Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Verrat Der Drachen: Roman

Titel: Der Verrat Der Drachen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Morgan
Vom Netzwerk:
früher oder später würde Mailun davon erzählen müssen, und dann würde ohnehin jeder davon erfahren. »Es ist Rorc«, sagte sie leise. »Rorc ist unser Vater.«
    Balkis schwieg eine ganze Weile, und sie starrte auf seine Hand hinab, seine Finger, die sich um ihre eigenen schlangen.
    »Nun, das erklärt zumindest, warum du dich vorhin in seiner Gesellschaft so seltsam benommen hast«, sagte er. »Aber er ist sicher nicht der schlechteste Mann, den man zum Vater haben kann. Ich weiß nicht, warum du so erschüttert bist.«
    Shaan schaute überrascht auf. »Er ist der Kommandant, er hat mich einmal beinahe in eine Zelle werfen lassen, und ich glaube nicht, dass er mich überhaupt mag.«
    Balkis zuckte die Schultern. »Ich glaube nicht, dass der Kommandant überhaupt jemanden besonders mag. Aber herauszufinden, dass man Eltern hat, ist doch ohne Zweifel etwas Gutes, nicht wahr?«
    »Ich bin zu alt, um plötzlich Eltern zu haben«, sagte Shaan.
    »Versuch, das meinen zu erzählen.« Balkis lächelte schief, aber seine Heiterkeit verflog, als sie sein Lächeln nicht erwiderte, und seine Augen zogen sich ein klein wenig zusammen. »Geht es bei der Heldentat, die du planst, darum? Willst du dein Leben aufs Spiel setzen, weil du ihm nicht gegenübertreten willst, wenn er es erst weiß?«
    »Nein.« Sie entzog ihm ihre Hand. »Aber es ist eine gute Ablenkung, findest du nicht?«
    »Shaan …« Die Frustration kehrte in sein Gesicht zurück.
    »Was? Ich kann selbst auf mich aufpassen, Balkis.«
    »Wirklich? Warum musste ich dich dann vor dem Kerl auf der Gasse retten, und wie ist es mir gelungen, dich so leicht zu fangen, als du vor mir auf der Flucht warst?«
    »Zufall – und ein Fehler«, sagte Shaan und verschränkte die Arme. Sie hasste es, an den Abend erinnert zu werden, als sie im Gasthaus Zum Drachen so töricht gewesen war. Aber mittlerweile war sie anders, in mehr als einer Hinsicht. »Gewöhnlich kann ich selbst auf mich aufpassen. Ich habe Azoth überlebt, nicht wahr?«
    Er dachte nach. »Nur knapp«, sagte er dann, und ein Ausdruck schmerzlichen Zorns erfüllte seine Augen. »Weißt du, was mir das angetan hat, Shaan? Eine Zeitlang dachte ich, du wärst tot. Ich dachte, ich hätte dich verloren. Ich dachte …« Er schüttelte den Kopf, und sie fühlte sich, als würde etwas ihr Inneres ergreifen, eine harte, krallenbewehrte Faust, die an allem zog.
    »Und dann kamst du zurück«, sagte er. »Du kamst zurück und hast endlich, endlich zugelassen, dass ich dich besuche.« Seine Stimme war leise und trostlos. »Ich hatte nicht damit gerechnet, dass du das je tun würdest. Und jetzt willst du weglaufen und erneut dein Leben riskieren.«
    »Es tut mir leid«, flüsterte Shaan und streckte die Hand nach seiner aus, aber er rührte sich nicht. »Ich hatte Angst, dich zu treffen«, sagte sie. »Ich war verletzt, halbtot.«
    »Meinst du, das hätte mir etwas ausgemacht?«
    »Es hat mir aber etwas ausgemacht.« Sie schluckte, versuchte ihr Herz, das ihr bis zum Hals schlug, wieder hinunterzuzwingen. Die Gefühle für ihn, die sie zu unterdrücken und zu verleugnen versucht hatte, überschwemmten sie nun. Nun, da sie nur noch so wenig Zeit hatten. Sie raffte ihren Mut zusammen. »Ich wollte, dass du mich heil siehst«, sagte sie, »nicht versehrt. Ich …« Sie holte tief Luft. »An dich zu denken, das hat mich aufrecht gehalten, als ich bei Azoth war.«
    Es war keine Liebeserklärung, aber es war alles, was sie ihm anzubieten wusste, alles, was sie jetzt sagen konnte, da jenes schreckliche Gefühl der Trennung über ihnen schwebte.
    Ein schwaches Lächeln huschte über sein Gesicht wie Feuerschein. Er hob die Hand und strich ihr damit zärtlich über den Kiefer. »Dann tu das hier bitte nicht«, sagte er.
    Sie nahm seine Hand. »Ich habe keine Wahl. Du weißt, dass Nilah nicht tut, was man ihr sagt.« Sie lächelte kurz, traurig. »Wir haben keine Wahl. Hör auf, so sehr den Beschützer zu spielen.«
    »Ich kann nicht anders.«
    Sein dunkelblauer Blick blieb aufmerksam auf ihrem Gesicht ruhen. Es war still zwischen den Bäumen; alle, die in den kleinen Häusern zwischen ihnen lebten, machten sich unten auf dem Platz für die Schlacht bereit. Sie waren allein, und Shaan war sich dessen plötzlich sehr bewusst. Balkis war so nahe, dass es leicht gewesen wäre, ihre Hand auf den festen Muskeln seiner Brust ruhen zu lassen. Sie wollte es.
    »Morgen Nacht werden wir von hier fort sein«, sagte sie.
    Er nickte langsam.

Weitere Kostenlose Bücher