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Der Verrat Der Drachen: Roman

Titel: Der Verrat Der Drachen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Morgan
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hatte.
    Warum hatte er heute für einen Clan gekämpft, dem er noch nicht einmal mehr angehörte? Er hatte beinahe einen Mann getötet. Was wurde nur aus ihm?
    Er trocknete sich mit einem groben Tuch ab und zog sich ein sauberes Hemd über; seine schlammbeschmierten Kleider hängte er über den Brunnenrand. Sich an zu Hause erinnert zu fühlen war ein Schmerz, den er jetzt nicht gebrauchen konnte. Er schwang den Eimer des Brunnens zurück über den Schacht und kurbelte ihn langsam wieder hinunter. Der Brunnen befand sich auf der von der Stadt abgewandten Seite der Drachenkuppel, und Tallis lehnte sich gegen die niedrige Mauer und sah zum Klippenrand, während die Sonne im Meer versank.
    »Tallis«, erklang Shaans Stimme, aber er drehte sich nicht um. Er hatte schon vor einiger Zeit gespürt, dass sie gekommen war.
    »Es geht mir gut«, sagte er. »Es war nur ein Übungskampf.«
    »Es war mehr als das.« Sie lehnte sich neben ihm an die Brüstung des Brunnens. »Was ist geschehen?«
    »Was ist mit dir geschehen?« Sobald sie in der Nähe gewesen war, hatte er gespürt, dass etwas an ihr anders war, sich geringfügig verschoben hatte. »Was hat sich geändert, seit ich dich heute Morgen gesehen habe?«
    »Meine Kleider«, sagte sie. »Du erzählst mir erst, was du getan hast.«
    Er atmete kurz aus. »Ich habe einen Mann angegriffen und dabei die Macht eingesetzt, die ich über die Drachen habe. Sie ist … einfach aus mir hervorgebrochen.«
    »Du warst wütend.« Sie legte den Kopf schief und runzelte die Stirn; er spürte, wie sein Bewusstsein für sie heller aufloderte. »Du fühlst dich stärker«, sagte sie.
    Er nickte. »Ich fühlte mich, als sei ich zu etwas durchgedrungen. Aber ich weiß nicht, ob ich schon stark genug bin, es zu beherrschen.«
    Shaan verschränkte die Arme vor der Brust und starrte einen Moment lang aufs Meer hinaus.
    »Du klingst, als ob es beginnt, dir zu gefallen.«
    »Nein, aber ich habe das Gefühl, dass es beginnen wird, mich zu beherrschen, wenn ich es nicht an die Leine lege.«
    Ein bitteres Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Azoth hat uns schon wunderbare Begabungen vererbt, nicht wahr?«
    »Vielleicht werden sie uns helfen, ihn zu besiegen«, sagte Tallis. »Aber du bist doch gekommen, um mir etwas zu erzählen?«
    Sie schwieg eine Weile und sah zu, wie das sich ausbreitende orangefarbene Licht des Sonnenuntergangs den Horizont tränkte.
    »Shaan?«
    »Ich bin heute in den Heiltempel gegangen«, sagte sie, und er begriff schlagartig.
    »Du hast jemanden geheilt.«
    Sie nickte und hielt die linke Hand ein wenig von sich weg, als ob sie sie ihm zeigen wollte. Ihre Hand zitterte ein wenig. »Ich habe sein Leben gespürt, Tallis«, sagte sie. »Ich habe im Geiste gesehen, wie sein Körper arbeitete, habe es gespürt, wusste, wie ich ihn heil machen konnte. Es war …« Sie hielt inne und schüttelte den Kopf.
    »Erschreckend?«, fragte er.
    Sie ließ die Hand sinken. »Ich bin mir nicht sicher. Es war nicht dasselbe wie bei dir; er war normal.«
    »Menschlicher«, sagte er.
    Sie sah ihn rasch an. »Ja.« Ihr Gesichtsausdruck war trostlos, und er fing den Gedanken auf, der durch ihren Verstand huschte: menschlicher als wir beide .
    Er legte ihr eine Hand auf die Schulter, aber keiner von ihnen fühlte sich sehr getröstet.
    Laut sagte sie: »Ich habe es bei mir selbst versucht, konnte aber nichts bewirken. Ich kann meine eigenen Beschwerden nicht heilen.«
    Er war traurig, aber nicht erstaunt darüber; schließlich war dies ein Geschenk Azoths, um nicht zu sagen des Schöpfersteins. »Aber du kannst andere heilen«, sagte er.
    »So scheint es.« Aber ihre Stimme war dumpf, und er dachte, dass er überrascht gewesen wäre, wenn er das jemanden hätte sagen hören, als er noch ein Clanmitglied gewesen war, fast ungläubig, aber jetzt … Wurde er Azoth so ähnlich, dass keine Kraft ihn mehr erstaunen konnte?
    Shaan regte sich. »Na ja, es könnte schlimmer sein«, sagte sie und versuchte zu lächeln, aber das Lächeln hielt nicht lange an.
    »Du musst vorsichtig sein«, sagte Tallis. »Diese Macht hat einen dunklen Beiklang. Du könntest Schaden anrichten.«
    »Ich weiß. Du auch.«
    »Das habe ich schon getan.« Er dachte an Farris, an Haldane, den Mann, den er einst Vater genannt hatte und der nun tot war, und Jared, seinen Erdbruder, seinen Freund, den er Azoth überlassen hatte. Der Schmerz loderte wieder in seiner Brust auf. Wie viele Verluste würden noch kommen?
    »Du musst

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