Der Verrat Der Drachen: Roman
willkommene Abwechslung von der feuchten Hitze in Salmut. Tuon stand mit vor der Brust verschränkten Armen da und sah zu, wie zwei Jäger, Alezo und Devin, die Muthusättel und verschiedene Gepäckstücke, die daran befestigt waren, überprüften. Die Tiere kauten dumpf auf etwas herum, was sie sabbern ließ, und ignorierten die arbeitenden Männer. Tuon mochte keine Muthus, aber sie waren immer noch besser als Drachen: Zumindest reisten sie über Land, und sie hatte sich an ihren schwankenden Gang gewöhnt. Das Kreuz schmerzte ihr mittlerweile nur noch halb so sehr wie zu Beginn ihrer Reise. Ivar, der neben ihr stand, warf ihr einen schiefen Blick zu. Auf den Inseln gab es keine Muthus, und sie wusste, dass er das Reiten besonders anstrengend fand.
»Steigt auf«, sagte Alezo, »die anderen kommen.«
Tuon hatte nichts gehört, aber als sie zu einem der Muthus hinüberging und sich in den Sattel hochzog, ertönte das Geräusch von Stimmen und Schritten. Morfessa, Veila und Nilah traten gefolgt von zwei Verführern aus dem überdachten Gang hervor. Veilas Gesichtsausdruck verriet Tuon, dass sie sich wieder einmal mit der jungen Führerin gestritten haben musste. Sie seufzte stumm. Über ihnen stieß ein Falke plötzlich einen spitzen Schrei aus, und als sie aufschaute, sah sie ihn in Richtung Wüste davonfliegen. Einer von Rorcs Botenvögeln. Er würde ihn bis zum nächsten Morgen finden, ganz gleich, wo er war. Der Gedanke machte sie traurig.
Alezo setzte sich an die Spitze und ritt den gewundenen Pfad hinunter, der den einzigen Zugang zu Fathrins Anwesen bildete. Der Weg wand sich ein ganzes Stück durch den Schutz dichten Baumbestands, bis er daraus hervortrat, um dem Rand einer schroffen Schlucht zu folgen. Der Boden war felsig und uneben; rechts von ihnen klaffte der Abgrund. Unten gab es nichts zu sehen bis auf Baumkronen, die sich bis zu weiteren Berghängen erstreckten. Sie kamen gut voran und erreichten gegen Mittag einen weiteren Pfad, der zu den höheren Gipfeln der Bergkette emporführte.
Es war ein mühsamer Weg. Der Pfad wand sich stetig weiter nach oben und verließ zeitweise den Wald, um an Steilhängen entlangzuführen, die mit trügerischem Geröll übersät waren; an anderen Stellen senkte er sich in schattige, kühle Täler hinab, die feucht vor Moos waren. Am späten Nachmittag machten sie in einem der Täler an einem kalten, klaren Weiher halt, um kurz zu rasten. Während die Muthus tranken, standen die Menschen schweigend herum und aßen hartgekochte Eier und Brot mit Käse; die drückende Stille des Tals erstickte jeden Drang, sich zu unterhalten. Beiderseits des Pfads ragten hohe Bäume auf, deren Stämme dick und knorrig vor Alter waren. Der Teich wurde von einer unterirdischen Quelle gespeist, aber das Wasser verursachte kaum einen Laut, wenn es aus der Erde hervorquoll, und die Geräusche von Insekten und anderen Tieren fehlten völlig; noch nicht einmal ein Vogel sang. Sogar die Verführer sahen unbehaglich drein, als ob sie etwas spürten, was Tuon nicht sehen konnte. Es war ein unheimlicher Ort, und Tuon war froh, als sie wieder aufbrachen.
Bei Einbruch der Nacht hatten sie die höheren Pässe erreicht und schlugen ihr Lager auf einer kleinen Lichtung auf. Auf einer Seite davon lag ein gewaltiger, länglicher Felsen von dreifacher Mannshöhe, der beiderseits von Steinen gestaffelter Höhe flankiert war. Tuon setzte sich mit Nilah und Veila in die Nähe des größten Steins und sah zu, wie die Glaubenstreuen das Lager errichteten. Ivar hatte Feuerholz gesammelt; er schlug einen Feuerstein an und pustete sachte auf etwas trockenes Laub, bis Flammen die Ränder der Blätter umfingen. Er kniff die dunklen Augen gegen den Rauch zusammen.
»Heute Nacht wird es kalt«, bemerkte Veila.
Tuon schaute zum hellen Purpur des Abendhimmels auf. Die Wolken hatten sich alle verzogen, und schwach begannen sich die Sterne zu zeigen, während die Sonne unterging. »In den Zelten sollten wir es warm genug haben«, sagte sie.
»Besonders, da wir drei uns eines teilen«, fügte Nilah hinzu. »Das erinnert mich an eine Reise, die ich als Kind mit Mutter unternommen habe. Ich hatte vier Dienerinnen mit in meinem Zelt.« Sie lächelte schwach.
»Wohin ging die Reise?«
»Nach Cermez.« Sie sah Tuon kurz an. »Mutter hatte dort einen Winzer, der allen Wein für den Palast geliefert hat. Einmal im Jahr reiste sie immer dorthin, um die Weine selbst auszusuchen.« Ihr Lächeln schwand. »Der Prinzgemahl
Weitere Kostenlose Bücher