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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Visage vom guten Crawley in jedes Bulletin Board deiner Wahl! Der Idiot hat nicht mal mitgekriegt, dass ich das Foto geschossen hab.«
    »Wer ist der Mann?«, fragte ich.
    »Tja, laut seinem Lebenslauf ist er in der Abteilung für Konsularfragen im State Department.«
    Ich musste unwillkürlich lächeln. »Die Abteilung für Konsularfragen scheint heutzutage ja einen weiten Zuständigkeitsbereich zu haben.«
    Er lächelte zurück. »Das kann man wohl sagen.«
    »Wie hast du das rausgefunden?«, fragte ich.
    »Ach komm schon, Kumpel, ich kann dir doch nicht alle meine Quellen und Methoden verraten! Du weißt doch, Zauberer erklären ihre Tricks nicht gern.«
    Ich sah ihn an und sagte nichts.
    »Also schön, meinetwegen, wollte mir nur ein Späßchen mit dir erlauben. Du musst nicht immer gleich todernst werden und böse Augen machen und so. Ich hab die Fotos in die Database der CIA eingegeben. Da werden Bilder aus elektronischen Medien gesammelt – Online-Ausgaben von Zeitungen und Illustrierten, Video, was du dir denken kannst. Du gibst die Fotos ein, und das System macht sich auf die Suche nach Übereinstimmungen. Das funktioniert mit etwas, das sich XML nennt – Extensible Markup Language – oder so ähnlich. Wie bei Google, aber mit Bildern statt Worten.«
    »Und es hat geklappt?«, fragte ich und dachte: Himmel, womit kommen die wohl als nächstes?
    »Und ob. Allerdings hat es mir auch ein paar tausend falsche Treffer geliefert. Die CIA hat noch einiges vor sich, bis Google Grund hat, in Panik zu geraten, das kann ich dir sagen. Aber du kennst mich ja, ich amüsier mich gern, aber ich kann auch hartnäckig sein. Ich bin sämtliche Treffer durchgegangen, bis ich auf das unvergessliche Gesicht von Mr. Crawley stieß.« Er griff in seine Tasche, holte ein Stück Papier heraus, faltete es auseinander und reichte es mir. »Sieh mal. Das da ist er, direkt neben dem Botschafter in Jordanien, auf einer Pressekonferenz, die der Botschafter in Amman gegeben hat. Sieht wichtig aus, was?«
    »Sehr. Was wollte er?«
    Er beugte sich vor. »Ja, jetzt wird’s interessant. Er hat mir erzählt, dass er ganz besonders wichtige Interessen der US-Regierung vertritt. Dass die entsprechenden Figuren dahinter sich aber aus Gründen der nationalen Sicherheit von gewissen Aktionen distanzieren müssten und sich daher nicht persönlich mit mir treffen könnten, so gern sie das ansonsten auch täten. Ja, ›gewisse Aktionen‹, das waren seine Worte. Ich glaube, der hat sich gern reden gehört. Auf jeden Fall hat er mir erzählt, dass ein ehemaliger Undercoveragent durchgeknallt ist und ein paar Verbündete in Hongkong und Macau umgelegt hat. Der Mann müsste ›entfernt‹ werden, so hat er gesagt. Ich hab gesagt: ›Entfernt?‹ Du weißt schon, ich hab mir einen kleinen Spaß mit ihm gemacht. Und der Kerl nickt und sagt mit todernster Stimme, so wie er wahrscheinlich meint, dass richtig wichtige Regierungsvertreter über so was reden sollten: ›Wir möchten, dass seine Aktivitäten beendet werden.‹ Gott steh mir bei, aber ich konnt’s mir einfach nicht verkneifen, ich habe große Augen gemacht und ihn gefragt: ›Mit fatalen Konsequenzen für ihn?‹ Und der Typ nickt nur einmal kurz, als hätte er Angst, er könnte Ärger kriegen, wenn er den Kopf öfter bewegt.«
    »Und dann?«
    »Och, bloß die übliche Lobhudelei für meine Einsätze in der Vergangenheit und Appelle an meinen Patriotismus. Kennst du ja. Dann erzählt er mir, dass ich fünfundzwanzigtausend sofort und weitere fünfundsiebzigtausend bei Auftragserfüllung kriege, wenn ich diesen kleinen Dienst übernehme, um den Uncle Sam mich bittet.«
    »Und was hast du gesagt?«
    »Ich hab gesagt, dass es mir natürlich eine Ehre sein würde, meinem Land in dieser viel versprechenden Angelegenheit zu dienen. Er gibt mir einen Schlüssel für ein Schließfach, schüttelt mir die Hand, bedankt sich – noch mal! – für meinen ›Patriotismus‹ und spaziert von dannen. Ich geh zu dem Schließfach, und siehe da, der ›durchgeknallte Agent‹ ist niemand anderer als mein Freund aus den guten alten Tagen in Afghanistan, der intelligente und charmante Mr. John Rain.«
    Ich nickte, überlegte kurz und sagte dann: »Warum erzählst du mir das? Hast du nicht gesagt, ›Chancen sind rar gesät‹? Wieso hast du den Job nicht einfach erledigt und das Geld genommen?«
    »Ich will dir mal was sagen, Kumpel. Es gibt ein paar Dinge, die ein Marine nie tun würde, nicht mal wenn’s um

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