Der Verrat Der Drachen: Roman
gerechnet hatte, und sie hielt inne; dann wich sie vor ihm zurück. »Ich hätte dich nicht für einen Feigling gehalten, Rorc fen Baal.«
Er zuckte beim Klang seines Clannamens zusammen. »So nennt man mich nicht länger«, sagte er.
»Nein, natürlich nicht, ein Ausgestoßener verliert das Recht darauf. Frag nur deinen Sohn.«
Er atmete langsam aus. »Ich verstehe deinen Zorn, Mailun.«
»Nein, das tust du nicht.« Sie verzog die Lippen zu einem bitteren Lächeln. »Aber ich hatte viele Jahre, um Betrachtungen darüber anzustellen, und kenne die Landschaft meines eigenen Herzens gut. Was ist mit dir, Rorc? Hast du dich nicht gefragt, was aus denen geworden ist, die du zurückgelassen hast?«
Zorn hatte sich mittlerweile in seiner Brust zu regen begonnen, trotz seiner Absichten. »Ich habe dich bei deinem Volk zurückgelassen«, sagte er, »in Sicherheit, in den Eislanden, am sichersten Ort für dich. Warum hast du ihn verlassen?«
Sie sah ihn mit müder Geduld an. »Du hast mich in Schande zurückgelassen, Rorc. Als schwangere Frau ohne Gefährten.«
»Woher hätte ich das wissen sollen? Hätte deine Familie sich nicht um dich gekümmert?«
»Aber die anderen hätten sich nicht mehr um meine Familie gekümmert.« Sie lachte harsch auf. »Du hast Monate bei meinem Volk verbracht und dennoch nichts gelernt. Die Ichindar stoßen ihresgleichen nicht aus, aber meine Familie wäre langsam, aber sicher von ihrem Platz verdrängt worden. Ich war die Tochter des Häuptlings; ich musste um ihretwillen gehen. Aber du – du bist um deinetwillen gegangen. Weil du nicht ertragen konntest, wozu dein Clan dich gemacht hatte, Ausgestoßener. Der Makel, den das in deiner Vorstellung bei dir hinterlassen hat, hat sich so festgesetzt, dass du es nicht ertragen konntest, wenn andere ihn an dir sahen. Du warst immer an deinen Clan gebunden und bist es noch, Rorc. Du hast ihn immer mehr geliebt als alles oder jeden sonst.«
Sein Herz hämmerte in schnellem schmerzhaften Takt, während er ihrer Tirade lauschte und sah, dass sie an diese Worte glaubte, dass sie sich mit der Zeit das, was sie nun aussprach, eingeredet hatte, und das traf ihn tiefer, als irgendeine Klinge es je getan hatte. Er wollte es abstreiten, wollte ihr den wahren Grund dafür nennen, dass er gegangen war, aber der Ton ihrer Stimme und der Ausdruck ihrer Augen hielten ihn davon ab. Was würde es jetzt noch nützen? Sie hatte bei einem anderen Mann Liebe gefunden, einen Sohn in einem anderen Clan aufgezogen, und hatte es in dem Glauben getan, zu wissen, welchen Platz sie in seinem Herzen eingenommen hatte, hatte sich irgendwann damit abgefunden. Sie dachte, er habe sie nicht genug geliebt; was also würde es jetzt, so viele Jahre später, nach so viel Schmerz, nützen, wenn er ihr sagte, dass sie sich irrte? Er hatte vor neunzehn Jahren seine Entscheidung gefällt, als er auf jenem eisigen Gipfel gestanden hatte; es würde ihr nichts nützen, wenn er sie nun widerrief.
»Vielleicht hast du recht«, sagte er langsam und erlaubte der Kraft seines Schmerzes nicht, in seiner Stimme durchzuklingen. »Der Clan hat immer einen Platz in meinem Herzen eingenommen, und ich bin froh, dass du einen Clansmann gefunden hast, in dessen Herzen du einen finden konntest.«
»Und Tallis«, sagte sie; dann trat ein helles Aufblitzen von Kummer in ihre Augen. »Shaan habe ich verloren, als sie noch ein Säugling war. Sie war zu klein, um zu überleben, und wurde ausgesetzt, um zu sterben.«
»Aber das hast du nicht geschehen lassen.«
»Nein.« Die Kälte war zurück. »Ich hätte mein Kind nicht dem Tod überlassen.«
Er nickte. Natürlich hätte sie das nicht getan. Diese wilde Entschlossenheit war etwas, das er immer an ihr geliebt hatte.
Sie sagte: »Was wirst du jetzt tun?«
Er ließ eine Hand auf dem Knauf seines Schwerts ruhen. Wenn er ehrlich war, wusste er nicht, was Tallis und Shaan jeweils von ihm erwarten würden.
»Ich weiß nicht, ob das meine Entscheidung ist«, sagte er. »Die beiden sind längst keine Kinder mehr.«
»Also wirst du nichts tun?« Ihre Stimme war hart.
»Ich werde sie als meine Kinder willkommen heißen, wenn sie das wollen«, sagte er, »aber wir haben einen Krieg auszufechten, Mailun. Was soll ich deiner Meinung nach tun? Ich bin vielleicht schon tot, bevor sie sich entscheiden können.«
Sie schloss für einen Moment die Augen. »So lange hast du nicht durch glückliche Zufälle überlebt – aber du hast recht. Ein Krieg naht, und
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