Der Verrat: Thriller (German Edition)
hier mit dir zusammen?«
Jetzt wich Scarlett eindeutig aus. »Eigentlich schon. Nur wenn er den DJ bei Partys in Clubs macht und so, dann wird’s spät, und er pennt bei seinen Freunden in der Stadt. Manchmal ist er hier und manchmal nicht. Früher bin ich mit ihm ausgegangen, aber jetzt, wo ich schwanger bin, kann ich natürlich so’n Zeug nicht machen. Nicht, wenn die Paparazzi an jeder verdammten Ecke lauern.«
Ich versuche wirklich, niemanden zu verurteilen. Hauptsächlich, weil es die Arbeit erleichtert. Aber manchmal flüstert eine Stimme in meinem Hinterkopf Dinge wie: »Vergiss die Paparazzi, was ist denn mit dem verdammten Baby?« Und ich muss mich bemühen, mein Gesicht unter Kontrolle zu halten und ruhig zu klingen. »Schon gut. Sicher kommt er mal zufällig vorbei, wenn wir die Interviews machen, und ich kann ein Gespräch mit ihm einschieben. Und wenn das nicht klappt, planen wir eben was.«
»Wir machen also die Gespräche und die Aufnahmen hier, oder?«
»Also, nicht im Whirlpool. Wir brauchen einen ruhigen Platz. Aber ja, hier in deinem Haus, das wäre am einfachsten.«
Jetzt war der skeptische Blick wieder da. »Würdest du dann hier übernachten?«
»Nein, ich würde abends nach Hause fahren. Zurück nach London.«
Sie nickte. »Ja, du willst bestimmt nicht hier sein, wenn Joshu seine Musik spielt. Manchmal kommen abends Bands hierher und alle möglichen Leute.« Ihr Mund verzog sich zu einem nachsichtigen, spöttischen Lächeln. »Es würde dir nicht besonders gefallen, was sie so treiben, eine nette seriöse Lady wie du.«
Ich lachte. »Eine Lady hat mich schon sehr lange niemand mehr genannt. Oder auch seriös, übrigens.«
Scarletts Blick verdüsterte sich. »Im Vergleich mit meinem Leben, Schatz, bist du Mutter Teresa. Und wo wir schon beim Thema sind, ich will nicht, dass du mal schnell nach Leeds raufflitzt zu einem gemütlichen kleinen Schwatz mit meiner Mum und meiner Schwester. Die lässt du verdammt noch mal außen vor. Ich sag dir alles, was du über sie wissen musst, und dann wirst du kapieren, warum ich nicht will, dass du dir ihr giftiges Gelaber anhörst. Verstehen wir uns da?«
Ich zog mich hoch, bis ich auf dem Rand des Whirlpools saß. »Du bist der Boss. Aber es würde sich gut lesen, wenn wir uns mit jemandem treffen, der dich schon von Anfang an kennt. Einfach, um den Vergleich durchschlagender zu machen.«
Scarlett blickte finster. »Ich denk mal darüber nach. Das Problem ist, sie sind alle besoffene Schlampen, Junkies und Wichser. Du wärst bestimmt lieber nicht mit ihnen im gleichen Raum.«
»Ich bin sicher, dass dir jemand einfallen …«
»Na, wen haben wir denn da?«, unterbrach mich eine amüsierte Stimme. »Scarlett, mein Mädel, meine Frau, was hast du vor? Bringst du deine Freundinnen her, damit sie mit uns Spaß haben? Hast du an ’nen netten flotten Dreier gedacht?«
Ich drehte mich um und sah einen jungen Mann asiatischer Abstammung in der vertrauten Montur – schief sitzende Baseballkappe, sportliche Lederjacke, zwei Größen zu groß, über einem dunklen Polohemd, tiefsitzende weite Hose, die auf übergroße Joggingschuhe hinunterhing.
Aber es war nicht sein Outfit, das meine Aufmerksamkeit erregte. Sondern der glänzende Chrom der Pistole, die er in der Hand hielt.
5
S tephanie hielt plötzlich inne, offensichtlich durchlebte sie den Schock dieses Augenblicks noch einmal. Als ausgebildete FBI-Agentin waren Vivian McKuras schon manche Gefahr und auch geladene Waffen begegnet, mit denen sie adrenalingewappnet und locker umgegangen war; aber Stephanies Offenbarung verblüffte selbst sie. Bis zu diesem Punkt hatte sich die Geschichte der Frau wie eine Allerweltserzählung über mäßige Berühmtheit angehört, verschönt vom rosigen Schimmer dessen, was Vivians Vorstellung vom britischen Leben war, die sie aus den Hörspielen des CBS Mystery Theatre gewonnen hatte. Aber durch das Auftreten einer großen, glänzenden Pistole hatte sich das radikal verändert.
»Er trug eine Waffe?« Sie wollte das abklären, bevor sie die Grenzpolizei auf diesen britischen DJ ansetzte.
»Mit der Betonung auf ›trug‹«, sagte Stephanie. »Die Sache mit Joshu ist, dass er immer ein totaler Flachwichser war.« Als sie Vivians ratlos gerunzelte Stirn sah, erklärte sie: »Ein Wichser, ein Vollidiot. Große Klappe, nichts dahinter.«
»Aber trotzdem. Er hatte eine Waffe, als Sie ihn zum ersten Mal sahen. Das muss ziemlich beängstigend gewesen sein. Soweit
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