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Der Verräter von Westminster

Der Verräter von Westminster

Titel: Der Verräter von Westminster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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die darauf zurückging, dass er unvermittelt auf sich allein gestellt war.
    Er überquerte die Brücke, nahm am anderen Ufer der Themse eine Droschke und ließ sich nach Hause fahren.
    Nachdem er sich dort einen Schluck Macallan eingegossen hatte, sein Lieblings-Single-Malt-Whisky, ging er zum Tresor und nahm die wenigen Papiere heraus, die er zum Fall Mulhare im Hause aufbewahrte. So gründlich er sie durchlas, er konnte ihnen nichts entnehmen, was er nicht bereits wusste. Neu war für ihn lediglich, dass das für Mulhare bestimmte Geld binnen zwei Wochen ohne sein Wissen auf das Konto zurückgebucht worden war, von dem es seinen Ausgang genommen hatte, ohne dass ihm die Bank Mitteilung davon gemacht hätte.
    Noch kurz vor Mitternacht saß er da und starrte die Wand an, ohne etwas zu sehen. Mit einem Mal riss ihn ein Geräusch aus seiner Versunkenheit. Es kam von den Fenstertüren, die auf den Garten gingen, und klang wie ein Anklopfen. Es konnte kein Zweig sein, der dagegenschlug, sondern musste von den Fingerknöcheln eines Menschen verursacht worden sein. Einen Augenblick lang erstarrte er, dann stand er auf. Die Geschwindigkeit, mit der er das tat und sich vom Licht und vom Fenster fortbewegte, zeigte ihm, wie angespannt er war.
    Es klopfte erneut, und er sah zu dem Schatten hin, der sich vor dem Fenster abzeichnete. Undeutlich konnte er das Gesicht eines Mannes erkennen, der sich völlig still hielt, als wolle er erkannt werden. Einen Augenblick kam Narraway der Gedanke, es könne sich um Pitt handeln, doch sogleich verwarf er ihn wieder. Erstens befand sich Pitt in Frankreich, und zweitens war der Mann draußen kleiner.
    Er musste sich konzentrieren, nachdenken. Durch den unvermuteten Schlag, den man ihm versetzt hatte, war er wie betäubt.
Von einem Augenblick auf den anderen hatte man ihm nahezu alles genommen, woran ihm lag. Seinen Lebensinhalt, die Achtung anderer, wenn nicht sogar sein Selbstwertgefühl, und darüber hinaus einen großen Teil seiner Lebensfreude.
    Der Mann vor dem Fenster konnte nur Stoker sein. Das hätte er sich gleich denken müssen. Mit einem Mal kam er sich lächerlich vor, wie er dort im Schatten stand, als habe er Angst. Er trat an die Doppeltür, die zum Garten führte, und öffnete sie weit.
    Stoker kam herein. Seine Haare waren vom Nieselregen nass; er schien ein ganzes Stück zu Fuß gegangen zu sein. Das hoffte Narraway und auch, dass er mehrfach die Droschke gewechselt hatte, um eventuellen Beschattern das Leben schwer zu machen. Dann sah er, dass Stoker einen großen dicken Umschlag unter seiner Jacke verborgen hielt.
    »Was tun Sie hier?«, fragte er ihn mit ruhiger Stimme und schloss die Vorhänge. Bis dahin hatte es keinen Grund dafür gegeben, und er hatte den Anblick des Gartens im Dämmerlicht genossen, den Vögeln und dem allmählichen Zunehmen der Dunkelheit zugesehen, wahrgenommen, wie sich gelegentlich Blätter in der leichten Brise bewegten.
    »Ich hab Ihnen einige Papiere mitgebracht, die Ihnen vielleicht nützen können, Sir«, gab Stoker mit gleichmütig klingender Stimme zurück, wobei er ihn unverwandt ansah. Seine Körperhaltung war angespannt und zeigte Narraway, dass dem Mann bewusst war, welche Gefahr er damit auf sich nahm.
    Narraway nahm den Umschlag entgegen, warf einen Blick auf die Papiere und blätterte sie rasch durch, um zu sehen, worum es sich handelte. Mit einem Mal stockte ihm der Atem, und seine Finger wurden starr. Es waren Unterlagen über einen zwanzig Jahre zurückliegenden Fall in Irland. Die Erinnerung daran überwältigte ihn aus einer Reihe von Gründen,
und es überraschte ihn zu sehen, wie deutlich ihm plötzlich alles wieder vor Augen stand.
    Es war, als habe er die Menschen, um die es ging, erst vor wenigen Tagen gesehen. Er konnte sich an den Geruch des Torffeuers in dem Zimmer erinnern, in dem er bis weit in die Nacht mit Kate über den geplanten Aufstand gesprochen hatte. Er war beinahe sogar noch imstande, sich an den genauen Wortlaut zu erinnern, mit dem er ihr klarzumachen versucht hatte, dass das Vorhaben der Iren auf jeden Fall fehlschlagen und in seinem Gefolge noch mehr Tod und Bitterkeit mit sich bringen werde.
    Mit einer Genauigkeit, die ihn nach wie vor schmerzte, konnte er sich an ihren Blick erinnern, an den Lichtschein, den die Lampe auf ihre Haut warf, den Klang ihrer Stimme, wenn sie seinen Namen aussprach – und an sein Schuldgefühl.
    Vor seinem inneren Auge sah er die Wut Cormac O’Neils, auf die Gram gefolgt

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