Der Verrat: Thriller (German Edition)
andere Hälfte der Meinung ist, dass die British National Party zu verdammt weit links steht. Weißt du was, ich glaube, ich werde meinen eigenen Namen behalten.«
»Hat dir deine Familie gefehlt?«
»Nee«, sagte sie. »Hab ich dir erzählt, dass meine Mum versucht hat, sich mit mir in Verbindung zu setzen? Die Publicity muss irgendwie durch den Alkoholnebel zu ihr durchgedrungen sein. Oder meine Schwester hat sie dazu angestiftet. Hat wohl gedacht, dabei könnte vielleicht was für sie rausspringen. Zum Glück hat sie nur Georgies Nummer. Wenn es hart auf hart kommt, ist es immer gut, die feinen Schnösel auf seiner Seite zu haben. Die haben’s total drauf, die wissen, wie man den unteren Schichten Gottesfurcht beibringt. Er ist ihr mit ’ner gepfefferten Drohung gekommen. Hat ihr gesagt, er würde ihr die Bullen auf den Hals schicken und so weiter. Also hat sie’s aufgegeben. Und es tut mir nicht leid. Ich hätte mich den ganzen verdammten Tag lang gefragt, wann die Bombe hochgeht.«
Ich gähnte. »Na gut.« Ich stand auf. »Und jetzt fahr ich nach Hause.«
»Ach nee, Steph«, widersprach Scarlett und stemmte sich hoch. »Du kannst mich in meiner Hochzeitsnacht doch nicht ganz allein lassen. Das wäre nicht richtig.«
Ich lachte. »Kannst du dir vorstellen, was die Klatschblätter daraus machen würden? ›Scarlett Harlot verbringt Hochzeitsnacht mit Ghostwriterin.‹ Nein, ich fahr besser nach Hause.«
»Nein, im Ernst, Steph. Ich will heute Nacht nicht allein im Haus sein.« Auf einmal war alle Leichtfertigkeit verschwunden. Scarlett war es todernst. »Ich fühle mich total mies und will nicht allein sein.«
Ich sah, wie ernst sie es meinte. Mitten in der Pampa von Essex hängen bleiben wollte ich nicht, sie aber andererseits auch nicht im Stich lassen. Typisch für den hoffnungslosen Wichser Joshu, dass er sie in ihrer Hochzeitsnacht mutterseelenallein ließ, weil er unbedingt für seine Freunde den großen DJ raushängen musste. »Dann sag ich Bescheid, dass der Wagen wegfahren kann«, schlug ich so bereitwillig ich konnte vor.
Als ich zurückkam, trennten wir uns fast sofort. Scarlett stapfte mühsam nach oben, während ich mich den Flur entlang zu den Gästezimmern beim Pool aufmachte. In dem Zimmer, das ich auswählte, war schon alles vorbereitet und so makellos und unpersönlich wie in einem Hotelzimmer, ausgenommen der große flauschige Schimpanse, der auf dem Kissen saß. Ich fragte mich, ob das eine Eingebung Scarletts gewesen war oder ob der frühere Besitzer ihn dagelassen hatte. Wie versprochen lag in der Kommode ein Stoß säuberlich zusammengefalteter identischer Nachthemden für Damen und Herren. Im Badezimmerschrank gab es verpackte Zahnbürsten, Einwegrasierer und Kondome. Kostspielige Toilettenartikel standen auf der Ablage der Duschkabine. Bei Scarletts Mangel an Erfahrung mit solchen Dingen vermutete ich, dass George Carla oder dem Putzservice Anweisungen dafür gegeben hatte.
Kaum hatte ich noch die Energie, mich auszuziehen und die Zähne zu putzen. Am nächsten Tag musste ich das Kapitel über die Hochzeit schreiben. Schon der Gedanke daran genügte, die letzten Kraftreserven aus meinem erschöpften Körper schwinden zu lassen. Ich schwöre, dass ich schon schlief, bevor ich die Augen schloss.
13
E s war das unvermittelte helle Licht, das mich aus tiefem Schlaf riss. Blinzelnd richtete ich mich auf. »Tut mir leid«, keuchte Scarlett. »Aber ich glaube, das Baby kommt.« Sie stand an die Türöffnung gelehnt, hielt ihren Leib umklammert und schwitzte wie ein Feldarbeiter im Sommer. »Ich bin aufgewacht und war ganz nass«, sagte sie. »Die Fruchtblase ist geplatzt. Und ich habe Wehen.«
Ich sprang auf und rannte zu ihr hin, schob meine Schulter unter ihren Arm und führte sie zum Bett. »Leg dich hin« befahl ich. Ich wusste nichts weiter über Geburten als das, was ich im Lauf der Jahre in Filmen und im Fernsehen gesehen hatte. In diesem Moment schien mir das bei weitem nicht genug. »Wie oft kommen die Wehen?«
»Weiß ich nicht, verdammt noch mal«, rief sie, krümmte sich vor Schmerz und stöhnte mit zusammengebissenen Zähnen. Es schien ewig zu dauern, aber nach meiner Uhr waren es nur ungefähr zwanzig Sekunden. Nachdem es vorbei war, entspannte sie sich deutlich und wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. So kläglich wie ein verängstigtes Kind schaute sie zu mir auf. »Es tut verdammt weh, Steph.«
»Wie lange ist das schon so?«, fragte ich.
»Als wir im
Weitere Kostenlose Bücher