Der Verrat: Thriller (German Edition)
Wir haben es uns geschnappt. Der Preis war gut, und es war exakt das, was wir suchten.«
»Haben Sie es direkt von Leanne gekauft?«, fragte Nick. Stephanie war fasziniert davon, ihm bei der Arbeit zuzuschauen. Er fragte Dinge, die ihr nicht gleich in den Sinn gekommen wären, doch sie bemerkte, wie wichtig diese Fragen waren. Sie waren beide Profis im Befragen von Menschen, doch hatten sie beide diese Tätigkeit mit unterschiedlicher Zielsetzung erlernt und gingen deshalb völlig unterschiedlich vor.
»Gut gemacht, junger Mann. Sie sind auf den einzigen ungewöhnlichen Aspekt an der ganzen Transaktion gestoßen. Der Besitz lief nicht auf Leannes Namen, sondern gehörte einer gemeinnützigen Stiftung.«
»War das zufällig der TOmorrow Trust?« Stephanie war sich ziemlich sicher, dass sie die Antwort darauf schon kannte, doch sie musste einfach fragen.
Johnny Sullivan richtete den Finger auf sie wie eine Pistole. »Volltreffer. Ich habe einen Steuerbetrug vermutet. Das ist es doch für gewöhnlich hier unten.«
»Hat sie eine Nachsendeadresse hinterlassen?«
»Nur den Anwalt. Sie hat nicht viel Post bekommen, aber wenn doch mal etwas kommt, dann leiten wir es an den Anwalt weiter.«
»Wissen Sie, ob Leanne mit irgendjemandem im Dorf besonders gut befreundet war?« Nick lehnte sich bequem auf seinem Stuhl zurück, der Inbegriff von entspanntem, geselligem Interesse.
»Sie hatte wohl etwas für Paco übrig. Er betreibt die Bar am Dorfplatz. Und sie hat sich mit einem englischen Ehepaar angefreundet, Ant und Cat. Die drei hingen immer zusammen in der Bar herum und haben mit Paco palavert. Aber ich glaube nicht, dass die noch Kontakt zu ihr haben. Ant und Cat haben am Neujahrstag geheiratet und haben ihr über den Anwalt eine Einladung geschickt. Sie schickte nicht einmal eine Karte oder ein Hochzeitsgeschenk, geschweige denn, dass sie persönlich erschienen wäre. Die beiden waren wirklich sauer auf sie.« Und das war das letzte bisschen an verwertbarer Information, das sie von Johnny Sullivan bekamen.
Als sie ihm zum Abschied winkten, sagte Stephanie: »Es scheint, als hätte Leanne wirklich die Schnauze voll gehabt von Scarlett. All dem hier den Rücken zu kehren, nur weil sie einen Streit hatten.«
Nick brummte unverbindlich. »Es ist interessant«, meinte er. »Ich möchte wissen, was Paco und die berühmten Ant und Cat dazu zu sagen haben.«
Sie fanden die Bar problemlos. Es kam sogar noch besser. Die drei Leute, mit denen sie sprechen wollten, waren anwesend. Es war ein typisches Dorflokal mit schlichtem Dekor, einfacher Speisekarte und freundlicher Atmosphäre. Doch sobald sie Leannes Namen erwähnten, wurde die Stimmung merklich kühler. »Hat uns hier ohne Abschied sitzen lassen«, schimpfte der weißblond gefärbte Ant und verzog verächtlich die Lippen. Er bewegte die Schultern und stellte dabei stolz seine im Fitnessstudio gestählten Muskeln zur Schau. »Sie war Cats beste Freundin, aber sie hat dich nur ausgenutzt, Liebling. Sobald sie zurück bei ihren Promi-Kumpels war, hat sie keinen Gedanken mehr an uns verschwendet.« Paco nickte, während er mit Nachdruck ein Weinglas polierte.
Cat, die ihr Haar dank eines begnadeten Friseurs in einer rabenschwarzen Amy-Winehouse-Mähne trug, saß regungslos wie eine Statue und nickte weise. »Hat Paco hier abserviert, als wäre er ein Aussätziger. Nicht mal eine Postkarte oder eine SMS. Ich habe es aufgegeben zu zählen, wie viele SMS ich ihr schon geschickt habe, ohne etwas zurückzubekommen.« Ant tätschelte ihre Hand.
»Und Voicemail«, mischte sich Paco ein. »Sie ignorieren Voicemail zwanzig Mal oder mehr. Sie lieben Leben in London. Ich weiß das. Aber ich denke, sie zurückkommen, weil wir hier haben etwas Gutes.« Er polierte das Glas zu Ende und stellte es zurück auf das Regal. »Ich liebe sie. Aber das jetzt nicht wichtig.«
»Das stimmt, Paco. Darum geht es hier nicht. Wie könnten wir mit Leuten wie dieser Scarlett und ihresgleichen mithalten?«, schmollte Cat und gab sich zickig wie ein beleidigter Teenager.
»Haben Sie sie nicht zurückerwartet, nachdem Scarlett gestorben war?«
»Natürlich haben wir sie erwartet«, entgegnete Ant und dehnte seine Armmuskeln. »Wahrscheinlich ist sie mit irgendeinem Typen abgezogen, der mehr Geld als Verstand hat.«
»Sie hatte immer ein Auge für die große Chance.«
Stephanie hielt das für eine abwegige Einschätzung. In einer spanischen Kleinstadt zu leben und für den Lebensunterhalt anderen
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