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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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habe bei der Wahl ihres Studienfaches überhaupt keine Rolle gespielt. Sie wolle den Menschen helfen. Dasselbe behaupteten Jurastudenten von sich. Wir hatten allesamt gelogen.
    Sie sah ins Feuer und rechnete die Sache im Kopf durch. Ich nahm an, dass sie an die Miete dachte. Es war eine sehr hübsche Wohnung. Für zweitausendvierhundert im Monat hätte sie noch viel hübscher sein sollen. Die Möbel waren elegant. Wir waren stolz auf unsere Wohnung - die richtige Adresse, ein schönes Reihenhaus, ein gepflegtes Viertel -, aber wir verbrachten hier viel zu wenig Zeit. Und wir luden nur selten Gäste ein. Ein Umzug würde auch ein Umbruch sein, doch den konnten wir verkraften.
    Über unsere Finanzen hatten wir immer offen gesprochen, es gab keine versteckten Kassen. Sie wusste, dass wir etwa einundfünfzigtausend Dollar in Investmentfondspapieren besaßen und zwölftausend auf dem Girokonto hatten. Ich war erstaunt, wie wenig wir in sechs Jahren Ehe gespart hatten. Wenn man als ehrgeiziger junger Anwalt in einer großen Kanzlei arbeitet, kommt es einem so vor, als würde der Geldstrom nie versiegen.
    »Ich nehme an, es wird einige Veränderungen geben, sagte Claire und musterte mich mit kaltem Blick. Das Wort »Veränderungen« hatte mehrere Untertöne.
    »Das nehme ich auch an.«
    »Ich bin müde«, verkündete sie. Sie trank ihr Glas aus und ging ins Schlafzimmer.
    Wie armselig, dachte ich. Wir brachten noch nicht einmal genug Wut auf, um uns einen ordentlichen Streit zu liefern.
    Ich sah natürlich, was für ein Bild ich abgab. Es war eine wunderbare Geschichte: Junger, ehrgeiziger Jurist wird zum Anwalt der Armen und kehrt der Geldmaschine den Rücken, um für einen Apfel und ein Ei zu arbeiten. Auch wenn sie den Eindruck hatte, dass ich im Begriff war, den Verstand zu verlieren, fiel es Claire schwer, einen Heiligen zu kritisieren.
    Ich legte noch ein Scheit aufs Feuer, schenkte mir ein zweites Glas Wein ein und schlief auf dem Sofa.

    DREIZEHN

    Die Teilhaber hatten ihr eigenes Kasino in der siebten Etage, und bei den Angestellten galt es als Ehre, dorthin eingeladen zu werden. Rudolph gehörte zu den Menschen, die dachten, eine Schale irische Haferflocken um sieben Uhr morgens, eingenommen in diesen heiligen Hallen, würde mir helfen, wieder zur Besinnung zu kommen. Wie konnte ich mich einer Zukunft verweigern, in der mich Kraftfrühstücke dieser Art erwarteten?
    Er hatte gute Nachrichten. Gestern Abend habe er mit Arthur gesprochen, und man habe vor, mir eine zwölfmonatige Abwesenheit zu genehmigen. Die Kanzlei werde das Gehalt, das ich in meinem neuen Job verdiente, entsprechend aufstocken. Es sei ein ehrenwertes Unterfangen, und sie seien der Meinung, man müsse mehr tun, um die Rechte der Armen zu verteidigen. Man werde mich also ein ganzes Jahr lang als Gratisanwalt betrachten, und alle Beteiligten würden zufrieden sein. Wenn ich meine anderen Interessen zur Genüge verfolgt hätte, würde ich mit neuer Energie zu Drake & Sweeney zurückkehren und meine Talente wieder voll und ganz in den Dienst der Kanzlei stellen.
    Ich war beeindruckt und gerührt von diesem Angebot, das ich nicht einfach ablehnen konnte. Ich versprach ihm, darüber nachzudenken und eine schnelle Entscheidung zu treffen. Er wies mich darauf hin, dass diese Regelung, da ich kein Teilhaber sei, noch vom Vorstand abgesegnet werden müsse. Einen solchen Urlaub für einen Mitarbeiter habe es bei Drake & Sweeney bisher noch nie gegeben.
    Rudolph versuchte verzweifelt, mich zu halten, und das hatte nur wenig mit Freundschaft zu tun. Unsere Abteilung für Kartellrecht war vollkommen überlastet. Eigentlich hätten wir noch zwei weitere Mitarbeiter mit meiner Erfahrung gebraucht. Es war der denkbar ungünstigste Moment, um die Kanzlei zu verlassen, aber das war mir gleichgültig. In dieser Kanzlei arbeiteten achthundert Anwälte. Man würde eine Möglichkeit finden, die Lücke zu schließen.
    Im Vorjahr hatte ich knapp siebenhundertfünfzigtausend Dollar in Rechnung gestellt. Darum bekam ich ein Frühstück in diesem hübschen Raum serviert und durfte mir anhören, womit sie mich zum Bleiben bewegen wollten. Und darum mochte es sinnvoll erscheinen, mein Jahresgehalt den Obdachlosen oder irgendeiner Hilfsorganisation zu spenden und mich so nach Ablauf eines Jahres wieder in die Kanzlei zu locken.
    Nachdem er mir den Vorschlag, ich könne ein Sabbatjahr nehmen, unterbreitet hatte, wandten wir uns den dringlichsten Fällen auf meinem Schreibtisch

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