Der Verrat Der Drachen: Roman
Lächeln. »Die Zeiten ändern sich, was?«, sagte er. »Als ich dich in der Wüste gefunden habe, dachte ich, ich würde dich bewusstlos schlagen müssen, um dich auf einen Drachen zu bekommen.«
Tallis’ Lippen verzogen sich beinahe zu einem Lächeln. Er erinnerte sich, Furcht empfunden zu haben, aber es war, als gehörten diese Erinnerungen jemand anderem. Jetzt waren es die Drachen, die ihn in mancherlei Hinsicht fürchteten.
»Als du mich gefunden hast, wusste ich nicht, wer ich bin«, sagte er, »oder was ich bewirken kann.«
»Hat dich aber nicht von dem Versuch abgehalten.«
»Nein. Nicht, wenn die, die ich liebe, in Gefahr sind.«
Attar nickte. »Jared. War ein guter Kerl, ich mochte ihn. Zur Hölle« – er lächelte ihn an – »sogar Bren mochte ihn, das arme Schwein.« Er seufzte und klopfte Tallis auf die Schulter; dann ließ er die Hand sinken. »Er wäre gern hier gewesen, für diesen Krieg«, sagte er. »Bren liebte ordentliche Kämpfe, o ja.«
»Da ist und bleibt er vielleicht der Einzige«, sagte Tallis. Der Tag, an dem Attar und er von Azoths Wilden Drachen bei dem einsam gelegenen Bauernhaus angegriffen worden waren, war immer noch eine schmerzliche Erinnerung für ihn. Bren war von Harakas Rücken gerissen worden und in den Tod gestürzt; Jared hatte sich die Verwundung zugezogen, die sie gezwungen hatte, Hilfe in den Wildlanden zu suchen. Er legte Marathin eine Hand auf die Haut und kletterte über ihr Vorderbein auf ihren Rücken. Wenn er an jenem Tag besser gewesen wäre, seine Gabe hätte beherrschen können, dann hätte er sie vielleicht beide retten können. Jared wäre jetzt hier, bei ihm, gewesen.
»Hör auf zu grübeln, Clansmann«, rief Attar ihm zu, als er auf Haraka stieg. »War nicht deine Schuld! Wenn Männer in den Kampf ziehen, wissen sie, wie groß die Gefahr ist, dass sie nicht wieder heil herauskommen.«
Tallis sah ihn von der Seite an. »Du klingst wie meine Mutter«, sagte er.
Attar grinste; seine Zähne blitzten weiß in der Dunkelheit. »Kluge Frau. Ist sie schon vergeben?«
Tallis schüttelte nur den Kopf. »Komm«, sagte er. »Wir müssen zurück.« Er berührte die Haut der Drachin mit einer Hand, und sie sprang in den Nachthimmel empor, flog schnell zurück zur Kuppel.
Rorc sah zu, wie die Drachen zu einem Teil des Nachthimmels wurden; dann drehte er sich wieder zu Mailun um. Es stand eine Laterne auf dem Steinboden zu ihren Füßen, die von schräg unten ihr Gesicht beschien und den harten Ausdruck ihres Munds, die Erschöpfung in ihren Augen beleuchtete.
Sie war immer noch so sehr dieselbe und doch verändert: Falten in den Augenwinkeln, wo früher keine gewesen waren, graue Strähnen in ihrem dunklen Haar und ein Ausdruck in ihren Augen, der von durchlebten Jahren voll mit mehr Schmerz, als er ihr je gewünscht hätte, sprach. Wie viel davon hatte er verschuldet?
»Wie lange wissen sie es schon?«, fragte er leise.
»Seit einem Tag, nicht länger.« Sie musterte ihn aufmerksam, beinahe so, als ob er sie anspringen könnte. Er hatte vergessen, wie sehr das Blau ihrer Augen einem sturmdunklen Meer glich. Dunkler, wenn sie wütend war, oder unzufrieden, oder … Er zwang seine Gedanken fort von jenen Erinnerungen und schritt zur Dachkante, um ihr etwas Abstand zu gewähren.
»Du kannst aufhören, mich so anzusehen«, sagte er. »Du weißt, dass ich dir nicht wehtun würde, Mailun.«
»Es gibt mehr als eine Art, jemandem wehzutun.«
»Ja.« Er hielt ihrem Blick stand, bis sie beiseitesah. »Warum hast du es mir nicht gesagt?«
»Das hätte ich getan, wenn ich davon gewusst hätte. Aber du warst schon fort, bevor ich Gelegenheit dazu hatte. Und vielleicht war es so auch das Beste. Ich habe einen anderen gefunden, um deinen Platz einzunehmen.«
Es lag keine Bitterkeit in ihrem Ton, aber die Worte trafen ihn dennoch ins Herz wie kalte Pfeile, was ihn nach all diesen Jahren erstaunte.
»Ich bin gegangen, um dich zu beschützen, Mailun – nicht, weil ich nicht hätte bleiben wollen.«
»Wovor wolltest du mich schützen?« Sie ging auf ihn zu, brachte den Abstand in drei Schritten hinter sich. »Vor deinen eigenen Fehlern, deinen Dämonen?« Zorn machte ihr Gesicht bleich; ihre blauen Augen loderten dunkel. »Und selbst wenn ich es gewusst hätte, um es dir zu sagen, bevor du davongelaufen bist – wärst du geblieben? Kannst du mit Gewissheit sagen, dass du geblieben wärst?«
»Nein, das kann ich nicht.«
Es war nicht die Antwort, mit der sie
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