämpfe ihrer Hunde beschworen. Das Hauptereignis des Abends, für das bereits hohe Wetten abgeschlossen wurden, sollte der Kampf eines Hundes namens Butcher gegen vierzig Ratten sein. Nach und nach erstarben die Gespräche. Geld wechselte den Besitzer, bisweilen hohe Beträge. Ein Straßenhändler, dessen Gesicht den Kartoffeln ähnelte, die er verkaufte, setzte zwanzig Pfund darauf, dass Butcher in drei Minuten vierzig Ratten schaffte. Auf einem Stuhl neben der Tür sitzend, einen elegant beschuhten Fuß über das Knie gelegt, strich Brassey über die Ärmel seiner speckigen schwarzen Jacke und zog eine große Uhr aus der Westentasche.
    Allmählich wurden die Hunde unruhig. Einer, eine Bulldogge mit Augen so rotbraun wie rohe Leber, knurrte Tom an, als er vorbeiging, und zerrte unbändig an der Kette, als würde er ihm am liebsten die Kehle durchbeißen. Sein muskulöser Körper war mit bläulichen Narben übersät, und seine Stirn wölbte sich bedrohlich vor, als er die Zähne fletschte, die gelb und schmierig aussahen wie mit Talg überzogene Eisendornen. Geifer tropfte ihm aus dem Maul. Die weit auseinander stehenden Ohren an seinem flachen Kopf waren zerbissen, eines fast in zwei Teile zerfetzt. Eine graue Maserung zierte das Fell in der tiefen Mulde zwischen den kräftigen Schultern. Der berühmte Butcher. Im Schatten des aussichtsreichsten Matadors stand ein listig dreinblickender Bullterrier, das eine Auge schwarz umrandet. Seine Beine waren krumm wie die eines Stallknechts. Er knurrte, ließ die Muskeln spielen und scharrte mit den Krallen tiefe Rillen in die schrundige Tischplatte. Das Bellen und Jaulen wurde immer lauter und übertönte bald das Stimmengewirr und das Klappern der Bierkrüge.
    Nur ein Hund stand völlig reglos da, die Augen starr auf den mit Sägemehl bestreuten Boden gerichtet. Festgebunden mit einer Leine, die um ein Stuhlbein geschlungen war, schien er für den Radau um ihn herum taub zu sein. Tom beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. Das glatte, weiße Fell und die eigenartigen rosa Ränder um Augen und Schnauze sowie der rosa Bauch verliehen dem Tier etwas Brutales und zugleich Zartes. Sein Schwanz war zerbissen. Unmöglich zu sagen, welcher Rasse es angehörte, aber es war eine Hündin mit dem stämmigen Körperbau eines Bullterriers und langen, feingliedrigen Beinen. Die Stirn ging wie bei einer Bulldogge direkt in die Schnauze über, aber die Ohren hatten nichts von einer Dogge. Sie passten überhaupt nicht zusammen und schienen nach völlig unterschiedlichen Vorlagen und aus unterschiedlichem Material gemacht: Das linke Ohr, von rosa Äderchen durchzogen wie die Maserung eines Blatts, war wachsam gespitzt, das rechte dagegen, pechschwarz und schartig, hing schlaff über dem rechten Auge. Was dem Tier ein durchaus verwegenes Aussehen verliehen hätte, wäre es nicht so scheu gewesen. Doch so hatte man den Eindruck von einem achtlos zusammengeschusterten Geschöpf. Aus einer Laune heraus schob Tom seine Stiefelspitze dem Tier unter die Schnauze und hob seinen Kopf an. Den Unterkiefer auf Toms Schuh, blinzelte die Hündin mit ihren rosa Augen und starrte ihn an. Tom hielt dem Blick stand.
    »Ich weiß nicht, was der alte Narr mit diesem Vieh hier will«, krächzte eine heisere Stimme hinter einem Zinnkrug. »Jede Ratte, die auch nur ein bisschen was auf sich hält, wird den Köter zum Frühstück vertilgen und nicht mal satt werden dabei.«
    Die Hündin blinzelte erneut, und ihr Kopf schien noch etwas schwerer auf Toms Stiefel niederzusinken.
    »Der hätte eher ’ne Chance, wenn er selbst in den Ring steigen würde!«, pflichtete ein anderer höhnisch bei, während sich ein buckliger Alter mit koboldhaftem Gemurmel an Tom vorbeischob und der Hündin einen heftigen Tritt in die Rippen verpasste.
    »Hoch mit dir, du lausiger Köter«, zischte er und zerrte grob an der Leine. Der Hund rappelte sich auf. »Unnützes Klappergestell.«
    »Du schmeißt das Handtuch, was?«, fragte der mit der heiseren Stimme. »Und ich hab schon befürchtet, das alte Badger ist auch nicht mehr das, was es mal war.«
    Die koboldhafte Fratze des Alten schien wutverzerrt. Mit einem weiteren Ruck an der Leine spuckte er auf den mit Sägemehl bestreuten Boden und verschwand. Die Männer am Tresen kicherten in ihr Bier.
    Ohne die warme, schwere Hundeschnauze fühlte sich Toms Stiefel kalt und dünn an.

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