Der Verrat Der Drachen: Roman
Selbstbewusstsein erfüllt, das zuvor nicht darin gelegen hatte. Shaan spürte die Macht in ihm und sah sie dann in ihm schimmern, ein Aufblitzen tief in seinen Augen, das seine Iriden für einen Moment verdunkelte. Es ließ die anderen innehalten, und sie spürte, wie Unbehagen den Raum durchlief. Sie trat an die Seite ihres Bruders.
»Hoffen wir, dass es nicht sein muss«, sagte Rorc langsam. »Aber Drachen, die die Stadt angreifen? Die Leute werden noch denken, dass Azoth gekommen ist.«
»Umso besser«, sagte Morfessa. »Sie müssen aufwachen und sich darauf besinnen, vor wem die Glaubenstreuen sie beschützen.«
»Ein Schutz, den sie noch immer verdienen«, fügte Rorc hinzu. »Das Volk ist nicht der Rat, alter Mann, und wenn wir hiermit beginnen, könnten durchaus durch unsere Schuld einige ums Leben kommen. Wir müssen uns durch eine ganze Stadt kämpfen, vergiss das nicht.«
»Das habe ich nicht vergessen«, antwortete Morfessa, »Lorgon aber sehr wohl.«
»Dennoch«, sagte Balkis, »den Palast zu stürmen und Nilah herauszuholen, das wird unsere Zahl dezimieren.«
»Wir müssen einen heimlichen Weg finden«, sagte Rorc. »Da können die Verführer helfen.«
»Aber Nilah wird ihnen nicht vertrauen«, sagte Shaan, und ihr Mund wurde trocken, als er sie musterte. »Das wird sie nicht«, bekräftigte sie. »Sie vertraut Euch nicht, aber mir. Ich sollte gehen.«
»Meldest du dich freiwillig?«, fragte Rorc. Neben ihm sah Balkis sie stirnrunzelnd an, aber sie ignorierte ihn.
»Ich könnte mit einem Jäger gehen, oder mit jedem sonst, den Ihr auswählt«, sagte sie, »und sie würde freiwillig mitkommen, aber wenn Ihr ihr Männer auf den Hals schickt, wehrt sie sich vielleicht.«
»Und wird leicht überwältigt.«
»Wenn Ihr nicht vorhabt, sie ohnmächtig zu schlagen und zu tragen oder ihren Verstand von einem Verführer bloßlegen zu lassen, wäre es dann nicht einfacher, wenn sie mithilft?«
»Was sie sagt, ist durchaus sinnvoll«, sagte Morfessa.
»Für wen?« Balkis starrte ihn böse an, aber Rorc betrachtete Shaan mit nachdenklichem Interesse.
»Was hast du vor?«, fragte er.
Shaan warf einen Blick auf Tallis, der sie mit fast demselben Ausdruck musterte wie ihr Vater. Es erschütterte sie, und sein Gesichtsausdruck verwandelte sich sofort in ein Stirnrunzeln, als er das spürte.
»Wir schwimmen aufs Meer hinaus«, sagte sie, »aus der Bucht am Fuß der Klippen. Wir können um die Landzunge gelangen, im Händlerviertel an Land gehen und von dort aus zum Palast hochsteigen.«
»Glaubst du, dass du stark genug bist, so weit zu schwim men?«, fragte Balkis.
»Wir sind jeden Tag dorthin gegangen«, sagte Tallis. »Sie wird es schaffen.«
»Es wird kein Problem sein.« Shaan fing Balkis’ Blick auf. »Und dann können wir uns durchs Tor zum Obstgarten in den Palast schleichen.«
»Ja, dort sind wirklich weniger Wachen«, pflichtete Rorc ihr bei. »Und hinauszuschwimmen … Daran hatte ich nicht gedacht. Es ist ein guter Plan.«
»Schade, dass die Bucht nicht größer ist, sonst könnten wir Männer in Booten hinausschicken«, sagte Morfessa.
»Boote würden bemerkt werden.« Rorc winkte sie alle zur Karte und klopfte mit einem Finger auf die Südostküste, wo die Ausläufer der Schwarzen Berge bis zum Meer reichten. »Ich habe gestern die Nachricht erhalten, dass das Dorf Hed zerstört ist. Bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Keine Überlebenden. Meine Kundschafter haben dort noch keine Spur von Azoths Armee gesehen, aber es wird nicht mehr lange dauern. Dies ist das Gebiet, aus dem er kommen wird. Es liegt am nächsten bei den Wildlanden, und wir wissen, dass er die Wüste nicht durchqueren kann. Er muss seine Armee hier hindurchbringen. Und hierhin« – er berührte einen Bergkamm, der als »Jägerklippe« bezeichnet wurde – »wird Balkis die Glaubenstreuen und Reiter bringen, um zu warten, während wir drei zu den Clans aufbrechen. Attar, du gehst mit ihm.«
Irgendetwas brach in Shaan bei dem Gedanken zusammen, dass Balkis dorthin würde gehen müssen, und ein Teil ihrer Verärgerung über ihn verflog. Er würde nahe an der Stelle sein, an der Azoth durchbrechen würde. Zu nahe. Sie konnte sich nicht davon abhalten, ihn anzusehen. Er musterte sie, suchte nach ihrer Reaktion.
»Was ist mit Nilah?«, fragte sie.
»Wenn du sie befreien kannst, wird sie sich in einer Hütte in der Gorankette verstecken.«
»Aber ich werde nicht mit ihr gehen«, sagte Morfessa, und Rorc richtete
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