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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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ruhig, widerstand dem Drang, etwas zu sagen. Okay, also Plan B.
    Ich nahm die Betäubungspistole, hielt sie ihm dicht vor die Augen und drückte auf den Auslöser. Zuckende Tentakel aus bläulicher Stromspannung knisterten zwischen den Elektroden, und der beißende Geruch von Ozon durchdrang die Luft. Er versuchte, seinen Kopf wegzuziehen, aber er hatte keine Ausweichmöglichkeit.
    Ich nahm den Finger vom Auslöser. »Vergessen Sie nicht, Mr. Crawley, mein Versprechen, Ihnen nicht wehzutun, war mit einer Bedingung verknüpft. Wir wollen uns doch daran halten, ja?«
    Die Wahrheit war, dass ich ihm wirklich nicht wehtun wollte. Angst motiviert viel besser als Schmerz. Bei Angst geht es um Vorwegnahme, Vorstellungskraft. Schmerz ist real und quantifizierbar. Sobald der Schmerz beginnt, hat der Betroffene keine Angst mehr davor – weil er ja schon da ist, sich bereits ereignet. Unter Umständen denkt der Betroffene, okay, das ist schlimm, aber ich kann es aushalten. Und es kann sogar sein, dass er damit Recht hat. Wenn man also jemanden verhört, büßt man einen Großteil seiner Überlegenheit ein, sobald man ihm tatsächlich Schmerzen zufügt. Das wollte ich möglichst vermeiden.
    Ich legte die Betäubungspistole beiseite. »Wir sollten uns nicht hinter Euphemismen und vagen Anspielungen und unbestimmten Pronomen verstecken, okay?«, sagte ich, als wäre er ein Kind und ich würde ihm die Klassenregeln erklären. »Sie müssen mir genau sagen, wer hinter mir her ist und warum. Falls sich herausstellt, dass Sie nur ein kleiner Statist bei der ganzen Sache sind, werden Sie unser Gespräch überleben.«
    Ich hatte ihm soeben eine kleine Hoffnungstür geöffnet. Um geradewegs hindurchzugehen, brauchte er nur ein paar Leute aus seiner Umgebung zu verraten.
    Angst vor Schmerz, Hoffnung auf Rettung. Vier von fünf befragten Vernehmungsbeamten empfahlen diese Kombination …
    »Okay«, sagte er und nickte gegen das Kissen, »okay. Wenn ich Ihnen alles erzähle, was ich weiß, versprechen Sie dann, mich laufen zu lassen?«
    Selbstbetrug. Eigentlich jämmerlich. Aber es gibt Menschen, die schwierige Zeiten nur so überstehen können. Offenbar zählte Crawley auch dazu.
    »Ja«, sagte ich. »Aber vergessen Sie nicht, ich weiß schon eine ganze Menge. Ansonsten wäre ich nicht hier. Falls Sie irgendwas weglassen, merke ich das.«
    »Ich verstehe«, nickte er und sah die Tür noch ein Stück weiter aufgehen. »Ich werde nichts weglassen.«
    Ich sagte nichts. Nach einem Moment atmete er wieder tief durch und sagte: »Der Mann, den Sie … ausschalten sollen. Der hat davon erfahren. So hat das Ganze angefangen.«
    »Sagen Sie seinen Namen.«
    »Seinen Namen?«
    »Was hab ich Ihnen gerade über vage Anspielungen gesagt? Wollen Sie rausfinden, wie weit Sie es mit mir treiben können? Nun sagen Sie schon seinen verdammten Namen.«
    Kurzes Schweigen trat ein. Er sah aus, als müsste er sich übergeben. Er sagte: »Belghazi.«
    »Gut. Wie hat Belghazi von mir ›erfahren‹?«
    »Es wurde jemand nach Macau geschickt, um ihn zu töten. Zumindest glaubt Belghazi das. Ein Franzose namens Nuchi, ein unabhängiger Auftragskiller mit guten Kontakten im Nahen Osten. Vor knapp einer Woche ist er in Macau mit gebrochenem Genick aufgefunden worden, genau zur selben Zeit, als dieser Mann … Belghazi auch dort war. Belghazi wollte wissen, was passiert war. Ob wir wussten, wer den Kerl geschickt hat und so weiter.«
    »Was habt ihr ihm gesagt?«
    »Dass wir nicht informiert waren. Und das stimmte auch. Aber als ich anfing, mich mit der Sache zu beschäftigen, fand ich heraus, dass wir jemanden auf ihn angesetzt hatten, nur eben nicht Nuchi. Sondern Sie.«
    »Aber den anderen Mann habt ihr nicht beauftragt?«
    »Wer kann das schon mit Sicherheit sagen? Dieser Mist ist offensichtlich von außen angeleiert worden, sonst wären Sie ja gar nicht erst ins Spiel gekommen. Aber ich glaube, nicht mal die Idioten, die Sie beauftragt haben, wären so blöd gewesen, gleich zwei Spezialisten auf ein und dieselbe Zielperson anzusetzen, ohne dass die voneinander wussten.«
    Er wurde gesprächiger, und das war gut so. Ich wollte ihn bei der Stange halten, seine neu gefundene Redseligkeit fördern. Damit er sich bereits an die Dynamik gewöhnt hatte, wenn wir endlich zum eigentlichen Kern kamen, und der Akt des Verrats ihm dann nicht wesentlich schlimmer vorkam als das, was er schon im Vorfeld gesagt und getan hatte. Eine gute Vernehmung hat nämlich viel eher mit

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