Der Verrat Der Drachen: Roman
einen kleinen Jungen, und hielt ihn am Hals hoch über den Boden. Die anderen Sklaven schrien vor Furcht und ließen die Ziegel fallen, während sie von ihm wegeilten.
»Halte sie auf«, schnauzte er den Alhanti an, der ihr Aufseher war, und das Geräusch der Peitsche, die auf Stein traf, ertönte und ließ die Sklaven erstarren.
Azoth versuchte, seinen Zorn zu zügeln; er spürte den panischen Puls des Jungen in seinem Griff, als er das kleine, dunkle Gesicht nahe an sein eigenes heranzog.
»Er tötet die, die ich liebe«, flüsterte er. »Soll ich es ihm heimzahlen? Leben für Leben?«
Halb erstickt weinte der Junge stumm vor sich hin; Urin lief ihm das Bein hinab und tropfte auf den Boden. Der Alhanti lachte, und Azoth ließ den Jungen fallen. »Zu deinem Glück bin ich nicht so erbarmungslos wie mein Nachkomme«, sagte er.
Ein anderer Sklave versuchte, zu dem Jungen zu kriechen, und Azoth warf einen Blick auf die zusammengetriebenen Menschen. »Macht weiter damit, die Mauer zu reparieren, oder ich töte ihn«, sagte er und winkte dann den Alhanti heran. »Komm mit.«
Zu dem Zeitpunkt, als er den Tempel betrat, hatte der Zorn ihn fast verlassen. Alterin saß mit dem Rücken zur Wand und starrte den Stahl ihrer Ketten an. In der Nähe zitterte die Hülle, die den Clansmann und den Drachen enthielt; ihre Haut dehnte sich und reflektierte das schwache Licht.
Azoth hockte sich vor Alterin hin. »Und wie geht es meiner Seherin?«, fragte er. »Ist sie dieser ständigen Wache müde?«
Alterin antwortete nicht, und Azoth ließ sich auf die Fersen sinken. »Vielleicht interessiert es dich, zu erfahren, dass dein Freund Tallis zum Mörder geworden ist.« Er musterte sie genau, sah aber keine Reaktion. »Das ist das unglückliche Ergebnis seines Erbes. Er hat seine Macht genutzt, um einen der Meinen zu töten. Ich frage mich …« Er wickelte sich eine Strähne ihres Haars um den Finger. »… ob er sie wohl nutzen wird, deinen Clansmann zu töten, wenn er erst wiedergeboren worden ist?«
Die Seherin zuckte zurück, und er sah hinter ihren Augen die Qual, die sie zu verbergen versuchte.
»Vielleicht wäre es eine angemessene Strafe für ihn, sich dem Schicksal stellen zu müssen, dem er seinen Freund überlassen hat«, sagte er.
Noch immer hielt die kleine Frau den Blick starr von ihm weggerichtet, beharrte auf ihrem Trotz. Das begann ihn zu ärgern.
»Hast du versucht, Hilfe von deinen Geistern zu erhalten, Kleine?« Er bewegte sich im Kreis, um ihrem Blick zu folgen. »Haben sie dir etwas von künftigen Pfaden erzählt?« Er beugte sich nahe heran, um ihr ins Ohr zu flüstern: »Trotze mir nur, wenn du möchtest, aber ich weiß, dass du schwächer wirst.«
»Du wirst mich nicht töten«, sagte sie. »Du brauchst mich.«
Er packte sie an der Schulter und grub die Finger in einen Schnitt, der ihr schon vor langer Zeit zugefügt worden war, so dass sie nach Luft schnappte. »Denk gut nach, Seherin. Wir haben einen Handel geschlossen. Ich habe deinen Clansmann nicht getötet – und dennoch hast du deinen Teil nicht erfüllt.« Er packte sie am Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. »Reise auf den Geisterpfaden, suche nach meinen Geschwistern, dann wirst du überleben, um bei deinem Clansmann zu sein.«
»Er ist schon fort. Finde sie selbst.« Sie versuchte, sich seinem Griff zu entwinden, aber er hielt sie fest.
»Ich glaube nicht.« Er stand auf. »Bring sie auf den Platz und überzeug sie«, sagte er zu dem Alhanti. »Und stell sicher, dass reichlich Leute da sind, um ihre Bestrafung mit anzusehen.«
Der Alhanti grinste; ein wildes Funkeln stand in seinen schlangengleichen Augen, als er ihre Kette von der Wand loshakte und sie auf die Beine zerrte. »Beweg dich!« Er stieß sie vorwärts und führte sie aus dem Tempel.
Azoth sah ihr nach, bis sie verschwunden war. Er wusste, dass sie heute nicht nachgeben würde. Sie hielt aus irgendeinem Grunde durch, widerstand dem, dem sie sich, wie sie wusste, früher oder später würde beugen müssen. Versuchte sie, seinen Geschwistern mehr Zeit zu verschaffen, einander zu finden? Höchstwahrscheinlich. Sie glaubte womöglich, dass sie ihn gemeinsam wirklich besiegen könnten. Aber sie hatten den Schöpferstein nicht – und es gab heute keine Amora mehr.
Er schritt über den Tempelboden und starrte den Stein an, der leise vor sich hinsummte. Dies würden die letzten Alhanti sein, die der Stein für Azoth schuf. Er musste den Rest der Drachen für seine Armee übrig
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