Der Verrat: Thriller (German Edition)
sind, wo sie sein sollten
Ist Leanne noch in Spanien? Steph nach ihrer Beziehung zu Jimmy fragen
Joshus Familie unter die Lupe nehmen
Der erste Posten auf der Liste war einer, den er nicht vom Büro aus erledigen wollte. Dr. Charlie Flint war Psychiaterin und ehemalige Profilerin, die nach einer umstrittenen Dienstenthebung erst kürzlich wieder eingesetzt worden war. Wegen des Verfahrens war Charlie für die Polizei zur Persona non grata geworden. Und deshalb wollte er den Anruf nicht dort erledigen, wo Broadbent ihn mithören konnte. Aber Nick und Charlie kannten sich schon sehr lange. Damals, als er während seines Psychologiestudiums nebenbei einer lukrativen Tätigkeit als Drogendealer nachgegangen war, hatte Charlie eingegriffen und ihm ein strenges Ultimatum gestellt. Damit aufzuhören, oder sie würde ihn der Polizei melden. Ihre Intervention hatte Nick vor seiner jugendlichen Arroganz gerettet, und er wusste, dass er dieses Leben, das er liebte, ihr verdankte. »Ich habe dich zwar nicht sonderlich gemocht«, hatte sie ihm später gesagt. »Aber ich konnte es nicht mit ansehen, dass ein guter Kopf vor die Hunde gehen würde.«
Natürlich wollte sie ihn mit dieser Feststellung nur ein bisschen ärgern. Trotz – oder vielleicht wegen – seiner schwierigen Vergangenheit waren sie Freunde geworden. Nicht dass er zu wenig Freunde hatte. Einige waren Polizisten, aber es waren auch viele Musiker darunter, sowohl Profis als auch Amateure. Aber Charlie war dieser Tage die einzige Person in seinem Freundeskreis, die wusste, wie nah dran er gewesen war, ein ganz anderes Leben zu führen als sein jetziges. Wenn die Dinge schwierig wurden, machte es schon einen Unterschied, jemanden auf seiner Seite zu haben, der vollkommen vertrauenswürdig war. Und dies hier war eben genauso ein Fall, bei dem Charlie vielleicht nützliche Einfälle haben konnte.
Nachdem er ihre Nummer gewählt hatte und auf die Verbindung wartete, gestand er sich ein, dass er sich vielleicht nicht die Mühe gemacht hätte, Charlie zu belästigen, wenn es um einen ganz normalen Fall gegangen wäre. Er regte sich so über die Sache auf, weil die Person, die im Büro des FBI saß und wegen des kleinen Jimmy Higgins durchdrehte, Stephanie war.
Zwei Jahre zuvor hatten sie sich kennengelernt, und er fand sie von Anfang an attraktiv. Aber es hatte keine Gelegenheit gegeben, etwas daraus zu machen. Außerdem hatte er es immer heikel gefunden, Beruf und Vergnügen zu vermischen. In seinem Beruf war es ja nicht so, dass erste Begegnungen im Allgemeinen frohe Erinnerungen hervorriefen. Polizisten waren für die schlimmen Dinge des Lebens da, und dabei war es nicht wahrscheinlich, dass eine Beziehung sich günstig entwickelte. Zunächst einmal stimmte die Machtbalance nicht. Er wollte eine Beziehung, die auf Gleichheit gegründet war, nicht auf ihm als Helden und ihr als verletzlicher junger Frau in Nöten.
Dann hatte sie ihn aus heiterem Himmel angerufen. Aus beruflichen Gründen, zugegebenermaßen. Aber sie hätte ja auch mit ihrer örtlichen Kripo sprechen können. Dass sie ihn als eine verständnisvolle Persönlichkeit betrachtete, hatte seinem Ego auf jeden Fall Auftrieb gegeben. Und als die Sache erledigt war, hatte er vorsichtig durchblicken lassen, dass er sie gern treffen würde, wenn sie Lust auf eine Verabredung hätte. Denn er konnte das Gefühl, das sie in ihm auslöste, nicht verdrängen. Trotz seines Vorsatzes, sich von Frauen mit einem komplizierten Leben fernzuhalten, konnte er Stephanie nicht widerstehen.
Zuerst ließen sie es ruhig angehen. Sie gingen zum Lunch, ins Kino, aßen dreimal Dinner zusammen und besuchten mit Jimmy den Londoner Tower. Sie telefonierten spätabends, tauschten sich über Facebook und Twitter aus. Und es hatte zwei Monate gedauert, bis sie miteinander schliefen, was ihm inzwischen ganz unnormal vorkam. Es lief nicht so aus Mangel an Verlangen – zumindest bei Nick nicht. Es fiel ihm schwer, den genauen Grund auszudrücken, aber er glaubte, es hatte wohl mit dem Ernst der Sache zu tun. Und mit dem Kind ebenfalls. Man ging kein Risiko ein, wenn ein Kind mit im Boot war.
Charlie nahm nach dem zweiten Klingeln ab. »Hi, Nick. Was für eine nette Überraschung. Wie läuft’s?«
»Ist schon mal besser gelaufen, Charlie. Und bei dir? Hast du jetzt Zeit?«
»Klar. Maria steht in der Küche und kocht irgendwas Tolles, und ich hab nichts, um mich zu beschäftigen, außer diesem Glas Wein hier. Was macht dir zu
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