Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der versoffene Papagei

Der versoffene Papagei

Titel: Der versoffene Papagei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
Vom Netzwerk:
in seine Sprechmuschel, »dann kommen Sie doch mal zu mir, ja?«
    »Ich... ich wollte... «, verdammt noch mal, ich hatte mir für heute morgen etwas vorgenommen, aber es fiel mir im Augenblick nicht ein, was es gewesen war. Oder doch, das war’s:
    »Ich wollte heute vormittag nach Santa Monica und mir das Haus von Murchison ein wenig näher ansehen.«
    Ich hörte Bray lachen.
    »Reingefallen!« sagte er. »Ich spreche von meinem Wagen aus und bin gerade unterwegs nach Santa Monica zu Murchisons Haus. Sie kommen dorthin, ja?«
    »Ich komme!« rief ich, warf den Hörer auf die Gabel und sauste ins Bad. Es war sieben Uhr fünfzehn, und ich hatte auf einmal gar nicht mehr das Gefühl, unanständig lange geschlafen zu haben.
    Immer, wenn Miss Simpson Wasser rauschen hört, bekommt sie ebenfalls Lust zu baden. Sie fing auch jetzt an, auf ihrer Stange hin und her zu tanzen, wobei sie unentwegt vor sich hin brabbelte:
    » Missi baden! Missi baadenn ! Missi baadennn ...!«
    Wenn man sie dann nicht beachtete, steigerte sich ihr Gebrabbel mehr und mehr, bis es zu einem unerträglichen Geschrei anschwoll.
    » Missi baaaadennn ! Verfluchter Saustall! Missi baden!«
    Ich nahm sie aus ihrem Käfig, setzte sie auf den Rand der Badewanne und brauste sie lauwarm ab.
    »Schön! Schön!« rief sie. »Alles für’s Finanzamt!«
    Als wir beide naß genug waren, brachte ich sie in ihren Käfig zurück, trocknete mich ab, und dann erschien Tante Elena mit dem Frühstück.
    »Wann bist du heimgekommen?« fragte sie und eröffnete damit die Inquisition, wobei sie sich vermutlich ziemlich streng an die Regeln hielt, die Papst Paul IV. hierfür erlassen hatte. Die Folge davon war, daß wir beide kaum dazu kamen, ordentlich zu frühstücken. Es blieb mir nur übrig, mich diesem Ketzergericht zehn Minuten später durch eine plötzliche Flucht zu entziehen.
    Wenn Tante Elena recht hatte, dann war ich nicht nur ein liederlicher Herumtreiber, sondern auch der größte Dummkopf der Vereinigten Staaten, der es nicht fertigbrachte, ein paar Dollar mit anständiger Arbeit zu verdienen. Sie ließ sich von ihrer Meinung nicht abbringen, daß meine Morde und Leichen lediglich Ausgeburten einer kranken Phantasie wären und daß ich mit solchen Ausflüchten meinen unsittlichen Lebenswandel zu vertuschen trachte. Sie war fester denn je entschlossen, zum Notar zu gehen, um mich zu enterben.
    Hätte sie aber gewußt, daß ich für das Taxi nach Santa Monica beinahe sieben Dollar bezahlen mußte, dann hätte sie bestimmt versucht, mich in einer geschlossenen Anstalt unterzubringen.
    Brays schwarzer Lincoln parkte neben dem Schwimmbassin. Ganz in der Nähe stand Mike Johnson und nagte an seinem Daumen.
    Ich hielt dicht neben ihm.
    »Guten Morgen, Mike«, sagte ich. »Glauben Sie immer noch, daß ich Murchison in den Graben geschnitten habe?«
    Mike sagte etwas sehr Unanständiges und drehte sich um.
    Bray und zwei seiner Assistenten waren in der Bibliothek im linken Flügel des Hauses. Dieser Raum mit seinen runden Fenstern glich dem Zwischendeck eines Ozeandampfers, nur war er übertrieben luxuriös eingerichtet.
    Die Wände bestanden aus Bücherregalen, deren rotes Mahagoniholz spiegelblank poliert war. Schwerer dunkelgrüner Filz bedeckte den ganzen Boden, und darauf lagen blutrote Afghanteppiche . Ein Schreibtisch, groß wie eine Tischtennisplatte, stand an der einen Seite. Die Balkendecke schien sich unter dem Gewicht eines zwölfflammigen, schweren, bronzenen Lüsters nach unten durchzubiegen.
    Bray untersuchte gerade den Inhalt des Schreibtisches.
    Als er mich eintreten sah, nickte er mir lächelnd zu und sagte:
    »Das Handtuch, Tonio! Das war es doch, was ich übersehen hatte, nicht?«
    »Ja, das Handtuch«, sagte ich.
    »Es stammt aus Murchisons Garderobe«, sagte Bray .
    »Das wissen Sie schon?« fragte ich überrascht.
    Bray nickte.
    »Es war mir schon heute nacht in Murchisons Garderobe auf-
    gefallen, daß keins da war. Ich wollte damit nämlich zuerst die Whiskyflasche aus dem Schrank nehmen. Später dann, als wir Hankock fanden, wußte ich, daß es nur Murchisons Handtuch sein konnte. Übrigens sind die Spuren von Schminke an diesem Handtuch die gleichen, die wir noch auf Murchisons Gesicht gefunden haben.«
    »Donnerwetter«, sagte ich. »Haben Sie heute nacht durchgearbeitet?«
    Er gähnte.
    »Ich war noch nicht im Bett. Doktor Joice auch nicht. Murchison ist mit Atropin vergiftet worden, das steht einwandfrei fest. Übrigens — Sie können

Weitere Kostenlose Bücher