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Der Verrat Der Drachen: Roman

Titel: Der Verrat Der Drachen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Morgan
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über einhundert Drachen. Zu viele«, sagte er. »Und sie können jeden Tag anrücken.«
    Tallis sagte einen Moment lang nichts; wilder Zorn auf seinen alten Vorfahren begann ihn zu erfüllen. »Wie bist du verwundet worden?«, fragte er.
    »Scanorianer. Sie haben mich in den Ausläufern des Lagers ertappt. Sechs von ihnen, gerissene Dreckskerle, aber keine Sorge, keiner hat überlebt. Sie können nicht zurückkehren, um mich zu verraten.«
    Zumindest nicht, bis jemand ihre Leichen fand. »Kannst du aufstehen?«, fragte er.
    »Wenn es sein muss.«
    »Dann komm.« Tallis half dem Kundschafter auf die Beine; halb trug, halb schleifte er ihn nach draußen und half ihm auf Marathins Rücken. Als er hinter dem Verwundeten aufstieg, hörte er ein fernes Grollen und starrte zu der schwarzen Barriere der Berggipfel am Horizont. Wolken waren aufgezogen und verdunkelten den Himmel; die Nacht nahte. Irgendwo dort drinnen war Azoths Horde auf dem Marsch, kam immer näher, und einen Moment lang glaubte Tallis, die flatternden Flügel von hundert Drachen zu sehen, die zusammengeschart gemeinsam über die ausgedörrten, öden Gipfel glitten.
    Eine Vorahnung, die ihm übel werden ließ, regte sich abermals in seiner Magengrube und trieb ihm den Geschmack von Galle und Blut in den Mund. Er wandte sich ab und befahl Marathin, loszufliegen; sie warf sich in den Himmel empor, um zur Klippe zurückzukehren.
    Shaan saß hinter Azoth auf Nuathin. Das seidene Umschlagtuch war mit einer schwarzen Steinnadel eng um ihre Schultern befestigt; die langen Röcke ihres Kleids waren um ihre Beine festgesteckt, aber dennoch zitterte sie vor Kälte. Sie hatte nach ihren alten Hosen gesucht, bevor sie aufgebrochen waren, hatte aber nichts als noch mehr Kleider gefunden. Das war nur ein Grund mehr, Azoth zu zürnen: dass er sie so in edle Gewänder hüllte, als sei sie nichts als eine Trophäe, auf die er es lange abgesehen gehabt hatte. Sie vergewisserte sich, dass ihr Anhänger gut unter der Seide verborgen war, und spie eine Haarsträhne aus, die ihr in den Mund geraten war, während Nuathin die Flügel ausrichtete und sich neigte, um an einem kahlen Berggipfel vorbeizugleiten.
    Unter dem Bauch des Drachen knarrten die Riemen des Korbs, den er trug, und schwankten bei jeder Bewegung, während immer wieder der Lärm der Scanorianerspeere und -schilde, die aufeinanderprallten, ertönte. Auch Alterin und Jared waren in dem Korb und wurden in den Krieg gekarrt, um verheizt zu werden. Shaan konnte nur hoffen, dass Tallis den kurzen Blitz von einer Nachricht hatte wahrnehmen können, den sie ihm hatte schicken können. Er musste begreifen, wie wichtig ihre Warnung war, und welches Ausmaß die Streitmacht hatte, die Azoth heranführte. Auf allen Seiten flogen Drachen im Gleichtakt, berührten sich beinahe mit den Flügelspitzen und entfernten sich dann weiter voneinander, als sie über die kalten, schwarzen Berge glitten. Unter ihnen schwangen Körbe voller Krieger. Shaan spürte, wie sie ihren Verstand streiften, wenn sie sich selbst nicht streng in der Gewalt hatte, fast so, wie sie Azoth jetzt stets spürte; seine Präsenz war ein unsichtbarer Stachel in ihrem Fleisch. Die Luft über den Bergen war so tot und kalt wie eh und je und hallte vor den Überresten von Verzweiflung wider, die in die Felsen eingebettet zu sein schienen. Sie würden in den Bergen nicht Halt machen. Sie konnte Azoths bitteren Zorn darüber spüren, dass er auch nur diese Ausläufer des Gebirges überqueren musste; es verursachte ihm körperlichen Schmerz, und er saß angespannt und starr vor ihr; der Schöpferstein, den er in der Hand hielt, summte ein lautloses Lied.
    Er hatte den Stein aus seinem Kasten geholt, als sie in der Nacht die ersten Gipfel überflogen hatten, und hielt ihn nun schon den ganzen Tag umklammert. Seine Abneigung gegen die Führer, die diesen Sperrriegel geschmiedet hatten, war stark, und sie nahm an, dass der Stein ihm darüber hinweghalf. Die Macht der Barriere war hier am schwächsten, wo die Ausläufer der Bergkette sich dem Meer näherten, aber dennoch drang die Verzweiflung durch, und Shaan spürte Azoths Widerwillen dagegen so mühelos, wie sie ihren eigenen Herzschlag wahrnahm.
    Azoth musterte sie, seine Augen schwarz wie die Nacht. Er sagte nichts, aber Shaan wusste, dass er sich fragte, was sie dachte. Sie spürte, wie er in ihrem Verstand herumstocherte. Stirnrunzelnd sorgte sie dafür, dass sich die Kraft in ihr entfaltete und ihn

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