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Der versoffene Papagei

Der versoffene Papagei

Titel: Der versoffene Papagei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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    »Verdammt, Tonio! Lassen Sie sich doch nicht jedes Wort einzeln durch die Zähne ziehen! Was habe ich übersehen?«
    »Tut mir leid, Inspektor«, lachte ich, »ich arbeite für Tonio Veramonte , nicht für den FBI.«
    Er wandte sich wortlos ab.
    »Sind Sie hier fertig?« rief ich ihm nach.
    Er blickte im Weitergehen zu mir zurück:
    »Ja — und mit Ihnen auch, Tonio. Und wenn ich herausfinde, daß Sie mir etwas verheimlichen, was zur Aufklärung dieser Geschichte wichtig ist, dann lasse ich Sie einsperren.«
    »Grüßen Sie bitte Verna von mir!« Ich hatte mir nicht verkneifen können, ihm das noch nachzurufen. Dann machte ich mich mit dem Versicherungsmann und Walsh auf den Weg zu den Stechuhren.
    Die nächste war im Kantinenhof. Ich notierte mir die Zeit des letzten Stechens, und dann gingen wir weiter. Die Uhr in dem langen Korridor vor den Garderoben hatte Hankock um dreiundzwanzig Uhr vierzehn gestochen.
    »Schließen Sie diese Tür noch mal auf«, bat ich Walsh vor der Garderobe Nummer zwei. Er öffnete, und ich blickte hinein. Neben dem Schminktisch war ebenfalls ein Waschbecken, aber am Halter hing kein Handtuch.
    »Womit hat sich Murchison denn abgetrocknet?« fragte ich Walsh.
    Sein Blick fiel auf den leeren Handtuchhalter.
    »Mit einem Handtuch natürlich«, sagte er. »Ich weiß nicht, wo es ist.«
    Ich wußte, wo es war.
    » Hankock ist erschossen worden, und der Mörder hat ihm Murchisons Handtuch um den Hals gewickelt. Es ist wohl nicht schwer, hier im Theater zu bleiben, wenn die Vorstellung vorbei ist — oder?«
    Walsh sah mich unsicher an.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Wenn zum Beispiel einer keine Lust hätte, nach Hause zu gehen, oder wenn er hier noch was zu tun hätte, dann brauchte er sich doch nur irgendwo in den Kulissen zu verkriechen und zu warten, bis alles still geworden ist.« Ich bückte mich und hob ein flaches Lederetui auf, das neben dem Kleiderschrank lag.
    Walsh schien überrascht.
    »Ja-a«, meinte er gedehnt. »Das wäre natürlich möglich. Aber deshalb machte ja Hankock gleich nach der Vorstellung seine Runde. Er hätte es gemerkt.«
    »Hat er vielleicht auch«, sagte ich. »Und hat dabei zwei Kugeln ins Genick bekommen.«
    Eine halbe Stunde später bat ich Walsh, er möge mir telefonisch ein Taxi herrufen. Mister McGrear bot mir an, mich nach Hause zu fahren; er mußte nach Burbank, konnte aber den Weg über Eagle Rock fahren.
    Als wir abfuhren, dämmerte es bereits. McGrear hatte einen offenen Sportzweisitzer; der frische Fahrtwind tat mir gut. Wir sprachen fast kein Wort. Ich brütete vor mich hin.
    Jimmy Hankock war nicht, wie Bray gedacht hatte, um dreiundzwanzig Uhr fünf erschossen worden, sondern erst nach dreiundzwanzig Uhr neunzehn. Diese Zeit zeigte die Uhr am Südausgang des Theaters, die Hankock in dieser Runde als letzte gestochen hatte. Und dann war da noch die Sache mit dem Handtuch!
    Vor unserem Haus verabschiedete ich mich von dem Versicherungsmann. Das Taxi hätte mich mindestens drei Dollar gekostet.
    Der Himmel über den Bohrtürmen im Osten war nun schon richtig hell. Ich schlich so leise wie möglich in mein Zimmer.
    Miss Simpson blinzelte mich mit schräggelegtem Kopfe an, nieste einige Male rasch hintereinander, schüttelte sich, sträubte die Federn und schrie:
    »Blödsinn! Blödsinn! Alles für’s Finanzamt!«
    Dieser Ausspruch stammte ausnahmsweise aus meinem eigenen Wortschatz. Wir genehmigten uns beide einen kleinen Schlummertrunk, und wenige Minuten später lag ich im Bett. Ich hatte das unangenehme Gefühl, an einen Mord geraten zu sein, den kein Mensch würde aufklären können. Wenn es überhaupt eine schwache Stelle gab, wo man einen Hebel ansetzen konnte, dann war dies Jimmy Hankock . Der Mord an ihm hatte wahrscheinlich nicht zum Programm des Mörders gehört; er sah zu sehr nach Improvisation aus.

    Miss Simpsons schrilles Gekreische warf mich wieder einmal aus dem Bett.
    »Telefon! — Hui! Hui! — Telefon! Telefon! Hui!«
    Ich hatte das Gefühl, unanständig lange geschlafen zu haben. Es mußte, meiner Schätzung nach, bereits auf Mittag zugehen.
    In der Leitung war ein ziemliches Rauschen und Knacken, dann hörte ich Brays dunkle Stimme:
    »Arbeiten Sie noch für Murchison , oder haben Sie schon was Besseres?«
    »Ich arbeite... «, sagte ich gähnend, »ich arbeite immer noch für Tonio Veramonte . Ich kann Sie kaum verstehen, die Verbindung ist miserabel.«
    »Wenn Sie nichts Besseres zu tun haben«, rief Bray etwas lauter

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