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Der Verrat Der Drachen: Roman

Titel: Der Verrat Der Drachen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Morgan
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verkeilte sie in den Fugen zwischen den Steinen und benutzte sie wie Treppenstufen, um die Mauer hinaufzuklettern. Sobald er die Mauerkrone erreicht hatte, band er ein Seil um den obersten Stachel und ließ es dann zu Rafe und Shaan hinunter. Rafe packte das Seil und kletterte so schnell wie eine Eidechse hinauf. Shaan hoffte nur, dass sie in der Lage sein würde, zumindest halb so schnell hinaufzugelangen; das Schwimmen hatte sie mehr ermüdet, als sie erwartet hatte. Rafe schaute zu ihr herunter und hielt drei Finger hoch. Shaan nickte und beobachtete, wie beide über die Mauer verschwanden.
    Langsam begann sie, drei Mal bis fünfzig zu zählen, und behielt dabei den Himmel im Auge. Die Morgendämmerung nahte rasch, und die Zeit wurde knapp. Drüben im Garten mussten Rafe und Aran damit beschäftigt sein, die patrouillierenden Wachen zu überwältigen. Shaan konnte von dort nichts hören, aber Stimmen und Schritte drifteten schwach aus dem zentralen Hof herüber. Plötzlich hörte sie, wie jemand auf der anderen Seite des Lagerhauses das Steinpflaster überquerte. Sie schlich sich an die Ecke und spähte herum; dann fluchte sie leise. Eine etwa sechzigjährige Frau war auf dem Weg zum Badehaus. Sie war das Hausmädchen des Wohngebäudes und praktisch taub. Wahrscheinlich hatte sie den ganzen Alarm verschlafen.
    Shaan wagte kaum zu atmen und beobachtete, wie der gebeugte Schatten am Eingang stehen blieb. Dann schien die Alte es sich anders zu überlegen und wandte sich dem Lagerhaus zu. Shaan fluchte erneut. Die Frau war ja vielleicht taub, aber nicht blind: Sie würde Shaan sehen, wenn sie dort stehen blieb, wo sie war. Also hörte sie auf zu zählen, griff nach dem Seil und begann so lautlos, wie sie nur konnte, hinaufzuklettern; ihr Nacken prickelte. Sie rechnete jeden Augenblick damit, die Frau aufschreien zu hören, aber nichts geschah. Die Lagerhaustür öffnete sich knarrend und schloss sich wieder, als sie die Mauerkrone erreichte. Als sie sich endlich hochgestemmt hatte, pochte ihr linker Arm vor Schmerz. Sie rang darum, leise zu atmen, während sie das Seil aufrollte und sich dann flach hinlegte, um in den Garten auf der anderen Seite zu spähen. Unten waren die Kronen mehrerer kleiner, blühender Bäume von dunklem Gras umgeben, das sich weiter bis zu mehr Bäumen und Sträuchern erstreckte. Die Schlafgemächer der Führerin lagen mitten im Garten, von den Mauern entfernt; das einzige andere Gebäude war das kleine Wachhaus beim Tor.
    Im Wachhaus war gewöhnlich ein Dutzend Soldaten stationiert, das in Schichten von vier Mann in den Gärten patrouillierte, und drei weitere Wachen waren in den Gemächern der Führerin postiert. Zwei Wachen standen normalerweise am inneren Tor in den Palast, aber Shaan bezweifelte, dass sie noch auf ihrem Posten waren. Ihr Plan stand und fiel damit, dass der Kampf an der Drachenanlage einige zumindest aus dem Wachhaus weglockte.
    Sie tastete nach dem Seil, das Aran zurückgelassen hatte, damit sie in den Garten hinunterklettern konnte. Eigentlich sollte sie ja auf Rafe warten, aber er schien zu lange zu brauchen. Die Dämmerung kam viel zu schnell: Bald würde es so hell sein, dass jemand sie sehen konnte. Der leise Ruf eines Raffiavogels erklang im Garten – und Shaan sah Rafe unter sich. Sie robbte zur Kante der Mauer, schwang die Beine hinüber und kletterte am Seil hinab zu Boden. Als sie das Gras berührte, flüsterte Rafe ihr ins Ohr: »Vier Wachen, alle erledigt, aber Aran glaubt, dass vielleicht mehr hier sind. Sei leise und vorsichtig.«
    Sie nickte und folgte ihm zu einer Ansammlung von Sträuchern nahebei. Aran hockte zwischen ihnen und wischte seine Messer am Gras ab.
    »Bleib zwischen Rafe und mir«, flüsterte er.
    Shaan zog das Messer aus der Scheide, die sie am Bein trug.
    In den Gemächern der Führerin war alles still und ruhig. Aran wies über seine Schulter, und sie hockten sich ins nasse Gras hinter einen großen Busch. Er bedeutete Rafe irgendetwas, was Shaan nicht verstand. Rafe legte ihr die Hand auf die Schulter. »Los«, flüsterte er, so leise, dass sie sich nicht sicher war, ob er es gesagt oder ihr nur den Gedanken in den Kopf gesetzt hatte.
    Sie rannten über die offene Grasfläche zur Mauer. Shaans Herz pochte heftig, als sie einen Moment lang im Schatten unterhalb der Wohnraumfenster innehielten. Rafe baute sich auf, bildete mit den Füßen eine Räuberleiter, und der Jäger trat hinauf und brach eines der Fenster mit seinem kurzklingigen

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