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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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besten nicht allein.« Er hatte Abraham Lebow gefragt, der vorhatte, bis um neun zu arbeiten, und riet uns, gemeinsam aufzubrechen. Parken Sie in der Nähe. Gehen Sie schnell. Behalten Sie die Umgebung im Auge.
    »Und? Wie gefällt es Ihnen?« fragte er und blieb auf dem Weg hinaus an der Tür stehen.
    »Ich finde die Arbeit faszinierend. Und der zwischenmenschliche Kontakt hat etwas Beflügelndes.«
    »Hin und wieder wird es Ihnen das Herz brechen.«
    »Das hat es schon.«
    »Das ist gut. Wenn Sie an den Punkt kommen, wo es flicht mehr wehtut, ist es an der Zeit aufzuhören.«
    »Ich habe doch gerade erst angefangen.«
    »Ich weiß, und ich freue mich darüber. Einen Angehörigen der weißen Oberschicht haben wir dringend gebraucht.«
    »Ich freue mich, ein Quotenmann zu sein.«
    Er ging, und ich schloss die Tür zu meinem Büro wieder. Ich hatte festgestellt, dass hier unausgesprochen eine Politik der offenen Tür herrschte. Ich hatte mich den ganzen Nachmittag über Sofia amüsiert, die am Telefon vor den Ohren aller Anwesenden einem Bürokraten nach dem anderen die Hölle heiß gemacht hatte. Auch Mordecai war am Telefon der reinste Kettenhund, der mit tiefer, rauher Stimme Forderungen stellte und üble Drohungen ausstieß. Abraham war viel leiser, aber auch seine Tür stand immer offen.
    Da ich noch nicht wusste, was ich hier eigentlich tat, hielt ich die meine geschlossen. Bestimmt würden die anderen Geduld mit mir haben.
    Ich rief die drei Hector Palmas aus dem Telefonbuch an. Der erste war nicht der Hector, den ich sprechen wollte. Bei der zweiten Nummer hob niemand ab. Die dritte Nummer bescherte mir nur einen Anrufbeantworter. Die Nachricht war kurz und bündig: »Es ist niemand zu Hause - bitte hinterlassen Sie eine Nachricht, wir rufen Sie zurück.«
    Es war Hectors Stimme.
    Die Kanzlei hatte zahllose Verbindungen, und es gab viele Orte, wo man Hector Palma verstecken konnte. Drake & Sweeney beschäftigte achthundert Anwälte und hundertsiebzig Gehilfen und unterhielt Filialen in New York, Chicago, Los Angeles, Portland, Palm Springs, London und Hongkong. Sie waren nicht so dumm, ihn zu entlassen - er wusste zuviel. Also würden sie sein Gehalt verdoppeln, ihn befördern und in eine Filiale in einer anderen Stadt versetzen, wo er obendrein eine größere Wohnung bekommen würde.
    Ich schrieb die Adresse aus dem Telefonbuch ab. Wenn der Anrufbeantworter noch funktionierte, war er vielleicht noch nicht umgezogen. Ich war mir sicher, dass ich ihn mit Hilfe meines frisch erworbenen Straßenwissens würde ausfindig machen können.
    Jemand klopfte leise an die Tür, die dabei aufschwang. Die Falle des Schlosses war alt und schnappte nicht mehr richtig ein. Abraham trat ein. »Haben Sie eine Minute Zeit?« fragte er und setzte sich.
    Das war seine Begrüßung, sein Höflichkeitsbesuch. Er war ein stiller, zurückhaltender Mensch mit einer intellektuellen, intensiven Ausstrahlung, die mich eingeschüchtert hätte, wenn ich nicht die letzten sieben Jahre in einer Kanzlei mit vierhundert Anwälten aller möglicher Couleur verbracht hätte. Ich kannte ein Dutzend Abrahams - ernste, distanzierte Menschen, die von geschmeidigen Umgangsformen nicht viel hielten.
    »Ich wollte Sie willkommen heißen«, sagte er und begann sogleich mit einer leidenschaftlichen Rechtfertigung der Arbeit für die Belange der Öffentlichkeit.
    Er stammte aus der Mittelschicht von Brooklyn, hatte auf der Columbia University Jura studiert, drei grässliche Jahre in einer Kanzlei in der Wall Street, vier Jahre in Atlanta bei einer Initiative gegen die Todesstrafe und zwei frustrierende Jahre auf dem Capitol Hill verbracht. Dann war sein Blick auf eine Kleinanzeige in einer Anwaltszeitschrift gefallen: Ein Rechtsberatungsbüro in der 14th Street suchte einen Anwalt.
    »Das Recht ist eine Berufung«, sagte er. »Es kann nicht nur darum gehen, Geld zu scheffeln.« Und dann kam die nächste Rede, eine Tirade gegen die großen Kanzleien und berühmten Anwälte, die Millionen an Honoraren kassierten. Ein Freund aus Brooklyn verdiente zehn Millionen Dollar pro Jahr mit Prozessen gegen Firmen, die Brustimplantate herstellten. »Zehn Millionen pro Jahr! Damit könnte man jedem einzelnen Obdachlosen in Washington Essen und ein Dach über dem Kopf bezahlen!«
    Jedenfalls freute er sich, dass ich auf den rechten Weg gefunden hatte. Die Sache mit Mister tat ihm allerdings leid.
    »Was machen Sie eigentlich genau?« fragte ich. Die Unterhaltung gefiel mir.

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