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Der Verräter von Westminster

Der Verräter von Westminster

Titel: Der Verräter von Westminster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Geschichte abgebrochen hatte, um durch Europa zu reisen. Gower hatte die Vermutung
geäußert, Wrexham habe sich in Deutschland und Russland aufgehalten, doch schien er sich dessen nicht sicher gewesen zu sein. Alles war recht nebulös und stützte sich auf keinerlei irgendwie geartete Beweise. Ganz offensichtlich hatte Narraway es nicht für nötig gehalten, sich näher mit Wrexham zu befassen oder ihn überwachen zu lassen. Vermutlich hatte Gower seine Äußerungen bewusst so formuliert, dass er später behaupten konnte, es gebe Gründe, Wrexham zu verdächtigen.
    Je mehr sich Pitt mit dem vorliegenden Material beschäftigte, desto mehr nahm seine Überzeugung zu, dass sich hinter den bisher entdeckten Einzelhandlungen ein größerer Plan verbarg. Keine dieser Einzelheiten rechtfertigte einen Mord, auch nicht in der Summe. Es musste um eine wichtige Sache gehen – aber welche?
    Am dringendsten schien ihm die Frage, ob man Narraway mit so großem Aufwand des Diebstahls bezichtigt hatte, um sich an ihm für etwas zu rächen. Oder ob die eigentliche Absicht dahinter gewesen war, zu erreichen, dass er aus seinem Amt entlassen wurde und aus England verschwand. Je länger sich Pitt mit dieser Frage beschäftigte, desto ausgeprägter wurde seine Überzeugung, dass Letzteres der Fall war.
    Was hätte Narraway an seiner Stelle den Informationen entnommen? Sicher hätte er das Muster erkannt, das sich dahinter verbarg. Warum konnte Pitt es nicht erkennen? Was entging ihm?
    Während er Ereignisse miteinander verglich und nach Querverbindungen und Gemeinsamkeiten suchte, klopfte es an die Tür, obwohl er ausdrücklich darum gebeten hatte, ihn nicht zu stören. Sofern der Mann, wer auch immer es war, nichts wirklich Wichtiges zu melden hatte, würde er ihn dafür büßen lassen.
    »Herein«, sagte er schroff.

    Die Tür öffnete sich, Stoker trat ein und schloss sie wieder hinter sich.
    Pitt sah ihn kalt an.
    Ohne sich davon beeindrucken zu lassen, begann Stoker: »Ich wollte gestern Abend noch mit Ihnen sprechen. Ich habe Ihre Gattin in Dublin gesehen. Es ging ihr gut, und Mr Narraway kann von Glück sagen, dass sich eine so mutige Frau für ihn einsetzt, obwohl ich sicher bin, dass sie es nicht um seinetwillen tut.«
    Pitt sah ihn aufmerksam an. Der Mann wirkte gänzlich anders als am Vorabend in Croxdales Gegenwart. Worin bestand der Unterschied? Im Respekt, der Loyalität, steckten persönliche Empfindungen dahinter? Oder war es der Unterschied zwischen Wahrheit und Lüge?
    »Haben Sie auch Mr Narraway gesehen?«, fragte Pitt.
    »Ja, aber ich habe nicht mit ihm gesprochen. Es war der Tag, an dem O’Neil erschossen wurde.«
    » Von wem?«
    »Das weiß ich nicht. Ich vermute, dass eine gewisse Talulla Lawless die Täterin ist, weiß aber nicht, ob man das je wird beweisen können. Mr Narraway ist in Schwierigkeiten, Mr Pitt. Er hat mächtige Feinde …«
    »Das ist mir bekannt«, fiel ihm Pitt ins Wort. » Wie es scheint, aus der Zeit vor zwanzig Jahren.«
    »Die meine ich nicht«, sagte Stoker eindringlich. »Jetzt, hier in Lisson Grove. Derjenige, der ihn in Verruf bringen und aus dem Land haben wollte, hat auch dafür gesorgt, dass man Sie nach Frankreich lockte, in die andere Richtung, damit Sie nicht mitbekamen, was hier gespielt wurde, und Mr Narraway nicht helfen konnten.«
    »Sagen Sie mir alles, was Sie über die Vorfälle in Irland wissen«, verlangte Pitt. »Und setzen Sie sich!« Ihm lag weniger an Einzelinformationen als an der Möglichkeit, abzuwägen, was
Stoker sagte, sich ein Bild vom Wahrheitsgehalt seiner Äußerungen zu machen. Nur so konnte er feststellen, auf wessen Seite der Mann stand.
    Stoker kam der Aufforderung nach, ohne sich weiter darüber zu äußern. Vermutlich hatte er begriffen, worum es Pitt ging, doch war seinen Zügen nichts anzumerken.
    »Ich war nur zwei Tage da«, begann er.
    » Wer hat Sie geschickt?«, unterbrach ihn Pitt.
    »Niemand. Ich habe es so hingestellt, als hätte mir Mr Narraway vor seiner Abreise den Auftrag dazu erteilt.«
    »Warum?«
    » Weil ich ihn ebenso wenig für schuldig halte wie Sie«, sagte Stoker voll Bitterkeit. »Auch wenn er manchmal kühl und schroff wirkt, würde er nie sein Land verraten. Man hat ihn aus dem Weg geräumt, weil den Leuten bewusst war, dass Mr Narraway sofort durchschauen würde, was hier gespielt wird, und dann wäre damit schon bald Schluss gewesen. Dieselben Leute waren überzeugt, dass auch Sie ihnen in die Quere kommen würden, auch

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