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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Gesprächsführung, dem höflichen Hin und Her der Verhandlung. Schon wieder Selbstbetrug. Ein Mann bricht in deine Wohnung ein, lauert dir auf, setzt dich außer Gefecht, fesselt dich, aber – kein Problem! – du bist bereit, ihm trotzdem zu glauben, dass er Wort halten wird. Zumindest willst du verzweifelt daran glauben, dass du ihm trauen kannst, und die strahlende Hoffnung triumphiert wie so oft über die gedämpfteren Farben des gesunden Menschenverstandes und des reinen Instinktes.
    »Also, Belghazi liefert euch Informationen, und ihr bietet ihm dafür Schutz«, fasste ich das zuletzt Gesagte zusammen, um ihm noch mehr zu entlocken.
    »Ja. Diese Methode ist nicht ungewöhnlich. Bei der Polizei ist so was an der Tagesordnung. Ohne das wäre die Verbrechensbekämpfung gar nicht mehr möglich.«
    »Belghazi ist ein Spitzel«, sagte ich.
    »Genau.«
    Mir war klar, dass er das Gespräch von der speziellen Beziehung zwischen der CIA und Belghazi weggelenkt hatte und jetzt über die allgemeine Bedeutung solcher Beziehungen in der Verbrechensbekämpfung sprach. Nicht schlecht. Aber vergebens.
    »Ihr ›schützt‹ Belghazi also«, sagte ich. »Erzählen Sie mir mehr darüber.«
    Seine Pupillen weiteten sich, und seine Augen huschten wieder nach links. Er wollte mir nicht die Wahrheit sagen und suchte nach einem annehmbaren Ersatz.
    »Ich merke, dass Sie nicht darüber reden wollen, Mr. Crawley«, sagte ich, »und dass Sie dabei sind, sich etwas auszudenken. Deshalb sollten Sie sich, ehe Sie weiterreden, über eines im Klaren sein: Wenn ich spüre, dass Sie lügen oder auch nur versuchen, etwas unerwähnt zu lassen, werde ich Ihnen das Kissen unter dem Kopf wegziehen und Sie damit ersticken. Stellen Sie sich nur mal vor, wie das wäre.« Ich lächelte, als hätte ich ihm gerade einen schönen Tag gewünscht.
    Er wurde kreidebleich und nickte dann rasch. »Also gut. Manchmal lassen wir ihm Informationen zukommen – beispielsweise über einen geschäftlichen Konkurrenten, ein anderes Geschäft, das gerade anläuft. Mit diesen Erkenntnissen kann Belghazi dann das fragliche Geschäft vereiteln oder ein besseres Angebot machen. Zweimal hat er von uns gelieferte Informationen sogar dazu genutzt, einen Rivalen zu liquidieren, was wir im Allgemeinen für eine nicht unerwünschte Begleiterscheinung halten. Oder wenn wir erfahren, dass er von einem fremden Geheimdienst oder von anderen Polizeibehörden überwacht wird, dann warnen wir ihn.«
    Ich nickte. »Aber das war nicht das, worüber Sie vor einem Moment noch überlegt haben, wie Sie es mir vorenthalten können«, sagte ich mit bedauerndem Tonfall, als dächte ich daran, was ich als Nächstes würde tun müssen.
    »Nein, stimmt«, sagte er hastig. »Manchmal, also manchmal setzen wir auch Leute vor Ort ein. Beaufsichtigen einen Transfer.«
    Na bitte, da war er endlich. Der Augenblick der Wahrheit.
    »Sie reden ständig von ›wir‹«, sagte ich. »Wer steckt da noch mit drin?«
    Er schloss die Augen und nickte mehrmals, als wollte er sich selbst Mut zusprechen. Dann sagte er: »Es gibt da einen ehemaligen Officer der Nahostabteilung. Er ist jetzt NOC, also ein Nonofficial Cover, ein inoffizieller Undercoveragent in Hongkong, und er hat Verbindung zum Counter Terrorism Center. Er hat sehr viel Spielraum und sehr viel Autorität. Die anderen Officer, die dort stationiert sind, lassen ihm jede Menge Entscheidungsfreiheit und Machtbefugnis.«
    »Warum?«
    Er seufzte. »Die Leute vom CTC sind irgendwie unheimlich. Unsere Leute wissen im Grunde nicht, was die CTC-Leute so aushecken. Menschenskind, ich weiß ja selbst nicht, was die so planen – zum Beispiel hatte ich doch keine Ahnung, dass das CTC in Langley beschlossen hat, Belghazi zu liquidieren. Jedenfalls haben alle so ein bisschen das Gefühl, dass diese CTC-Typen irgendwie finster sind und dass es vielleicht sogar besser ist, nicht allzu viel zu wissen. Verstehen Sie, die reden nicht viel über das, was sie vorhaben, aber sie tun schließlich Gottes Werk, also keine Fragen, keine Debatten. Die lässt man lieber in Ruhe, trinkt einen mit den üblichen diplomatischen Verdächtigen, schreibt einen nachträglichen Einsatzbericht und legt sich aufs Ohr.«
    »Und dieser Bursche in Hongkong …«
    »Der kennt Belghazi aus seiner Zeit in der Nahostabteilung.«
    Endlich hatte ich den Zusammenhang, nach dem ich gesucht hatte: von Belghazi über Mr. NOC zu Crawley.
    Aber Hongkong … irgendwas an dieser Hongkongverbindung gab

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