Der Verrat
Sake nach. Noch nie hatte eine Mahlzeit ihr so gut geschmeckt, zumal sie nach Herzenslust zugreifen konnte, ohne die Regeln des Anstands beachten zu müssen, wie für eine tayu üblich, und ohne dass der Bordellbesitzer ihr die Kosten für das Essen berechnete und von ihren Einkünften abzog. Beschwingt vom Sake, lachte sie vergnügt und fütterte Himmelsfeuer übermütig mit kleinen Happen. Er saugte genüsslich an ihren Fingern.
Als sie gegessen hatten, zog Himmelsfeuer das letzte und größte Päckchen aus dem Bündel und warf es Wisterie in den Schoß. »Ein Geschenk für dich«, sagte er.
Wisterie öffnete das Päckchen, in dem sie einen Kimono aus purpurrotem Satin entdeckte, mit üppigen Verzierungen aus metallisch blauer Brokade, die Wasserwellen und schwimmende Karpfen darstellten.
»Das ist wunderschön!«, rief Wisterie entzückt.
»Nicht wahr?« Himmelsfeuer lächelte stolz, doch seine lauernde Stimme ließ erkennen, dass er ihrer Begeisterung nicht recht traute. »Der Kimono ist schöner als alle anderen Geschenke, die du von anderen Männern bekommen hast, nicht wahr?« Himmelsfeuer war eifersüchtig auf Wisteries hochrangige, mächtige Liebhaber, die ihr oft kostbare Geschenke gemacht hatten.
»Oh ja!«, sagte Wisterie und streichelte über den weichen Stoff. Sie fragte nicht, woher er den Kimono hatte, denn sie wusste, wie er sich seinen Lebensunterhalt verdiente, und konnte es sich denken. Doch es machte ihr nichts aus, denn der Kimono gehörte nun ihr, war gleichsam ein Versprechen auf eine strahlende Zukunft.
»Jetzt kannst du mir deine Dankbarkeit beweisen«, sagte Himmelsfeuer.
Begierde sprach aus seinen Blicken, während er mit der Hand die Reste der Mahlzeit zur Seite fegte. Dann zerrte er Wisterie so hastig die Kleider vom Leib, dass sie vor Kälte schauderte. Himmelsfeuer riss sich die eigenen Sachen vom Leib und zog Wisterie an seine warme, nackte Haut. Sie stöhnte wohlig und vermochte ihre Begierde kaum zu zügeln. Himmelsfeuer war erst vierundzwanzig und damit so alt wie Wisterie selbst – nicht in den Fünfzigern oder Sechzigern wie die meisten vornehmen Männer, die sich die Dienste einer so schönen tayu wie Wisterie leisten konnten. Wisterie streichelte Himmelsfeuer und genoss die Berührung seines Körpers, der jung und muskulös war, nicht fett vom trägen Leben oder verhärmt vom Alter wie bei den meisten ihrer Kunden in Yoshiwara. Als sie seine Hände auf den Brüsten, dem Gesäß und zwischen den Beinen spürte, empfand sie keinen Ekel, sondern Lust. Als Himmelsfeuer sich dann auf sie schob, glaubte Wisterie, vor Leidenschaft zu vergehen.
»Nimm mich!«, stieß sie hervor und schlang die Beine um seine Hüften. »Ich will dich in mir spüren!«
Plötzlich löste Himmelsfeuer sich vor ihr. »Du kannst es wohl gar nicht erwarten?«, zischte er, schlug ihre ausgestreckten Hände zur Seite und richtete sich auf. » Ich sage, wann und wie etwas geschieht, nicht du!«
Vor Begierde hatte Wisterie nicht mehr daran gedacht, dass Himmelsfeuer ein Mann war, der sich niemals und in keiner Situation etwas sagen ließ. »Verzeih!«, stieß sie rasch hervor, denn die vergangene Nacht hatte ihr gezeigt, wie gefährlich es war, diesen Mann zu reizen. »Verzeih mir bitte …«
Sein Gesicht war gerötet vor Wut und ungezügelter Gier; er keuchte, und von seinem erhitzten Körper stieg der Schweiß auf und kondensierte wie Nebel in der frostkalten Luft. Er packte Wisterie und drehte sie grob herum, dass sie auf dem Bauch zu liegen kam; dann hob er ihr Gesäß an und drang mit hemmungsloser Gier in sie ein, dass sie vor Schmerz und Zorn aufschrie.
»Wehr dich ja nicht!«, rief Himmelsfeuer, während aus der Tür zur Spielhölle plötzlich Gegröle und Gelächter ins Hinterzimmer drangen, als sich dort Gaffer versammelten. »Du gehörst mir! Ich kann mit dir machen, was ich will!«
Himmelsfeuer stöhnte laut, als er sich mit heftigen Stößen dem Höhepunkt näherte. »Hat … Mitsuyoshi … dich auch … so genommen?«, keuchte er. »Hat es dir … mit ihm gefallen …?«
Die rauen Fußbodenbretter zerkratzten Wisteries Knie und Unterarme. Ihr Stolz rebellierte gegen diese entwürdigende Misshandlung, und sie hasste die Spieler und Trinker, die Zeugen ihrer Demütigung wurden, ohne ihr zu Hilfe zu kommen.
»Antworte!«, rief Himmelsfeuer.
»Nein …«, jammerte Wisterie, denn sie wusste, dass Himmelsfeuer den Fürsten mehr als jeden anderen ihrer Kunden gehasst hatte. »Nein, es hat
Weitere Kostenlose Bücher