Der verruchte Spion
Jahre alt war, war nur der Neffe des Earls und noch dazu nicht der älteste Sohn. Aber die anderen Erben starben kurz hintereinander durch eine Verkettung ungewöhnlicher Umstände, so wurde ich Lord Reardon, als ich noch ein Junge war.«
»Ich verstehe«, sagte sie langsam, denn er schien eine Antwort zu erwarten. »Wie … angenehm.«
»Du solltest dich von meinem Titel nicht verunsichern lassen«, versicherte er ihr.
Sie lächelte nicht, denn er schien die ganze Sache sehr ernst zu nehmen. »Das werde ich nicht«, versprach sie mit gleicher Ernsthaftigkeit.
»Dann verstehst du jetzt also unser Problem«, sagte er und spreizte die Finger. »Wir sind nicht wirklich miteinander verheiratet.«
Willa dachte eine Weile gründlich nach. »Es tut mir Leid, aber nein, das begreife ich nicht.«
»Adlige können nicht einfach so heiraten wie ein Schmied oder ein Bauer«, erklärte er mit sanfter Stimme. »Nach dem Gesetz müssen wir drei Wochen vor der eigentlichen Zeremonie unser Vorhaben bekannt machen, damit jeder, der einen Anspruch auf den Titel oder einen Teil der Ländereien hat, sich in dieser Zeit melden kann.« Er zuckte die Achseln. »Es muss über die Mitgift gesprochen werden, Erbschaftslinien mütterlicherseits müssen gewährleistet werden, endlose Verhandlungen …«
Gütiger Himmel – war das alles, worum er sich so sorgte? Willa beugte sich vor und stützte ihr Kinn in die Hand. »Machst du mir einen neuen Antrag? Der erste war kaum der Rede wert.«
Nathaniel atmete tief durch. »Ja, natürlich. Ich fühlte mich nicht gerade wohl.« Mit einer schnellen, flüssigen Bewegung
kniete er vor ihr nieder. »Miss Trent, wollt Ihr meine Frau werden?«, fragte er hastig.
Sie seufzte. »Du hast Glück, dass mein Ruf bereits ruiniert ist, denn mit so einem Antrag würdest du noch nicht mal eine Katze, die in einen Bach gefallen ist, dazu bringen, dich heiraten zu wollen.«
Er wurde ungeduldig.
»Na gut«, sagte sie. »Ich nehme an.«
Er kehrte auf seinen Platz zurück. Zweifelsohne hielt er sie für unnötig clever. Willa seufzte. Sei’s drum. Ein Antrag war schließlich nichts als eine Frage. Noch dazu hatte er ihre Antwort bereits gekannt.
Sie sah ihn aufgeräumt an. »Es muss also ein Aufgebot bestellt werden und Ländereien müssen aufgeteilt werden. Wann fangen wir damit an?«
»Gar nicht. Sobald wir in London ankommen, werde ich um eine Sondergenehmigung durch den Bischof ersuchen, damit wir ohne weitere Verzögerung getraut werden können.«
Sie legte den Kopf auf die Seite. »Männer machen immer alles so kompliziert. Warum hast du das nicht gleich gesagt?«
Er schien bestürzt. »Aber das habe ich doch gerade.«
»Na gut. Lass mal sehen, ob ich alles verstanden habe.« Sie zählte an ihren Fingern ab. »Du bist Lord Reardon. Wir sind nicht verheiratet. Du hast mir einen Antrag gemacht. Ich habe angenommen. Wir werden dank einer Sondererlaubnis getraut, sobald du mit dem Bischof gesprochen hast. Ich muss zugeben, dass mir ein Stein vom Herzen fällt. Denn das alles erklärt, warum du nicht mit mir kopu… warum du nicht mit mir schlafen wolltest.«
»Äh, Willa …«
»Ich bin ehrlich erleichtert. So sehr ich mich für die Abläufe der Natur interessiere, so glaube ich doch, dass uns ein
bisschen Zeit gut tun würde, in der wir uns kennen lernen können, meinst du nicht?«
»Willa …«
»Dann wäre da allerdings noch die Sache mit dem Fluch. Es ist dir bisher gelungen, relativ unbeschadet zu bleiben, wenn man mal von der kleinen Beule an deiner Schläfe absieht, und ich bin ziemlich ungeduldig, endlich mit der Arbeit an dem kleinen Lord Reardon anzufangen …«
»Willa!«
»Ja, Nathaniel?«
»Das war noch nicht alles.«
»Oh, Liebling. Entschuldige bitte.« Sie faltete die Hände im Schoß und wartete geduldig.
Er rieb sich den Nacken und blickte auf den Boden vor seinen Füßen. »Es wird keinen kleinen Lord Reardon geben. Ich habe bereits einen Erben, meinen Vetter Basil. Er ist nicht gerade erste Wahl als Erbe, aber wenn wir Glück haben, wird er eines Tages heiraten und uns mit einem Erben versorgen, der etwas … gewissenhafter ist.«
»Unsinn. Du wirst Basil nicht brauchen, wenn ich mit dir fertig bin.« Sie hielt sich schnell die Hand vor den Mund. »Das war nicht so gemeint, wie es klang.«
Nathaniel lächelte nicht. Als er den Blick endlich vom Boden hob und sie anschaute, waren seine Augen unendlich traurig. »Wir werden keine Kinder haben, Willa. Denn ich werde nie im
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