Der Verrat: Thriller (German Edition)
zornig war. »Ich werde dafür sorgen, dass sich eure Wege in Zukunft nicht kreuzen«, sagte ich.
Offenbar hatte ich nicht versöhnlich genug geklungen. »Der einfachste Weg, dafür zu sorgen, dass sich unsere Wege nicht kreuzen, ist, sie nicht wieder hierher einzuladen«, motzte er, ging an mir vorbei und setzte sich mit der Fernbedienung in der Hand auf das Sofa. »Was gibt’s zum Abendessen?«
»Ich wusste nicht, dass du vorbeikommst«, antwortete ich. »Ich mache Spaghetti Carbonara.«
Er brummte. »Damit muss ich mich dann wohl zufriedengeben. Komm her und kuschel ’n bisschen mit mir, bevor du die Ärmel hochkrempelst. Es hat so lange gedauert und war so anstrengend, bis die Abmischung perfekt war.«
Und das war’s auch schon. Im Rückblick frage ich mich, ob er dachte, ich hätte versprochen, Scarlett fallenzulassen. Es war mir überhaupt nicht in den Sinn gekommen, dass er mich so missverstehen könnte.
12
W ährend ich an der Erstfassung arbeitete, traf ich Scarlett jede Woche ein- oder zweimal. Meistens aßen wir zusammen Lunch in der Stadt, aber sie kam noch zweimal zu mir nach Hause. Inzwischen wussten wir beide, dass wir Freundinnen sein würden. Aber es gab auch Geschäftliches zu erledigen. Es wurde weiter über die Pläne für die Hochzeit geredet, einschließlich der Exklusivrechte für die Berichte, die es zu verkaufen galt. Obwohl George eingewendet hatte, ich sei keine Journalistin, was vollkommen vernünftig war, beharrte Scarlett darauf, dass ich die einzige Berichterstatterin sei, mit der sie sprechen werde. Also musste ich neben der Arbeit am Buch einen großen Illustriertenartikel und ein Special für eine Zeitung über die verflixte Hochzeit schreiben.
Es war so schwierig, wie Katzen bei einer Balgerei zu fassen zu kriegen. Weder Scarlett noch Joshu schienen das geringste Interesse an Gesprächen über ihre Liebe, ihre Hochzeit oder Ehe und Elternschaft zu haben. Schließlich fuhr ich zu einer Zeit zur Hazienda hinaus, als ich sicher war, dass beide zu Hause sein würden, und holte sie in das Wohnzimmer mit den Western-Motiven, wo ich sie zwang, mir genug Zitate zu liefern, dass ich etwas zusammenschustern konnte.
Während ich mich als Journalistin betätigte, las Scarlett die Erstfassung des Buchs. Wir mussten uns dem jetzt stellen, denn Stellar Books wollte, dass es zeitgleich mit der Hochzeit erschien. Gott sei Dank gefiel Scarlett das, was ich geschrieben hatte, und sie verlangte nur ein paar kleine Änderungen an Stellen, wo ich missverstanden hatte, was sie in ihrer Rolle als Scarlett Harlot hatte sagen wollen. Als die Hochzeitswoche kam, waren die Artikel bei ihren jeweiligen Redaktionen und das Buch in der Druckerei. Ich hatte meinen Teil der professionellen Übereinkunft eingehalten.
Das hieß, dass es jetzt nur noch um die persönlichen Dinge ging. Zur Hochzeit war Pete zusammen mit mir eingeladen. Ich hatte gezögert, ihm überhaupt davon zu erzählen. Er würde wahrscheinlich arbeiten müssen und hätte sowieso keine Zeit, mitzukommen. Schließlich entschloss ich mich, es gar nicht zu erwähnen. Es ist mir klar, dass ich den feigen Ausweg wählte, aber ich wollte den Tag einfach genießen, ohne mich dabei mies zu fühlen. Ich wusste, dass jede Menge Fotos in der Presse erscheinen würden, rechnete aber damit, dass ich im Hintergrund bleiben könnte. Niemand würde ein Interesse an mir haben, wenn es eine ganze Schar von C-Promis gab, die zur Auswahl standen.
Das glückliche Paar war piekfein gekleidet. Scarletts Kleid war ein Wunderwerk an Designer-Raffinesse. Obwohl sie fast am Ende des achten Monats war, war das elfenbeinfarbene Seidenkleid so kunstvoll entworfen und geschnitten, dass ihre Schwangerschaft kaum zu sehen war. Ein Hauch aus Spitze und Goldfäden umgab ihren Kopf wie ein extravaganter Heiligenschein und machte aus ihr eine Yes! -Illustrierten-Madonna. Auch Joshu hatte sich nett herausgeputzt. Sein Cutaway saß perfekt, sein Haar war ordentlich frisiert, und er schien nicht unter dem Einfluss von Drogen zu stehen. Ich wünschte mir ihm zuliebe, dass seine Familie da wäre, um zu sehen, wie gut er gekleidet war. Allerdings war es angesichts seiner felsenfesten Überzeugung, dass seine Mutter nicht zufrieden wäre, bis sie Scarlett auf der Straße gesteinigt sähe, wahrscheinlich besser, dass sie nicht gekommen waren.
Die Zeremonie selbst war überraschend würdevoll. Sie hatten sich für eine nicht konfessionsgebundene Feier mit einem spirituellen Touch
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