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Der versoffene Papagei

Der versoffene Papagei

Titel: Der versoffene Papagei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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stieg das Ganze zu einem verschnörkelten Ornament an, auf dem ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen hockte. Es war zum Kotzen.
    »Na, ist das eine Wucht?« fragte der Assistent grinsend.
    Ich klappte meinen Mund zu und nickte.
    Neben den Kopfseiten des Bettes standen zwei kleine Nachttische im gleichen verschnörkelten, weißgoldenen Stil, mit Engelchen auf den Türen. Auf den Nachttischen standen vergoldete Lampen mit rosaroten, gefältelten Seidenschirmen; die Steppdecke, die das ganze Bett bedeckte, war ebenfalls rosa.
    Vor meinen staunenden Augen zeigte sich das Bild einer Menschenseele, wie es rätselhafter nicht sein konnte. Dieser große, begnadete Schauspieler mit seinem häßlichen Krötengesicht, das so unglaublich faszinieren konnte, wenn er auf der Bühne stand — hier war er von einer Geschmacklosigkeit, die einen erschreckte. Hatte ihm dieser erdrückende Wust von Gold, Weiß und Rosa wirklich gefallen? War das sein Lebensstil, den er sich erträumt hatte? Oder war er nur auf Publicity erpicht gewesen, als er den Auftrag für diese Folterkammer von Schlafzimmer gab?
    Andächtig vor soviel Kitsch hatte ich unbewußt die Hände gefaltet. Nun aber kehrten meine Gedanken zur Wirklichkeit zurück. Einmal in meinem Leben, dachte ich, möchte ich soviel Geld haben, wie Murchison für diesen gigantischen Kitsch ausgegeben hatte!
    »Nichts in den Nachttischen?« fragte ich.
    Der Assistent schüttelte den Kopf.
    »Nichts von Belang. Kopfwehtabletten, Schlankheitsbonbons, Hühneraugenpflaster und solcher Kram.«
    In der rechten Ecke, gegenüber dem Bett, stand ein Ding, das aussah wie eine zu einem Frisiertisch umgearbeitete Barockkommode. Ihr großer Spiegel, der bis zur Decke reichte, hing etwas schräg, so daß man sich in voller Größe darin sehen konnte. Er war eingefaßt mit einem verschnörkelten, rosettenbesetzten Rahmen, in den wiederum kleine runde Spiegelchen eingesetzt waren.
    Auf dem Tisch standen Flacons, geschliffene Kristallschalen und anderes Zeug. Der ganze Raum roch nach Orgien von der allerbilligsten Sorte.
    »Gehen wir«, sagte ich zu dem Assistenten. Aber dann entdeckte ich neben der Türe drei Lichtschalter. Ich schaute mich um, konnte aber außer den beiden Nachttischlampen keine Beleuchtung finden.
    Ich drehte am obersten Schalter. Die Decke leuchtete in strahlender Helligkeit auf. Erst jetzt merkte ich, daß sie aus einem transparenten Material bestand, hinter dem mindestens dreitausend Watt montiert waren.
    Mit dem zweiten Schalter hatte ich anscheinend die Sonne persönlich erwischt, denn plötzlich war das ganze breite Bett in hellen warmen Sonnenschein getaucht. Dieses strahlende Licht kam von einem Scheinwerfer, der über der Tür zur Terrasse eingebaut und von der dünnen Seidenbespannung verdeckt war. Murchison hatte ohne Rampenlicht anscheinend nicht einmal schlafen können.
    Wozu der dritte Schalter da war, konnte ich nicht herausbringen. Ich knipste ein paarmal, aber es entstand kein weiterer Beleuchtungseffekt.
    Ich löschte die ganze Illumination wieder aus und verließ die Schlafmaschine. Draußen in der Halle traf ich Bray .
    Er blickte mich fragend an.
    »Ein bißchen viel Licht für ein gewöhnliches Schlafzimmer«, sagte ich.
    »Viel Licht? Nun ja — wie gefällt’s Ihnen sonst da drüben?«
    »Ich könnte jetzt glatt einen Whisky vertragen«, sagte ich. »Haben Sie nichts gefunden?«
    »Gar nichts.« Er schob die Unterlippe vor, steckte die Hände tief in die Hosentaschen und wiegte sich in den Knien. Dann blickte er auf seine Uhr und sagte:
    »Wir müssen fahren, Tonio. Ich kann Sie ja in Beverly Hills bei Ihrem Wagen absetzen. Man sagte mir, daß er nur ein paar Beulen habe, aber zu fahren sei.«
    Wir gingen hinaus.
    »Und was geschieht nun mit Mike Johnson?« fragte ich. »Ich habe den Eindruck, daß er vor Trauer nichts mehr frißt .«
    »Es sind schon ein paar Leute unterwegs. Ich lasse alles ausgraben, was Mary Spencer, Mike Johnson, Eddie Cooper, Frank Hays und Glen Morgan angeht. Mehr kann ich im Augenblick nicht tun. Wo, glauben Sie, wurde Jimmy Hankock erschossen?«
    »In Murchisons Garderobe.«
    »Und warum?«
    »Wahrscheinlich kannte er den Mörder, oder er überraschte ihn bei irgendwas. Übrigens — ich fand noch etwas in seiner Garderobe.«
    Brays Augen wurden eng und scharf.
    Ich zeigte ihm das kleine, flache Streichholzetui aus Leder, das ich heute nacht entdeckt und unbemerkt eingesteckt hatte.
    »Man bekommt diese Dinger als Reklamegeschenk,

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