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Der Verrat Der Drachen: Roman

Titel: Der Verrat Der Drachen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Morgan
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meiner Mutter war damals noch am Leben.«
    Tuon hatte Mitleid mit ihr. Der zweite Prinzgemahl der Führerin nach Nilahs Vater war bei einem Unfall in dem Jahr ums Leben gekommen, als Tuon ins Red Pepino gezogen war; sie erinnerte sich an die Begräbnisprozession durch die Straßen, die Blütenblätter, die von den Dächern wie rote Asche herabgeregnet waren.
    »Es tut mir leid«, sagte Tuon.
    »Warum?« Nilah runzelte die Stirn. »Ich erinnere mich kaum an ihn. Aber was ist mit deinem Vater, Tuon, deiner Mutter? Was ist deine Geschichte? Jeder kennt meine.«
    Tuon zuckte die Schultern. »Meine Eltern waren früher Bauern, ich glaube, auf einem kleinen Hof in Ressina, aber sie sind nach Salmut gekommen, bevor ich geboren wurde.«
    »Warum?«
    »Ein Feuer zerstörte alles; sie konnten nicht noch einmal von vorn anfangen.«
    »Leben sie noch?«
    Tuon lächelte bekümmert. »Nein, sie sind längst tot. Beide von ihnen starben binnen weniger Monate an der Schwindsucht, als ich vier Jahre alt war. Eine Freundin von ihnen hat mich aufgenommen – ausgerechnet eine Hure.«
    »Also bist du auch eine geworden.«
    »Ein Mädchen ohne Geld hat in Salmut nur wenige Möglichkeiten.« Sie seufzte. »Aber jenes Leben liegt nun hinter mir.« Plötzlich kehrte die Erinnerung daran zurück, wie Rorc sie zum Abschied geküsst hatte. Zu viel Schmerz. Ja, viele Dinge lagen hinter ihr.
    »Also beginnt Ihr nun ein neues Leben, mit neuen Menschen«, sagte Ivar, klopfte sich den Staub von den Händen und setzte sich neben sie auf den Boden.
    »Ich glaube, wir werden alle ein neues Leben beginnen müssen«, sagte Nilah. »Was meinst du, Veila?« Sie drehte sich zu der Seherin um, aber Veila schien noch nicht einmal bemerkt zu haben, dass sie überhaupt gesprochen hatte.
    »Veila?« Nilah stieß ihren Arm an, und sie rührte sich.
    »Was hast du gesagt?« Sie runzelte die Stirn, und Nilah schüttelte den Kopf.
    »Schon gut.« Der Blick der jungen Führerin ging zu Ivar hinüber. »Kochst du uns Essen?«
    »Sobald Ihr Hunger habt.«
    »Ich habe jetzt Hunger.«
    »Dann mache ich mich wohl besser an die Arbeit«, antwortete er. Er stand auf, um den Proviant zu holen, und Tuon schaute Veila an. Die Seherin saß immer noch da und starrte in die Flammen, als würde sie etwas darin sehen. Von einem plötzlichen Schauer überlaufen fragte Tuon sich, ob Veila versuchte, sich ins Zwielicht vorzutasten. Sie war sehr still gewesen, seit sie für den Abend Halt gemacht hatten – sogar schon, bevor sie angehalten hatten, wenn sie es recht bedachte. Den ganzen Tag über hatte Tuon immer wieder gesehen, wie Veila sich umgesehen hatte, als hätte sie den Verdacht, dass sie verfolgt wurden, oder wie sie mit starrem, aufmerksamem Blick in den Wald gespäht hatte. Aber die Glaubenstreuen hätten es doch sicherlich bemerkt, wenn jemand ihnen gefolgt wäre? Verunsichert holte Tuon, der plötzlich kalt wurde, als die letzten Sonnenstrahlen schwanden, ihren Mantel aus ihrem Gepäck und ging zu Ivar, um ihm zu helfen.
    Veila konnte ihre Hände nicht warm bekommen, ganz gleich, wie nahe sie sich ans Feuer setzte. Ein Schatten oder eine Bedrohung war den ganzen Tag über in ihrem Hinterkopf angewachsen; sie konnte einen der Vier dort draußen spüren, irgendwo jenseits der Bäume. Sie warf einen Blick auf die Verführer, die in einiger Entfernung saßen. Weder Sinan noch Bernal hatte zu erkennen gegeben, dass sie irgendetwas spürten. Und Morfessa war von den Schriftrollen zu abgelenkt, um auch nur ansatzweise zu bemerken, dass etwas nicht in Ordnung war; er kritzelte Notizen auf einen Fetzen Pergament und sprach leise mit sich selbst. Vielleicht war dieser Eindruck nur für Veila bestimmt. Sie zog sich den Mantel, den Tuon ihr umgelegt hatte, enger um die schmalen Schultern und versuchte, die in ihrer Brust aufkeimende leise Furcht zu unterdrücken. Die Vier waren so lange ein Mythos gewesen, dass es selbst ihr schwerfiel, sich vorzustellen, dass sie auf Erden wandelten. Und es gab zu viel, was sie nicht über sie wusste. Was wollten sie? Würden sie ihnen wirklich gegen ihren Brudergott zu Hilfe kommen?
    »Stimmt irgendetwas nicht?«, fragte Nilah. »Du wirkst verstört.«
    »Es geht mir gut«, antwortete Veila. »Du solltest dich ein wenig ausruhen.«
    Nilahs Gesichtsausdruck wurde gereizt. »Ich bin nicht müde.« Sie stand auf. »Ich glaube, ich gehe mich eine Weile mit Devin unterhalten.«
    Devin war der jüngste der Glaubenstreuen, die sie begleiteten. Er war

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