Der Verrat: Thriller (German Edition)
Mum sein. Ich werde dieses Kind richtig großziehen. Und nichts wird mich davon abhalten.« Und ich glaubte ihr.
Sie wühlte in ihrer Schultertasche, zog ein zerknittertes Bündel mit herausgerissenen Seiten aus verschiedenen Broschüren und Katalogen heraus und breitete sie auf dem Tisch aus. »Das ist das Bettchen, das ich nehme«, sagte sie, fuhr mit der Hand über eine bunte Fotografie und schob sie zu mir herüber.
Während sie über ihre Einkäufe sprach, kam mir der Gedanke, dass sie wahrscheinlich sonst niemanden hatte, mit dem sie über so etwas reden konnte. Die Mädchen, mit denen sie einen draufmachte, hatten nicht die nötige Aufmerksamkeitsspanne. Joshu schien kein Interesse an den praktischen Einzelheiten ihres Lebens als Eltern zu haben. Und sie hatte kein mütterliches Vorbild in der Familie, an das sie sich wenden konnte. Ich kam einer Tante oder einer großen Schwester noch am nächsten. Nur fand ich, dass Scarlett auf jeden Fall die falsche Frage stellte, wenn ich die Antwort war, da ich noch nie auch nur einen Funken Mütterlichkeit im Leib gehabt hatte.
Aber trotzdem war ihre Begeisterung ansteckend, und unwillkürlich begann ich, mich an der Debatte über Buggys und Kindersitze zu beteiligen. Wir blätterten vor und zurück zwischen verschiedenen Mobiles, als das Alarmsignal ihres Handys ertönte. Bestürzt begann Scarlett, ihre Katalogseiten zusammenzuraffen. »Ach, Mist«, sagte sie. »Ich muss gehen. Ich führe bei einer Wohltätigkeitsfeier oben in Knightsbridge Umstandskleidung vor. Schlampen-Mami trifft knackige Supermuttis.« Sie schob die Papiere in ihre Tasche. »Es war toll bei dir. Hat mir verdammt gut gefallen.« Sie stand auf, die Hand aufs Kreuz gelegt, und stöhnte. »Der Scheißrücken. Es wird nicht leichter.« Sie umarmte mich. »Darf ich wiederkommen?«
Ich drückte sie an mich. »Natürlich.«
Wir hatten den Flur halb hinter uns und quatschten darüber, wann wir uns wiedersehen würden, als die Haustür aufging. Pete trat herein und blieb abrupt stehen. Sein Gesichtsausdruck verriet nichts. Das war nie ein gutes Zeichen. Scarlett blieb etwas zurück, und ich schaffte es irgendwie, sie in dem engen Flur einander vorzustellen. Pete brummte etwas als Antwort, aber Scarlett bemerkte es nicht, oder es war ihr egal. »Sie haben da eine gute Partnerin, mein Freund«, sagte sie zu ihm, während sie sich an ihm vorbeiquetschte und zur Tür ging. »Auf die sollten Sie aufpassen. Wir sehen uns, Steph.« Und weg war sie, einen Hauch von Scarlett Smile in der Luft hinterlassend.
Es wäre wohl zutreffend zu sagen, dass Pete nicht gerade erfreut war über meine neue beste Freundin. Er schien brüskiert, dass ich mit einer Frau befreundet sein wollte, die ich dadurch kennengelernt hatte, dass ich als Ghostwriterin über sie schreiben würde. Nein, das stimmt nicht ganz. Wäre es ein Politiker oder sonst jemand mit einer gewissen Stellung und Macht gewesen, dann hätte er ihn durchaus gern in unseren Freundeskreis aufgenommen. Aber er sah nur Scarlett Harlot und alles, was mit diesem Image zusammenhing.
»Die Leute beurteilen uns nach der Gesellschaft, die wir suchen«, sagte er geduldig, als erkläre er dies einem Kind. »Ich will nicht, dass sie dich falsch einschätzen, weil du mit ihr Umgang pflegen willst. Jeder weiß doch, dass sie eine Rassistin, schwulenfeindlich und strohdumm ist …«
»Und sie haben unrecht. Diese Person ist sie nicht. Sie hat sich dafür entschieden, eine solche Person zu spielen.«
Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Es ist egal, ob sie recht oder unrecht haben. Was zählt, ist, wie die Leute sie sehen. Sie halten sie für eine verachtenswerte Schlampe. Und das sollte genügen, um dich von ihr fernzuhalten. Du hast nichts mit ihr gemeinsam, Stephanie.«
»Ich mag sie.«
»Ich mag Reginald D. Hunter, aber ich will ihn nicht in meiner Küche haben.«
»Und wer ist jetzt der Rassist?« Ich bemühte mich, unbeschwert zu klingen, aber Pete fand es nicht lustig.
»Komm mir nicht so klugscheißerisch«, sagte er, ging zum Kühlschrank und nahm eine Flasche Bier heraus. »Ich denke dabei nur an dich.«
Ich wusste, dass das eine dicke Lüge war. Er dachte dabei nur an sich selbst. Er sorgte sich, dass die Leute ihn nach der Gesellschaft beurteilen würden, mit der ich umging. Aber ich mochte kein großes Thema daraus machen. Es würde nur mit unguten Gefühlen enden, und ich konnte es nicht ertragen, den Schmerz in seinen Augen zu sehen, wenn er
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