Der Verrat
Ein paar Sachen tauschten wir mit Finesse. Meine Haltung gegenüber bestimmten Möbelstücken war mehr von der Abneigung, sie zu transportieren, bestimmt als von einem vorhandenen oder nicht vorhandenen Gefühl des Besitzerstolzes.
Ich wollte den Fernseher und ein paar Teller. Das Leben als Junggeselle sprang mich recht unvermittelt an, und ich hatte Schwierigkeiten, mir die Ausstattung einer neuen Wohnung vorzustellen. Claire dagegen hatte bereits Stunden in der Zukunft verbracht.
Aber sie war fair. Wir brachten Beweisdokument C hinter uns und erklärten uns für einvernehmlich getrennt. Wir würden eine Trennungsvereinbarung unterschreiben, sechs Monate warten, gemeinsam vor Gericht erscheinen und unsere Ehe nach den gesetzlichen Bestimmungen scheiden lassen.
Keinem von uns war nach einem kleinen Gedankenaustausch zumute. Ich nahm meinen Mantel, machte einen langen Spaziergang durch die Straßen von Georgetown und dachte darüber nach, wie dramatisch sich mein Leben verändert hatte.
Der Niedergang unserer Ehe war ein langsamer, aber unaufhaltsamer Prozess gewesen. Die Veränderung auf dem beruflichen Sektor aber hatte mich wie ein Schuss aus dem Hinterhalt getroffen. Alles geschah viel zu schnell, aber ich war nicht imstande, es anzuhalten.
VIERZEHN
Das Sabbatjahr wurde vom Vorstand abgelehnt. Obgleich angeblich niemand wusste, was bei diesen Konferenzen hinter verschlossener Tür gesagt wurde, teilte mir ein sehr düsterer Rudolph mit, man habe befürchtet, einen Präzedenzfall zu schaffen. Wenn eine so große Kanzlei einem ihrer Mitarbeiter ein Jahr Urlaub gewährte, konnte das eine Welle von ähnlichen Anträgen anderer Unzufriedener nach sich ziehen.
Es würde also kein Sicherheitsnetz geben. Die Tür würde, kaum dass ich hindurchgegangen war, hinter mir ins Schloss fallen.
Er stand vor meinem Schreibtisch. »Sind Sie sicher, dass Sie wissen, was Sie tun?« fragte er. Polly packte bereits meine Sachen in zwei große Kartons.
»Ja, ich bin sicher«, sagte ich. »Machen Sie sich um mich keine Sorgen.«
»Ich habe versucht, Ihnen zu helfen.«
»Danke, Rudolph.« Er ging kopfschüttelnd hinaus.
Nach Claires gestriger Breitseite hatte ich nicht mehr über das Sabbatjahr nachdenken können. Dringlichere Fragen hatten mich beschäftigt. Ich stand vor der Scheidung, ich war allein und ebenfalls obdachlos.
Meine Gedanken kreisten um eine neue Wohnung, meinen neuen Job, mein Büro, meine Karriere. Ich schloss die Tür und studierte die Wohnungsanzeigen.
Ich würde den Wagen verkaufen und mir die monatliche Ratenzahlung von vierhundertachtzig Dollar sparen. Ich würde eine alte Schrottkiste kaufen, sie hoch versichern und darauf warten, dass sie in der Finsternis der Gegend, in der ich in Zukunft leben würde, verschwand. Bald wurde mir klar, dass ich für eine anständige Wohnung den größten Teil meines neuen Gehalts würde ausgeben müssen.
Ich machte früh Mittagspause, fuhr zwei Stunden lang in Washington herum und sah mir Lofts an. Das billigste war eine Bruchbude für elfhundert im Monat, zu teuer für einen Armenanwalt.
Als ich wieder ins Büro kam, erwartete mich ein neuer Aktendeckel, unbeschriftet und am selben Platz wie der erste. Als ich ihn aufschlug, sah ich zwei Schlüssel, die mit Klebeband auf der linken Seite befestigt waren. Auf die rechte Seite war ein Zettel geheftet.
Der obere Schlüssel ist für Chances Tür, der untere für den Aktenschrank unter dem Fenster. Machen Sie Kopien und legen Sie das Original wieder zurück.
Vorsicht, Chance ist sehr misstrauisch. Lassen Sie die Schlüssel verschwinden.
In diesem Augenblick trat Polly ein, wie sie es oft tat: ohne anzuklopfen und so geräuschlos wie eine plötzliche Geistererscheinung. Sie schmollte und ignorierte mich. Wir arbeiteten seit vier Jahren zusammen, und sie tat, als wäre sie durch meinen Weggang am Boden zerstört. In Wirklichkeit standen wir uns gar nicht so nahe. In wenigen Tagen würde sie in einem anderen Vorzimmer sitzen.
Sie war ein sehr netter Mensch, aber im Augenblick hatte ich andere Sorgen.
Ich klappte den Aktendeckel schnell zu und wusste nicht, ob sie ihn gesehen hatte. Während sie sich mit den Pappkartons beschäftigte, wartete ich auf eine Bemerkung von ihr, doch es kam keine - ein sicheres Zeichen, dass sie nichts gemerkt hatte. Doch da sie den Gang vor meinem Büro ständig im Auge hatte, konnte ich mir nicht vorstellen, wie Hector oder irgend jemand anders ungesehen hatte kommen und gehen
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