Der Verrat: Thriller (German Edition)
schaute man nach und entdeckte, dass es nicht einfach eine Betriebsstörung war, sondern dass jemand sie mutwillig beschädigt hatte.«
»Damit wir nicht beobachten konnten, wie sie aus dem Aufzug kamen«, sagte Vivian. »Nach Ihrem Gesicht zu urteilen, werden wir jetzt nicht zur guten Nachricht wechseln?«
»Es gibt keine gute Nachricht. Zu diesem Zeitpunkt nicht. Wir wissen nicht, was passierte, nachdem sie den Aufzug verließen. Es ist zu vermuten, dass sie in ein Fahrzeug einstiegen. Aber in welches? Wir haben keine Ahnung, wann sie das Parkhaus verließen. Sie könnten eine halbe Stunde hinten in einem Lieferwagen gesessen haben, Herrgott noch mal! Wir haben keine Möglichkeit, es herauszufinden.«
»Und die Aufnahmen vom Ausgang? Egal, in welchem Fahrzeug sie saßen, irgendwann mussten sie wegfahren.«
»Es ist Zeitverschwendung, Vivian. Wir wissen nicht, wie der Typ aussieht. Es macht allmählich den Eindruck, als hätte er einen Komplizen gehabt, aber wir können nicht sagen, ob es ein Mann oder eine Frau war. Wir mühen uns umsonst ab.«
Vivian verdarb das plötzlich den Appetit. Mit jeder Spur, die sich in nichts auflöste, verringerte sich die Chance, Jimmy noch lebend zu finden. Es war schon über fünf Stunden her, dass er verschwunden war. Das schwindende Zeitfenster für seine Rettung hinterließ einen bitteren Geschmack, den auch noch so viel Fast Food nicht überdecken konnte. Sie schob ihren zweiten Burger beiseite, dann überlegte sie es sich noch einmal und nahm ihn mit. Wenn sie hungrig gewesen war, dann würde es Stephanie genauso gehen. »Danke, Don. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie der Sache nachgehen.« Sie erhob sich. »Ich muss zu meiner Zeugin zurück.«
»Klar. Im Kontrollraum ist eine ganze Gruppe damit beschäftigt, anhand des Materials aus den Terminal-Kameras zurückzuverfolgen und zu orten, woher er kam. Sobald irgendetwas vorliegt, gebe ich Bescheid. Übrigens, von den Personen, die nicht zum Flug erschienen, passte keine zu unserem Typ. Ein älterer chassidischer Jude, eine schwarze Frau mittleren Alters und eine Studentin von der Northwestern University. Ihre Zeugin hatte also recht mit ihrem Hinweis.« Er folgte ihr zurück zum Terminal. Als sie in die Nähe des Verhörraums kamen, legte er ihr eine Hand auf den Arm. »Nehmen Sie es nicht zu persönlich, Vivian.«
»Wenn Sie so lange da gesessen und dieser Frau zugehört hätten wie ich, dann würden Sie es auch persönlich nehmen, Don. Manchmal ist das die einzig akzeptable Reaktion.« Sie streifte seine Hand ab. »Ich weiß, dass Sie sich den Arsch aufreißen für diesen Fall«, fügte sie in sanfterem Ton hinzu, nicht weil sie sich sorgte, dass sie seine Gefühle verletzen könnte, sondern weil sie gern alles Nötige tun wollte, um Jimmys Chancen nicht aufs Spiel zu setzen. »Und ich vertraue unbedingt darauf, dass Sie kein einziges Pixel aus den Überwachungskameras übersehen.« Sie schenkte ihm ihr schönstes Lächeln, aber ihre Gedanken waren schon wieder bei Stephanie, bereit für das nächste Kapitel.
34
N ach unserem Gespräch über Leanne sah ich Scarlett fast eine ganze Woche nicht. Ich führte Interviews mit einer Fernsehmoderatorin, die einen Leitfaden zu einem neuen Leben nach der Scheidung schreiben wollte. Da ihre Ehe vor aller Augen auseinandergebrochen war, gab es viel Raum für ihr Erneuerungsprojekt. Ich mochte die Frau nicht besonders, hauptsächlich weil sie zu denen gehörte, die nie einen Teil der Verantwortung übernehmen für das, was in ihrem Leben schiefgegangen ist. So ähnlich wie die Kerle, die ihre Frauen schlagen und sich dann beklagen, ihre Frauen hätten sie provoziert, weil sie gewagt hätten, verbal geschickter zu sein. Aber sie hatte ein gewandtes Mundwerk und die Gabe, griffige Kapitelüberschriften zu finden.
Als ich Scarlett das nächste Mal sah, schien sie viel heiterer zu sein. Es zeigte sich, dass in meiner Abwesenheit während ihres letzten Zyklus der Chemotherapie Simon bei ihr gesessen hatte, und das Gespräch mit ihm hatte sie in eine positivere Gemütsverfassung versetzt.
»Er sagt einfach das Richtige«, meinte sie. »Ich weiß nicht, wie er das hinkriegt, aber er hat einen Instinkt dafür, den Finger genau auf das zu legen, was mir Angst macht oder mich quält. Und dann kommt er mit irgendeiner Geschichte oder Statistik oder was immer, nach denen ich mich dann besser fühle.«
Ich war erleichtert, dass jemand bei ihr gewesen war, der ihr half, zuversichtlich zu
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